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Der Ruf Der Trommel

Titel: Der Ruf Der Trommel
Autoren: Diana Gabaldon
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schottischen Hochland, war Jamie ein erfahrener Jäger, doch genau deshalb neigte er auch dazu, sich der unbekannten Fauna der Neuen Welt mit Vorsicht zu nähern.
    »Mmpf.« Das Stirnrunzeln ließ nach, doch eine schmale Falte blieb zwischen seinen Augenbrauen stehen. »Mag sein, aber was ist mit dem Rest? Ich kann nicht behaupten, daß ich gern einem Bären oder einem Haufen Wilder begegnen würde, wenn ich nur das hier in der Hand habe.« Er berührte das große Messer, das in einer Scheide an seinem Gürtel hing.
    Unser Mangel an Waffen hatte Jamie schon in Georgia große Sorgen gemacht, und Ians Bemerkungen über Indianer und wilde Tiere hatten ihm diese Sorge wieder zu Bewußtsein gebracht. Neben Jamie trug nur noch Fergus eine kleinere Klinge, mit der man Stricke zerschneiden und Zweige zu Zunder stutzen konnte. Das war unser ganzes Arsenal - die Oliviers hatten weder Pistolen noch Schwerter entbehren können.
    Von Georgia nach Charleston waren wir in Gesellschaft einer Gruppe von Reis- und Indigofarmern gereist - alle bis an die Zähne mit Messern, Pistolen und Musketen bewaffnet -, die ihre Erzeugnisse zum Hafen brachten, von wo aus sie in den Norden, nach Pennsylvania und New York verschifft werden sollten. Wenn wir jetzt nach Cape Fear aufbrachen, würden wir allein sein, unbewaffnet und allem, was aus den dichten Wäldern auftauchen mochte, mehr oder weniger hilflos ausgeliefert.
    Gleichzeitig gab es jedoch triftige Gründe, nach Norden zu reisen, und unser Mangel an verfügbarem Kapital war einer davon. Am Cape Fear war die größte Ansiedlung schottischer Highlander in den
amerikanischen Kolonien, und es gab dort mehrere Städte, deren Einwohner infolge des Umbruchs nach Culloden während der letzten zwanzig Jahre aus Schottland emigriert waren. Unter diesen Emigranten befanden sich Verwandte von Jamie, und ich wußte, daß sie uns bereitwillig Zuflucht gewähren würden: ein Dach über dem Kopf, ein Bett und Zeit, um in dieser neuen Welt Fuß zu fassen.
    Jamie trank noch einen Schluck und nickte Duncan zu.
    »Ich kann nur sagen, ich bin deiner Meinung, Duncan.« Er lehnte sich an die Wand und schaute sich unauffällig im Raum um. »Spürst du die Blicke in deinem Rücken nicht?«
    Es lief mir kalt den Rücken hinunter, ungeachtet der Schweißtropfen, die sich auf demselben Weg befanden. Duncans Augen weiteten sich um einen Bruchteil und verengten sich dann wieder, doch er drehte sich nicht um.
    »Ah«, sagte er.
    »Welche Blicke?« fragte ich und sah mich ziemlich nervös um. Mir fiel niemand auf, der uns besonders zu beachten schien, aber vielleicht wurden wir ja verstohlen beobachtet - das Wirtshaus war eine einzige alkoholgetränkte Menschenmenge, und das Stimmengewirr war laut genug, um jede weiter entfernte Unterhaltung zu übertönen.
    »Alle möglichen, Sassenach«, antwortete Jamie. Er warf mir einen Seitenblick zu und lächelte. »Jetzt mach nicht so ein ängstliches Gesicht, ja? Wir sind nicht in Gefahr. Hier nicht.«
    »Noch nicht«, sagte Innes. Er beugte sich vor, um sich nachzuschenken. »Mac Dubh hat Gavin am Galgen gerufen. Es wird Leute geben, die sich das gemerkt haben - wo doch Mac Dubh so eine unauffällige Erscheinung ist«, fügte er trocken hinzu.
    »Und die Bauern, die mit uns aus Georgia gekommen sind, haben ihre Waren inzwischen bestimmt verkauft und erholen sich an Orten wie diesem hier«, sagte Jamie und studierte scheinbar gebannt das Muster auf seinem Becher. »Lauter ehrliche Männer - aber sie werden den Mund nicht halten, Sassenach. Es ist doch eine tolle Geschichte, oder? Die Leute, die vom Hurrikan angeweht wurden. Und wie stehen die Chancen, daß mindestens einer von ihnen ahnt, was wir bei uns tragen?«
    »Ich verstehe«, murmelte ich, und so war es auch. Wir hatten öffentliche Aufmerksamkeit erregt, weil wir mit einem Verbrecher in Verbindung standen, also gingen wir nicht länger als unauffällige Reisende durch. Wenn es länger dauerte, einen Käufer zu finden, und das war wahrscheinlich, liefen wir Gefahr, skrupelloses Gesindel zum
Diebstahl einzuladen oder von den englischen Behörden überprüft zu werden. Keine dieser Aussichten war verlockend.
    Jamie hob den Becher und tat einen tiefen Zug, dann stellte er ihn mit einem Seufzer hin.
    »Nein. Ich denke, es ist wohl nicht klug, hier in der Stadt zu bleiben. Wir sorgen dafür, daß Gavin ordentlich beerdigt wird, und dann suchen wir uns einen sicheren Platz zum Schlafen draußen in den Wäldern. Morgen können
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