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Der Schädelschrank

Der Schädelschrank

Titel: Der Schädelschrank
Autoren: Jason Dark
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Schritt fiel ihr mehr als schwer.
    Das Ziel war der große Schrank!
    Um ihn zu erreichen, mussten sie quer durch das große Arbeitszimmer gehen, in dem noch andere Möbel standen. Als sie die Mitte des Raums erreicht hatten, gerieten sie in eine Wärmewelle, die von dem mit brennenden Kerzen bestückten Kronleuchter ausging, der unter der Decke hing. Der flackernde Schein der Flammen warf ein unruhiges Muster in die Umgebung, in der auch der tote Rene lag. Sabrina vermied es, ihm auch nur einen flüchtigen Blick zuzuwerfen. Zu grausam war der Anblick des gefolterten Körpers.
    Vor dem Schrank blieben sie stehen. Sabrina sagte nichts, aber der Inquisitor atmete hörbar ein.
    »Ist er nicht wunderbar?«, fragte er. »Ist er nicht ein Prunkstück? Eine wahre Meisterleistung handwerklicher Kunst? Ich liebe ihn, ich würde ihn freiwillig nicht abgeben. Er ist das Möbel in meinem Haus, und nichts kommt ihm gleich.«
    »Ja, er ist schön.«
    »Ohhh... nicht so, Schönheit. Du hast die Begeisterung in deiner Stimme vermissen lassen. Ach ja, macht nichts, denn ich wollte dir etwas zeigen. Dieser Schrank«, flüsterte er, »beinhaltet nämlich ein Geheimnis. Ich habe darin etwas versteckt, etwas das mir sehr wichtig ist. Dass sogar mein Leben darstellt. Verstehst du?«
    »Nein«, hauchte sie.
    »Dann will ich es dir zeigen.« Er trat vor und blieb neben einer der Schubladen auf der rechten Seite stehen. Er musste sich wegen seiner Größe kaum bücken, um sie aufzuziehen.
    »Komm her!«
    Sabrina konnte sich nicht weigern. Sie ging langsam näher. Ihre Füße schlurften über den Boden. Noch war ihr Blick durch den Mann versperrt, doch als sich der Inquisitor zur Seite drehte, da schaute sie in die offene Lade.
    Erneut erwischte sie ein grauenvoller Anblick, mit dem sie nicht gerechnet hatte.
    Die Lade war nicht leer. In ihr lagen drei blanke Totenschädel!
    ***
    Der gesamte Schrank schien zu schwanken. Zuerst nach rechts, danach nach links, und anschließend hatte Sabrina das Gefühl, als würde er ihr entgegenkippen, um sie mit seinem Gewicht zu erdrücken.
    Die Schädel verschwammen vor ihren Augen. Es gab überhaupt nichts, das sie noch klar sah. Sie stand in der normalen Welt und hatte trotzdem den Eindruck, aus ihr weggerissen worden zu sein.
    Der Inquisitor bewegte sich und blieb neben der Schublade stehen, sodass er in sie hineindeuten konnte. Auf einen Lippen lag das widerliche Grinsen wie eingefräst, und in den Augen hatte sich die Kälte eines Winters festgefressen. »Willst du sie nicht anfassen, Schönheit?«
    Sabrina schüttelte den Kopf.
    »Warum nicht?«
    »Nein...« Sie ging zurück. Bereits nach einem Schritt wurde sie von dem Mann gehalten.
    »Du solltest dich damit beschäftigen, Schönheit. Es sind besondere Schädel, die ich hier im Schrank verstaut habe. Schau sie dir an. Schau sie dir gut an.«
    Es zog eine andere Schublade auf. Sabrina stand neben ihm. Sie hatte sich völlig verkrampft. Ihr Gesicht bestand nur noch aus Blässe. Durch den halb offenen Mund atmete sie, und sie glaubte, kurz vor einem Zusammenbruch zu stehen.
    »Sammler«, flüsterte der Inquisitor. »Ich bin ein großer Sammler dieser Köpfe. Jeder von ihnen hat für mich eine andere Bedeutung. Ich habe zu ihnen sogar eine persönliche Beziehung, denn ich habe alle die Personen als Menschen gekannt. Ist das nicht etwas Großartiges. Sie haben vor mir gestanden, ich war ihr Richter. Ich habe sie zum Tode verurteilt und mir später, nachdem sie verwest waren, ihre Köpfe holen lassen, um sie in diesem Schrank aufzubewahren. Es sind einige Schädel darin, das ist schon richtig, und ich muss zugeben, dass der Schrank fast voll ist. Aber nicht ganz, meine Liebe, nicht ganz. Es ist noch etwas Platz.« Nach diesen Worten reckte er sich, um die Tür am Oberteil zu öffnen. Er drehte einmal den Schlüssel herum, der steckte, dann zog er mit einer einzigen Bewegung die Tür auf.
    Hinter der Tür befanden sich mehrere Fächer. Drei quer liegende Bretter sorgten für eine Abstellfläche, und tatsächlich lagen dort weitere Schädel.
    Sabrina zuckte zurück.
    Neben sich hörte sie das Kichern. »Wie gesagt«, erklang danach die Stimme des Inquisitors. »Es ist auch noch etwas frei auf den Regalen, wie du sehen kannst.«
    Sie schwieg.
    Er ließ sich nicht stoppen. »Und die freie Fläche habe ich für einen besonderen Schädel reserviert. Kannst du dir vorstellen, für wen das sein könnte?«
    Sie konnte es. Es lag auf der Hand. Es war sehr simpel.
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