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Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Der Schock: Psychothriller (German Edition)

Titel: Der Schock: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Marc Raabe
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Gott«, murmelte sie leise. Für einen Augenblick meinte sie das Gesicht des Fahrers gesehen zu haben, aber es hatte so unwirklich ausgesehen, so grotesk, dass sie ihren Augen nicht trauen mochte. Sie ließ das Handy sinken. Kälte kroch ihr den Rücken empor.
    »Na bravo«, knurrte Greg. »Hier ist Tempo siebzig.«
    »Wieso? Wie schnell warst du denn?«, fragte Katy.
    »Auf jeden Fall schneller.«
    Laura sah, wie der SUV wieder zurückfiel. Sie wollte sich umdrehen, sich vergewissern, dass der Wagen verschwand, aber irgendetwas sagte ihr, dass sie es lassen sollte, dass die unheimliche Gestalt am Steuer des Wagens das vielleicht sogar als Aufforderung auffassen könnte.
    »Habt ihr das eben auch gesehen?«, fragte sie.
    »Stell dir vor, ich hab sogar direkt ins Licht geguckt und nett gelächelt«, ätzte Greg, »damit ich wenigstens ein ordentliches Foto für mein Geld bekomme.«
    »Schon okay«, sagte Katy. »Wir teilen uns das Knöllchen.«
    Der Cherokee fuhr durch eine tiefe Pfütze und warf lautstark links und rechts Wasserfontänen auf.
    Katy quietschte und fasste Greg am Arm.
    Laura stöhnte genervt.
    Vor ihnen tauchte der Tunnel auf, und die D6007 wurde wieder schmaler – mit nur einer Spur in jede Richtung. Laura wollte endlich raus aus der verdammten Blechbüchse. Hätte es nicht geschüttet wie aus Eimern und wäre da nicht dieser unheimliche Typ gewesen, sie wäre ausgestiegen und zu Fuß gelaufen.
    Das nächste Mal, sagte sie sich, bleibe ich bei Jan.
    Irritiert stellte sie fest, wie sehr sie sich auf ihn freute. Noch fünf Minuten, dachte sie. Ein paar Kilometer die Moyenne Corniche hinauf bis nach Èze und von dort wieder ein paar Serpentinen den Steilhang hinab bis zum Haus …
    Dann kam der Tunnel. Die Einfahrt glich einem Maul und verschluckte den Cherokee in der 200 Meter langen, schwarzen Felsröhre.

Kapitel 4
    Èze – Côte d’Azur, 17. Oktober, 22:18 Uhr
    Jan hatte alles Mögliche versucht, um sich nicht verrückt zu machen, um nicht ständig daran zu denken, dass Laura vielleicht verschwunden war, vor einem Supermarkt in einer fremden Kleinstadt.
    Doch es half nichts.
    Seit letzter Nacht kreisten seine Gedanken ohnehin unablässig um Laura. Als hätte es keine Pause zwischen damals und heute gegeben. Er kam sich vor wie mit 14, die gleichen jäh aufflammenden Gefühle, das gleiche schneller schlagende Herz, nur dass sein Spiegelbild in der Glasscheibe einen 34-Jährigen zeigte. Einen erwachsenen Mann.
    Ob es denn funktionieren würde, das mit dem Verkuppeln, hatte Laura ihn letzte Nacht gefragt.
    Er hätte etwas Charmantes erwidern können, ausweichen können, Zeit gewinnen, oder einfach nur lächeln. Stattdessen war es brüsk aus ihm herausgeplatzt: »Ich tue grundsätzlich nicht, was meine Schwester sagt. Schon aus Prinzip nicht.«
    Bereits im selben Augenblick hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Warum fiel ihm im richtigen Moment bloß immer das Falsche ein? Er hatte keine Ahnung, weshalb sie ihn trotzdem geküsst hatte. Als es geschah, war es wie eine Erlösung gewesen, als hätte sich aus schwarzem Rauch eine weiße Wolke gebildet. Die Zeit setzte aus, als wäre nichts von Bedeutung, außer dem Moment, ganz so, als gäbe es keine Vergangenheit, als wäre Theo nicht durch die Windschutzscheibe geflogen und seine Mutter nie abgehauen.
    Hier und jetzt mit Laura fühlte sich alles gut an. Er fühlte sich gut. Nicht mehr wie ein verlassenes Kind, nicht mehr wie ein schuldiges Kind.
    Und dann war der Faden wieder gerissen.
    »Warum hast du nie etwas gesagt?«, hatte sie ihn gefragt.
    » Du hast doch nie etwas gesagt, und dann warst du plötzlich weg.«
    Ihm war erst hinterher aufgefallen, dass sie das vielleicht als Vorwurf empfand. Warum auch immer sie damals von der Schule verschwunden war, es war sicher auch für sie nicht gerade einfach gewesen.
    Sie war steif geworden wie ein Brett, hatte sich aus seinen Armen gelöst und war von ihm abgerückt. »Was heißt hier du ?«
    »Nein, versteh mich nicht falsch, ich hätte ja auch was sagen können, aber …«, er stockte kurz, sah sie an. »Du warst so … unnahbar …«
    »Unnahbar?« Ihre Augen verengten sich, ihre Wangen wurden rot. »Du meinst, so wie deine Patienten in der Tagesklinik? Die nicht von dir therapiert werden wollten? Und vor denen du abgehauen bist?«
    Peng. Er merkte, dass er ebenfalls rot wurde. Vor Wut. Vor Verlegenheit. »Was soll das denn jetzt? Das hat doch damit nichts zu tun. Das waren Alkoholiker.
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