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Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)

Titel: Der Ruf des Kuckucks: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Galbraith
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Strike das Wasser im Mund zusammen. Er war so hungrig, als hätte er seit Tagen nichts gegessen. Allerdings hätte es wohl den falschen Eindruck erweckt, wenn er sich vor dem zitternden, schniefenden, sich die Augen wischenden Bristow über das Gebäck hergemacht hätte. Der Presslufthammer knatterte noch immer wie ein Maschinengewehr von unten herauf.
    »Lulas Tod hat ihr das Herz gebrochen. Seitdem hat sie sich völlig aufgegeben. Angeblich hatte sich der Krebs zurückgebildet, doch jetzt ist er wieder da, und die Ärzte können nichts mehr für sie tun. Kein Wunder, immerhin handelt es sich um das zweite Kind, das sie verliert. Nach der Sache mit Charlie hatte sie einen Zusammenbruch. Mein Vater dachte, eine weitere Adoption könnte ihr darüber hinweghelfen. Sie hatten sich immer ein Mädchen gewünscht. Natürlich mussten sie gewisse Hürden überwinden, bis sie erneut als Adoptiveltern anerkannt wurden. Andererseits war Lula aufgrund ihrer Hautfarbe nur schwer vermittelbar; daher«, schloss er mit einem erstickten Schluchzen, »wurde sie ihnen schließlich doch zugeteilt.
    Sie war schon immer sehr sch-schön. Sie wurde auf der Oxford Street entdeckt, als sie mit meiner Mutter shoppen war. Sie kam sofort bei Athena unter Vertrag, das ist eine der renommiertesten Agenturen überhaupt. Mit s-siebzehn modelte sie bereits Vollzeit. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie gut zehn Millionen schwer. Ich weiß nicht, wieso ich Ihnen das alles überhaupt erzähle. Sie wissen das ja sicher. In Bezug auf Lula hält sich jeder für einen Experten.«
    Ungeschickt griff er nach seiner Tasse. Seine Hände zitterten so stark, dass der Kaffee über den Rand der Tasse auf die scharfe Bügelfalte seiner Anzughose schwappte.
    »Was genau kann ich für Sie tun?«, fragte Strike.
    Umständlich stellte Bristow die Tasse auf den Tisch zurück, dann rang er die Hände.
    »Angeblich hat meine Schwester Selbstmord begangen. Aber das kann ich nicht glauben.«
    Strike erinnerte sich an die Fernsehbilder: der schwarze Leichensack auf einer Bahre, die im Blitzlichtgewitter in einen Rettungswagen geladen wurde; die Fotografen, die sich um das Fahrzeug drängten, als es sich in Bewegung setzte; die schwarzen Fensterscheiben, die das weiße Blitzlicht der hochgehaltenen Kameras zurückwarfen. Er wusste mehr über den Tod von Lula Landry, als er je hatte wissen wollen, und so gut wie jedem anderen auch nur halbwegs aufmerksamen Einwohner Großbritanniens ging es wohl ähnlich. Man war so lange mit der Story bombardiert worden, bis man gegen seinen Willen Interesse gezeigt hatte. Und ehe man sichs versah, war man dermaßen gut informiert und derart von der wertenden Berichterstattung eingenommen, dass einen jedes Gericht wegen Befangenheit als Geschworenen abgelehnt hätte.
    »Es gab eine polizeiliche Untersuchung, oder nicht?«
    »Ja, aber der leitende Detective war von vornherein der Ansicht, dass es Selbstmord war – und das nur, weil sie Lithium verschrieben bekommen hatte. Er hat so vieles übersehen – manches davon kann man sogar im Internet nachlesen.« Bristow deutete widersinnigerweise mit dem Zeigefinger auf Strikes leeren Schreibtisch, auf dem man eigentlich einen Computer erwartet hätte.
    Ein höfliches Klopfen ertönte. Robin trat ein, ging zu Strike hinüber, reichte ihm einen gefalteten Zettel und zog sich wieder zurück.
    »Verzeihung. Darf ich?«, fragte Strike. »Eine dringende Nachricht.«
    Er faltete den Zettel so auf, dass Bristow im Gegenlicht nichts erkennen konnte, und las:
    Lula Landry wurde im Alter von vier Jahren von Sir Alec und Lady Yvette Bristow adoptiert. Sie wuchs als Lula Bristow auf, nahm aber zu Beginn ihrer Modelkarriere den Mädchennamen ihrer Mutter an. Ihr älterer Bruder John arbeitet als Anwalt. Die Frau im Vorzimmer ist seine Lebensgefährtin. Sie ist als Sekretärin für die Kanzlei Landry, May, Patterson tätig, die von Lulas und Johns Großvater mütterlicherseits gegründet wurde und bei der auch John Bristow angestellt ist. Ein Foto auf der Homepage der Kanzlei zeigt denselben Mann, der vor Ihnen sitzt.
    Strike zerknüllte den Zettel und warf ihn in den Papierkorb zu seinen Füßen. Er war wie vom Donner gerührt. Bristow war also kein Fantast; und er, Strike, schien mit einer Aushilfe gesegnet zu sein, die mehr Initiative und eine bessere Interpunktion an den Tag legte als jede ihrer Vorgängerinnen.
    »Entschuldigung. Bitte fahren Sie fort«, sagte er zu Bristow. »Wo waren wir – die polizeiliche
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