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Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch

Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch

Titel: Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch
Autoren: Michael Ende
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und euch hier zwischen die Säulen setzen. Ja, das werde ich wohl tun. Wenigstens bis morgen früh, damit ihr Zeit habt, über euch selbst nachzudenken. Doch erst will ich hören, was ihr mir zu sagen habt.«
    Aber die Tiere saßen reglos.
    »Habt ihr plötzlich die Sprache verloren?« fragte Sankt Sylvester verwundert, dann erinnerte er sich. »Ach so, ach so, entschuldigt, ich habe ganz vergessen...«
    Er machte von neuem eine Handbewegung.
    »Ihr könnt jetzt reden, aber schön der Reihe nach und keine faulen Ausreden, wenn ich bitten darf.«
    Und nun endlich konnten die beiden mißverstandenen Helden unter Krächzen und Miauen erklären, was sie hier heraufgetrieben hatte, und wer sie waren, und worin die bösen Pläne des Zauberers und der Hexe bestanden. In ihrem Eifer redeten sie manchmal gleichzeitig, und so fiel es Sankt Sylvester nicht ganz leicht, alles klar zu verstehen. Aber je länger er zuhörte, desto freundlicher strahlten seine Augen.

Beelzebub Irrwitzer und Tyrannja Vamperl hatten sich selbst inzwischen in eine schier ausweglose Situation gebracht.
    Als der Zauberer den Vorschlag machte, nun erst einmal ihren Gedanken freien Lauf zu lassen, um ein wenig zu entspannen, hatte er dabei einen tückischen Plan verfolgt. Er wollte die ahnungslose Tante überrumpeln. Der Wunschpunsch war fertig, deshalb brauchte er ihre Mithilfe ja nun nicht mehr. Er hatte beschlossen, sie auszuschalten, um die unvorstellbare Macht des Zaubergetränks ganz für sich allein zu haben. Doch selbstverständlich hatte sich Tyrannja nur zum Schein und in genau der gleichen Absicht auf die kleine Pause eingelassen. Auch sie hielt den Augenblick endlich für gekommen, sich ihres Neffen zu entledigen.
    Noch einmal nahmen sie beide im gleichen Augenblick all ihre magischen Kräfte zusammen und versuchten, sich gegenseitig mit ihrem Zauberblick zu lähmen. Sie saßen voreinander und starrten sich an. Ein lautloser, ungeheurer Kampf entbrannte zwischen ihnen. Aber bald schon zeigte sich, daß sie in bezug auf ihre Willenskräfte ganz gleich stark waren. Und so blieben sie sitzen, ohne ein Wort zu wechseln, ohne sich zu bewegen, und der Schweiß rann ihnen vor Anstrengung übers Gesicht. Keiner ließ den anderen aus dem Auge, beide hypnotisierten und hypnotisierten aus Leibeskräften drauflos.

    Eine dicke Fliege, die irgendwo auf einem der staubigen Regale zu überwintern beschlossen hatte, wurde plötzlich wach und summte im Labor herum. Sie fühlte etwas, das sie anzog wie ein scharfer Lichtstrahl. Aber es war kein Licht, sondern die Lähmungskraftstrahlen aus den Augen der Hexe und des Zauberers, die zwischen beiden hin und her zuckten wie enorme elektrische Entladungen. Der Brummer geriet mitten hinein und fiel auf der Stelle mit einem leisen Plumps zu Boden, unfähig, auch nur noch ein Beinchen zu rühren. Und so blieb er für den Rest seines kurzen Lebens.
    Aber Tante und Neffe konnten sich inzwischen auch schon nicht mehr bewegen. Beide waren mitten im schönsten Hypnotisieren vom anderen hypnotisiert worden. Und natürlich konnten sie genau dadurch nun auch nicht mehr aufhören, sich gegenseitig zu hypnotisieren.
    Nach und nach dämmerte wohl beiden der Gedanke, daß sie da einen fatalen Fehler gemacht hatten, aber nun war es zu spät. Keiner von ihnen war mehr imstande, auch nur einen Finger zu rühren, geschweige denn, den Kopf in eine andere Richtung zu drehen oder die Augen zu schließen, um den Zauberblick zu unterbrechen. Keiner durfte das ja auch tun, ehe es nicht der andere tat, weil er sonst der Macht des anderen widerstandslos ausgeliefert gewesen wäre. Die Hexe konnte nicht aufhören, ehe der Zauberer nicht aufhörte, und der Zauberer konnte nicht aufhören, ehe die Hexe nicht aufhörte. Sie waren durch ihre eigene Schuld in etwas hineingeraten, das man in Zauberkreisen einen Circulus vitiosus nennt, das heißt, einen unheilvollen Kreislauf.

»Man lernt doch nie aus«, sagte Sankt Sylvester. »Da sieht man mal, wie sehr selbst unsereins sich noch irren kann. Ich habe euch unrecht getan, meine kleinen Freunde, und ich bitte euch um Verzeihung.«
    »Nicht der Rede wert, Monsignore«, antwortete Moritz mit einer eleganten Pfotenbewegung, »so etwas kann in der vornehmsten Gesellschaft passieren.«
    Und Jakob fügte hinzu: »Is' geschenkt, Hochwürden, machen Sie sich nix draus. Ich bin dran gewöhnt, schlecht behandelt zu werden.«
    Sankt Sylvester schmunzelte, wurde aber sofort wieder ernst.
    »Was machen wir denn
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