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Der Schlüssel zu Rebecca

Der Schlüssel zu Rebecca

Titel: Der Schlüssel zu Rebecca
Autoren: Ken Follett
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hatten seiner Stärke und Ausdauer geschadet; außerdem plagten ihn zu viele Sorgen, so daß er dem Spiel nicht die Konzentration widmen konnte, die es verdiente.
    Er steckte sich eine Zigarette an, hustete und begann sich zu rasieren. Er rauchte immer beim Rasieren, nur so konnte er die Langeweile dieser täglichen Routine ertragen. Vor fünfzehn Jahren hatte er geschworen, sich einen Bart wachsen zu lassen, sobald er die Armee hinter sich hatte, aber er war immer noch Soldat.
    Vandam zog seine gewohnte Uniform an: Socken, schwere Sandalen, Buschhemd und die Khakishorts mit den Laschen, die zum Schutz gegen Moskitos hinuntergeklapptund unterhalb der Knie zugeknöpft werden konnten. Niemand benutzte die Laschen je, und die jüngeren Offiziere schnitten sie meist ab, weil sie so lächerlich aussahen.
    Auf dem Fußboden neben dem Bett stand eine leere Ginflasche. Vandam betrachtete sie, angewidert von sich selbst. Es war das erste Mal, daß er die verdammte Flasche mit ins Bett genommen hatte. Er hob sie auf, schraubte den Verschluß fest und warf sie in den Abfalleimer. Dann ging er nach unten.
    Gaafar kochte gerade in der Küche Tee. Vandams Diener war ein alter Kopte mit kahlem Kopf und schlurfendem Gang; er hatte den Ehrgeiz, sich wie ein englischer Butler zu benehmen. Das würde er wohl nie schaffen, aber er besaß etwas Würde und war ehrlich, Eigenschaften, die für ägyptische Hausangestellte nicht gerade typisch waren, wie Vandam herausgefunden hatte.
    »Ist Billy aufgestanden?« fragte Vandam.
    »Ja, Sir, er kommt sofort herunter.«
    Vandam nickte. Wasser sprudelte in einem kleinen Topf auf dem Herd. Er legte ein Ei hinein und stellte die Eieruhr. Danach schnitt er zwei Scheiben von einem nach englischer Art gebackenen Brotlaib ab und machte Toast. Er bestrich den Toast mit Butter, schnitt ihn in Streifen, nahm das Ei aus dem Wasser und köpfte es.
    Billy kam in die Küche und sagte: »Guten Morgen, Dad.«
    Vandam lächelte seinem zehnjährigen Sohn zu. »Morgen. Das Frühstück ist fertig.«
    Der Junge begann zu essen. Vandam saß ihm bei einer Tasse Tee gegenüber und schaute zu. Billy sah in letzter Zeit morgens oft müde aus. Früher war er beim Frühstück immer frisch und munter gewesen. Schlief er schlecht? Oder ähnelte sein Stoffwechsel einfach immer mehr dem eines Erwachsenen? Vielleicht lag es daran,daß er nachts zu lange wach blieb, weil er unter dem Laken beim Licht einer Taschenlampe Detektivgeschichten las.
    Man behauptete, daß Billy seinem Vater glich, aber Vandam konnte keine Ähnlichkeit entdecken. Er fand nur Spuren von Billys Mutter: die grauen Augen, die zarte Haut und die etwas arrogante Miene, wenn jemand ihn verärgert hatte.
    Vandam bereitete immer das Frühstück für seinen Sohn zu. Der Diener wäre durchaus dazu fähig gewesen, aber Vandam wollte sich dieses kleine Ritual erhalten. Oft waren es die einzigen Minuten des Tages, die er mit Billy verbrachte. Sie redeten nicht viel – Billy aß, und Vandam rauchte –, doch das spielte keine Rolle: Wichtig war nur, daß sie zu Beginn jeden Tages eine Weile zusammen waren.
    Nach dem Frühstück putzte Billy sich die Zähne, während Gaafar Vandams Motorrad holte. Billy kam mit seiner Schulmütze auf dem Kopf zurück, und Vandam setzte seine Uniformmütze auf. Wie jeden Tag salutierten sie voreinander. Billy sagte: »Gut, Sir, dann wollen wir mal den Krieg gewinnen.« Damit gingen sie hinaus.
     
    *
     
    Major Vandams Büro lag in Grey Pillars, einer mit Stacheldraht umzäunten Gebäudegruppe, die das »Große Hauptquartier Naher Osten« beherbergte. Bei seiner Ankunft fand er einen Bericht auf dem Schreibtisch vor. Er setzte sich, zündete eine Zigarette an und begann zu lesen.
    Der Bericht kam aus Assiut, 300 Meilen südlich, und zuerst verstand Vandam nicht, wieso er an den Nachrichtendienst geleitet worden war. Eine Patrouille hatte auf der Landstraße einen Europäer mitgenommen, derspäter einen Corporal mit dem Messer ermordete. Die Leiche war am Abend zuvor entdeckt worden, fast unmittelbar nachdem man die Abwesenheit des Corporals bemerkt hatte, aber mehrere Stunden nach dessen Tod. Ein Mann, welcher der Beschreibung des Europäers entsprach, hatte am Bahnhof eine Fahrkarte nach Kairo gekauft, aber zu dem Zeitpunkt, als die Leiche gefunden wurde, war der Zug schon in Kairo angekommen, und der Mörder war in der Stadt untergetaucht.
    Es gab keinen Hinweis auf ein Motiv.
    Die ägyptische Polizei und die britische Militärpolizei
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