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Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)

Titel: Der Schmerzsammler: Thriller (German Edition)
Autoren: Martin Conrath
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ist, dann entschärfe ich die Bombe an der Falltür und steige hinab in die real existierende Hölle. Ich schalte die Bombe wieder scharf und entschärfe die Zugangstür zum Flur, der Hebel quietscht, ich schmiere ihn sofort, das muss sein, ich kann Unordnung nicht ertragen, und eine quietschende Tür ist der Gipfel der Unordnung.
    Danach gehe ich sofort ins Tonstudio, dritte Tür rechts; grüne, gelbe und rote LED s leuchten oder blinken an den verschiedenen Geräten.
    Hinter der Scheibe, die das Studio vom Aufnahmeraum schalldicht trennt, liegt Friedel und schläft. Sein Körper ist von einem leichten Schweißfilm bedeckt, das mag daran liegen, dass ich die Temperatur im Raum auf neunundzwanzig Grad eingestellt habe. Er darf mir auf keinen Fall unterkühlen. Ich bewundere seine Sehnen und Muskeln, vor allem die Bauchmuskulatur ist wichtig, denn damit presst er die Luft durch seine Stimmbänder. Der Beutel mit Kochsalz- und Nährflüssigkeit ist noch halb voll, das Herz schlägt ruhig, die Atemfrequenz ist normal, doch das wird sich bald ändern.
    Mein Handy vibriert. Der Dienstleiter. Verdammte Scheiße! Ich gebe mir selbst eine Ohrfeige. »Du sollst nicht fluchen!«, sage ich streng. Es hilft nichts, ich muss ran, wieder sind ein paar krank geworden, der Personalplan steht kurz vor dem Kollaps. Ich sage, dass ich in einer Dreiviertelstunde da bin, betrachte das Handy, würde es am liebsten an die Wand werfen. Aber wenn ich Bereitschaft habe, muss ich erreichbar sein, deswegen habe ich mir einen Umsetzer für das Mobilnetz installiert, ansonsten hätte ich hier unten keinen Empfang, die meterstarken Betonwände schlucken alles.
    Ich säubere Friedel, leere den Kotbehälter, dann verpasse ich ihm noch eine anständige Dosis, damit er nicht aufwacht, bevor ich wiederkomme. Hoffentlich wacht er überhaupt wieder auf! Ich beobachte noch ein paar Minuten die Kontrollgeräte. Er bleibt stabil.
    Ab morgen habe ich reguläre Wechselschicht, da bleibt das Handy aus.
    Genieß deinen Schlaf, kleiner Friedel. In vierundzwanzig Stunden heißt es: »Ran an den Speck!«, dann heißt es: »Schrei um dein Leben!«

5. Dienstag
    Lars Rüttgen warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Es war kurz vor drei Uhr, die Nacht war weit fortgeschritten, es wurde Zeit. Er wandte sich an Marvin, seinen Adepten der ersten Stufe. »Hast du es?«, flüsterte er und fuhr sich mit der rechten Hand durch seinen roten Bart.
    Es musste die Rechte sein, er hatte lange gebraucht, bis er sich daran gewöhnt hatte, denn eigentlich war er Linkshänder, aber es brachte Unglück, sich mit der Linken durch den Bart zu fahren.
    Heute Morgen hatte er die Länge gemessen. Es waren, wenn er die widerspenstigen lockigen Barthaare glättete, elf Komma sechs Zentimeter. Noch zehn Zentimeter, dann hatte er sein Ziel erreicht. Zumindest, was seine Kinntracht anging. Sein Kopfhaar reichte ihm bereits bis zur Unterkante seiner Schulterblätter, und da er fast zwei Meter maß, ohne Schuhe, war das schon ganz anständig. Nicht schlüssig war er sich darüber, ob die Mischung aus Kieselerde und Zink, die er jeden Tag nahm, den Wuchs beschleunigte. Und ob es wirklich half, nur bei zunehmendem Mond die Spitzen zu schneiden.
    »Hast du es?«, wiederholte er, griff seinen Adepten an den Schultern und drehte ihn zu sich. »Hat es dir die Sprache verschlagen? Was ist los?«, zischte er, bemüht, nicht zu laut zu werden.
    Er musterte Marvin, der vor sich hin stierte und kein Wort sagte. Der Kerl sah echt gut aus, so ein bisschen wie James Dean, und trotzdem hatte er bei den Mädchen kein Glück. Dasmusste daran liegen, dass Marvin etwa so gesprächig war wie ein Goldfisch. Er selbst, Lars Rüttgen, Sohn hässlicher Eltern, hatte schon viele Mädchen gehabt, und das lag nicht an seiner Knollennase, seinen überbreiten Wangenknochen und seinen Fleischerhänden. Es lag daran, dass er wusste, was Frauen wollten, zumindest eine ganz bestimmte Art von Frauen. Marvin war sogar noch Jungfrau, das hatte er ihm in einer Beichtstunde gestanden, und Lars hatte daraufhin beschlossen, diesen Zustand zu beenden, denn als Jungfrau konnte Marvin auf keinen Fall Adept der zweiten Stufe werden. Sein Schüler wusste noch nichts von seinem Glück, ebenso wenig wie Johanna, die er für den Initiationsritus ausgewählt hatte. Sie war Single, definitiv Jungfrau und sicher nicht abgeneigt, den schönen Marvin in die Künste der Fleischeslust einzuführen, natürlich unter strenger Aufsicht ihres Meisters
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