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Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Der Ruf der Finsternis - Algarad 2

Titel: Der Ruf der Finsternis - Algarad 2
Autoren: Marcus Reichard
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Sonne.
    »Magst recht haben, alter Freund«, erwiderte der bärbeißige Kapitän mit seiner tiefen Stimme. »Aber zu dieser Jahreszeit bleiben alle Seeleute, die bei klarem Verstand sind, im heimischen Hafen. Das Narnen-Meer ist gefährlich, wenn die Winterstürme darüber hinwegfegen. Kein guter Zeitpunkt, um auf große Fahrt zu gehen.«
    »In den südlichen Gewässern wird es sicher angenehmer sein«, ließ sich Tenan vernehmen und schob die Kapuze seiner weißen Robe nach hinten, um das Schiff besser sehen zukönnen. Seine Augen unter den dunklen, halblangen Haaren schimmerten silbern und strahlten Mut und Zuversicht aus.
    Obwohl er noch kein Mitglied des Ordens von Dan war, hatte man ihm eine weiße Robe zukommen lassen, wie sie die Dan-Ritter trugen. »Soviel ich weiß, ist das Klima in Shon zu dieser Jahreszeit heiß und trocken, ganz anders als hier im Norden.«
    Der Kapitän lachte und schlug ihm auf die Schulter. »Für jemanden, der noch kaum in der Welt herumgekommen ist, bist du ganz schön altklug. Was gäbe ich darum, wenn ich dich wieder mitnehmen könnte, um dir die Welt zu zeigen, wie sie wirklich ist. Jemanden wie dich könnte ich brauchen, neugierig und voller Tatendrang – aber nur, wenn du mir diesmal mit der verfluchten Magie vom Hals bliebest!«
    Ein wehmütiges Lächeln huschte über Tenans Gesicht, als er sich an die Reise mit Kapitän Harrid und den Gefährten erinnerte, auf der sie die Macht der Magie wahrhaftig kennengelernt hatten. In einem Schiffswrack am Strand von Gondun hatte Tenan einen machtvollen magischen Stein gefunden – den Meledos. Sein Meister Osyn hatte ihn beauftragt, den Kristall beim Orden der Dan-Ritter in Sicherheit zu bringen. Auf der gefahrvollen Fahrt über das Narnen-Meer nach Meledin waren sie erst von den Gredows und dann vom Bash-Arak, dem Herrscher der Schatten, erbittert gejagt worden. Mehrmals waren sie dem Tod nur knapp entronnen, und der Meledos hatte ihnen so manche unerwünschte Kostprobe seiner großen magischen Kraft gegeben. Kapitän Harrid hätte Tenan mit dem Kristall manchmal am liebsten ins Meer geworfen.
    »Auch ich wünschte, wir könnten zusammen fahren, wenn die Zeiten ruhiger wären«, antwortete Tenan dem Kapitän. »Aber unsere Wege trennen sich hier und heute. Der Hochkönigund sein Rat haben jeden von uns mit einer besonderen Aufgabe betraut, und ich bin froh, dass ich mit dem Heer ziehen darf, um in meine Heimat Gondun zurückzukehren.«
    Chast nickte versonnen. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass mich Andorin zu seinem Sonderbotschafter ernannt hat und zu den Südinseln aussendet. Wenn man bedenkt, dass ich noch vor einigen Wochen ein in Ungnade gefallener Dan-Ritter war ...«
    »Immerhin kann ich dich eine Weile im Auge behalten, bis wir in Shon angelangt sind«, meinte Harrid. »Eines verspreche ich dir: Ich werde darauf achten, dass es auf dieser Überfahrt keine Zauberei gibt! Du kannst tun und lassen, was du willst, wenn wir die Südinseln erreicht haben, aber bis dahin unterstehst du meinem Befehl.«
    Chast grinste schief; er wusste, wie er die zuweilen groben Umgangsformen seines Freundes zu verstehen hatte.
    »Ich hoffe nur, dass ich meine Mannschaft in Shon wiederfinde und sie nicht längst auf dem Sklavenmarkt verkauft worden ist«, fügte Harrid mit besorgter Miene hinzu.
    »Das hoffe ich auch«, ertönte nun Eilennas weiche Stimme. Eine Strähne ihres goldenen Haars spitzte unter ihrer Kapuze hervor. Sie hatte die Lederhosen und die Stiefel, die sie auf den Kerr-Inseln getragen hatte, gegen ein langes, blaues Kleid und eine weite Robe getauscht, wodurch sie weniger wie eine Kriegerin, denn wie eine Edeldame aussah.
    Tenan fand, dass es ihr ausgezeichnet stand, und konnte kaum den Blick abwenden.
    »Mit den Südländern ist nicht zu spaßen. Ihr Anführer Thut Thul Kanen hätte mich ja ebenfalls um Haaresbreite geraubt.«
    Tenan zuckte unwillkürlich zusammen, als er an den Hauptmannder Südländer zurückdachte, der von der Idee besessen gewesen war, Eilenna mit sich nach Shon zu nehmen. Plötzlich sah Tenan wieder Bilder des tödlichen Kampfes vor sich, den Thut Thul Khanen mit dem Herrscher der Schatten unter der Meeresoberfläche geführt hatte. Im heftigen Ringen um den Meledos-Kristall waren beide schließlich in einen gähnenden Abgrund gestürzt. Das schäumende Meer hatte Thut Thul Kanen und den Bash-Arak mitsamt dem Meledos gleichsam verschluckt. Allein bei der Erinnerung an dieses schreckliche Ende grauste es
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