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Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Der Schatz von Njinjo (German Edition)

Titel: Der Schatz von Njinjo (German Edition)
Autoren: Fritz Gleiß
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„Honey“ zu ihr. In Dar' lebt sie ein recht freies Leben, so frei, dass es nicht mehr zur Familie passt. Gestern jedenfalls hat niemand sie vermisst. 
    „Oh, hallo Tantchen, wie geht's?“ 
    „Gut, gut, und dir, alter Neffe?“
    „Ebenso, und deinen Eltern?“
    „Sie feiern Weihnachten, genau wie deine, nehme ich an. Wie geht es meiner Schwester?“ Unsere Begrüßung fällt fast förmlich aus. Ganz wie es sich gehört.
    „Oh, das frag sie lieber selbst. Und deinen anderen Geschwistern?“
    „Die leben, säen und pflücken sich an ihren paar Kaffeesträuchern halb tot und machen von Zeit zu Zeit ein neues Kind. Aber sag, wie geht's der Großmutter?“
    „Prächtig, ihre Kommentare sind giftig wie eh und je. Nun aber zur Sache, Tantchen. Was machst du überhaupt hier?“
    „Geht’s dich was an, großer Neffe?“, frotzelt sie zurück. „Sitzt noch immer fest in diesem zurückgebliebenen Kaff!“
    „Pass bloß auf, Honey, wenn ich erst Dar es Salaam unsicher mache! Im Ernst: Was treibt dich in dieses missratene Hotel?“
    „Ich bin zu Weihnachten zu Hause. Vaters Bruder starb doch vor zwei Monaten. Da gibt’s was zu besprechen und zu verteilen. Meine liebe Familie hätte mich gern übergangen. Das geht natürlich nicht! Jetzt will ich Sarah besuchen, die arbeitet hier.“ 
    Sarah ist eine Schulfreundin Honoratas, so viel wusste ich; ein oder zwei Jahre älter als meine Tante, hübsch und schon seit über einem Jahrzehnt mit Martin Shukuku, dem „Hähnchen“, verheiratet. 
    „Sarah? Was macht die denn da drinnen?“, frage ich und schau zurück aufs „Key’s“.
    „Oh, sie ist Zimmermädchen, aber müsste jetzt bald Dienstschluss haben.“
    „Geh doch fragen! Ich warte solange.“
    „Worauf denn, he?“ 
    „Na, vielleicht darf ich Euch zu einem Drink einladen?“
    „Im Y ?“
    „Ja, wenn’s den Damen dort genehm ist?“
    „Okay, mal sehen, was Sarah davon hält. Vielleicht kommen wir gleich hinterher.“
    Besser hätte es ja gar nicht laufen können: Über Sarah würde ich herausbekommen, wann der muzungu abzureisen plante. Und vielleicht noch mehr. Einladen allerdings kann ich die beiden nur zu einer Gemeinschafts-Cola. Gerade noch 2.000 Shilling hab ich in der Tasche, ansonsten bin ich ziemlich pleite. Ich würde schnell und überzeugend reden müssen. 
    Am Pool des YMCA – dem Flaggschiff aller Y 's im Land, wie dessen Managerin nicht müde wird, jeder und jedem zu erzählen – sitzen drei junge wazungu und sonst niemand. Diese Hostels des „Christlichen Vereins Junger Menschen“ ziehen die Hellhäutigen an wie das Licht die Mücken. Ob die zuhause auch immer mit dem Heiland schlafen? Einen Tisch weiter lasse ich mich nieder. Vor mir erhebt sich im Abendlicht majestätisch Afrikas Dach der Welt, der Kilimanjaro. Kein anderer Berg der Welt, so hat man’s uns gelehrt, reicht so frei und hoch aus der Landschaft raus wie er – und auf kaum einer anderen Terrasse lässt er sich so blicken wie hier im Y . Um diese Jahreszeit geben dichte Wolken den Gipfel nur morgens und abends frei, dann aber mit Gewalt. Regelmäßig gegen elf, eine Stunde vor Sonnenuntergang, klart der Gipfel vor tiefblauem Himmel auf. Erst kaum zu unterscheiden von den wogenden grauweißen Regenwolkenmassen, strahlt dann Minute um Minute mehr das Weiß aus Schnee und Eis der Gletscherkappe so gleißend, dass man die Augen schützen muss. Wenig später glüht das Eis im Abendrot.
    Das billigste Getränk hier ist chai , gesüßter Milchtee, den ich, solange ich mir kein Bier leisten kann, in jedem Zustand trinke. Mit drei Löffeln Zucker auf dem stets zu dünnen Sud schmeckt das Gebräu in allen Lebenslagen. Als die beiden Frauen nach einer Stunde endlich auftauchen, hat sich auf dem abgekühlten Bodensatz die Milch verdickt. Einem muzungu wurde kürzlich neben mir speiübel, als er die gummiartige Haut zwischen die Lippen bekam, so heftig, dass er spuckte. Ich hingegen liebe diese kostenlose Fetteinlage, vor allem dann, wenn ich mir nichts anderes zu Essen mehr leisten kann. Wie heute. Die Idee, Schutte zu folgen, könnte allein daran scheitern. Wie nur einen Bus bezahlen, um dem muzungu auf der Spur zu bleiben? Und alles weitere danach: Woher bloß nehmen, wenn nicht stehlen? 
    „High, Honey, hujambo , Sarah! Habari gani? Schön, dass ihr gekommen seid. Wie geht’s, wie steht’s?“
     „ Muzuri sana! , Hannes, alles gut. Und der Familie?“ 
    „Gut, gut. Entschuldigt, Mädels, nehmt es mir nicht übel,
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