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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel
Autoren: Diana Gabaldon
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geschrieben, daß ich bei dir bin.«
    Jamie brachte ein trockenes Lächeln zustande.
    »Ich glaube nicht, daß dieses Wissen sie übermäßig beruhigen wird, Ian. Sie kennt mich schon ziemlich lange, aye?«
    Er seufzte und klatschte sich den Hut wieder auf den Kopf.
    »Ich muß dringend etwas trinken, Sassenach«, sagte er. »Laß uns dieses Wirtshaus suchen.«
     
    Im Willow Tree war es dunkel, und es hätte kühl sein können, wenn weniger Gäste dagewesen wären. Doch die Tische und Bänke waren mit Zaungästen von der Hinrichtung und Seeleuten von den Docks besetzt, und es herrschte eine Atmosphäre wie in einem Dampfbad. Ich holte Luft, als ich in den Schankraum trat, und atmete schnell wieder aus. Es war, als atmete man durch ein Stück biergetränkte Schmutzwäsche.
    Rollo stellte unverzüglich seinen Wert unter Beweis und zerteilte die Menge wie das Rote Meer, als er durch den Schankraum schlich, die Zähne zu einem konstanten, lautlosen Knurren entblößt. Kneipen waren ihm offenbar nicht neu. Nachdem er erfolgreich eine Eckbank für uns geräumt hatte, rollte er sich unter dem Tisch zusammen, und es sah so aus, als schliefe er ein.

    Jetzt, wo Jamie der Sonne nicht mehr ausgesetzt war und ein großer Zinnkrug mit dunklem Ale sanft schäumend vor ihm stand, erlangte er schnell wieder seine übliche Selbstbeherrschung.
    »Wir haben nur zwei Möglichkeiten«, sagte er und strich sich das schweißnasse Haar aus den Schläfen. »Wir können so lange in Charleston bleiben, bis wir vielleicht einen Käufer für einen der Steine finden und wir möglicherweise auf einem anderen Schiff Ians Überfahrt nach Schottland buchen können. Oder wir können uns nach Norden zum Cape Fear durchschlagen und vielleicht in Wilmington oder New Bern ein Schiff für ihn finden.«
    »Ich bin für den Norden«, sagte Duncan, ohne zu zögern. »Du hast doch Verwandte in Cape Fear, oder? Mir gefällt die Vorstellung nicht, zu lange unter Fremden zu bleiben. Und deine Verwandtschaft würde dafür sorgen, daß wir nicht übers Ohr gehauen oder ausgeraubt werden. Hier -« Er zog die Schulter zu einer Geste hoch, die alles über die unschottischen - und damit automatisch unehrlichen - Menschen um uns herum sagte.
    »Ach ja, laß uns nach Norden gehen, Onkel Jamie!« sagte Ian schnell, bevor Jamie antworten konnte. Er wischte sich mit dem Ärmel einen kleinen Schnurrbart aus Bierschaum ab. »Die Reise könnte gefährlich werden; du brauchst bestimmt einen zusätzlichen Mann zum Schutz, aye?«
    Jamie vergrub seine Miene in seinem Becher, aber ich saß nah genug bei ihm, um zu spüren, wie ihn ein Zittern überlief. Jamie hatte seinen Neffen wirklich herzlich gern. Was aber nichts daran änderte, daß Ian zu der Sorte Menschen gehörte, die das Mißgeschick anzieht. Normalerweise konnte er nichts dafür, aber es passierte dennoch einfach immer wieder.
    Im Jahr zuvor war der Junge von Piraten entführt worden, und weil wir ihn retten mußten, waren wir auf verschlungenen und oftmals gefährlichen Wegen nach Amerika gekommen. In letzter Zeit war nichts vorgefallen, aber ich wußte, daß Jamie darauf brannte, seinen fünfzehnjährigen Neffen zurück nach Schottland und zu seiner Mutter zu schicken, bevor es dazu kam.
    »Äh… um ehrlich zu sein, Ian«, sagte Jamie und senkte seinen Becher. Er achtete sorgfältig darauf, meinem Blick auszuweichen, doch ich sah, wie sein Mundwinkel zuckte. »Du wärst bestimmt eine große Hilfe, aber…«
    »Vielleicht treffen wir ja auf Indianer!« sagte Ian mit weit aufgerissenen Augen. Sein Gesicht, das sowieso schon von der Sonne rosigbraun gefärbt war, glühte jetzt rot vor wohliger Vorfreude. »Oder
wilde Tiere! Dr. Stern hat mir gesagt, daß die Wildnis von Carolina vor Raubtieren nur so wimmelt - Bären und Wildkatzen und hinterlistige Panther - und große, widerwärtige Bestien, die die Indianer Skunks nennen!«
    Ich verschluckte mich an meinem Ale.
    »Alles in Ordnung, Tante Claire?« Ian beugte sich besorgt über den Tisch.
    »Bestens«, keuchte ich und wischte mir das triefende Gesicht mit meinem Halstuch ab. Ich tupfte mir die verschütteten Biertropfen aus dem Ausschnitt und lüpfte unauffällig den Stoff meines Mieders, um vielleicht etwas Luft hereinzulassen.
    Dann sah ich Jamies Gesicht, in dem der Ausdruck unterdrückter Belustigung einem leichten, besorgten Stirnrunzeln gewichen war.
    »Skunks sind nicht gefährlich«, murmelte ich und legte eine Hand auf sein Knie. In seiner Heimat, dem
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