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Der Rucksackmörder

Der Rucksackmörder

Titel: Der Rucksackmörder
Autoren: Jaques Buval
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Tochter vor ihrer Abreise dieses Zelt gekauft habe.«
    »Tausende deutsche Touristen kommen alljährlich in dieses Land, es könnte doch sein, dass dieses Zelt einer anderen Person gehörte als Ihrer Tochter.«
    »Nein, das glaube ich nicht, denn die Freundin von Simone, die über Monate in diesem Zelt schlief, hat es zweifelsfrei wiedererkannt. Wenn man einen Gegenstand über so lange Zeit fast ständig benutzt, stellen sich Mängel ein, und solche Mängel hat Frau Müller an diesem Zelt festgestellt.«
    »Also darf ich festhalten, dass Sie das Zelt nicht zweifelsfrei wiedererkennen, sondern nur »glauben«, dass es sich herbei um das von Ihnen gekaufte handelt?«
    Herbert Schmidl lässt sich Zeit mit seiner Antwort auf diese Frage. Längst hat er die Raffinesse der Fragestellung erkannt.
    Plötzlich zieht er eine Schachtel Zigaretten aus seiner Jackentasche und wirft sie dem Verteidiger vor die Füße.
    »Glauben oder wissen Sie jetzt, ob eine Schachtel Marlboro vor Ihnen liegt? Sehen Sie, so ergeht es mir mit Ihren Fragen?«
    Ohne die Antwort abzuwarten, fährt Herbert Schmidl fort:
    »Meine Tochter kam in dieses Land mit genau diesem Zelt.
    Einem Produkt, das es in Australien nicht zu kaufen gibt.
    Dieses Zelt wurde bei Ihrem Mandanten gefunden. Meine Tochter wurde in diesem Lande getötet nie fand man ein Zelt bei ihr.
    Man fand ihren Körper, tot in einem Wald. Können Sie mir sagen, wo sonst ihr Zelt sein sollte, wenn es nicht das ist, was vor uns liegt?«
    Andrew Boe stellt keine Fragen mehr. Instinktiv spürt er, dass er sich in Herbert Schmidl geirrt hat. Dieser Zeuge ist kein Jurist, und doch versteht er es, durch seine menschliche Art das Gericht und die Geschworenen davon zu überzeugen, dass seine Antworten der Wahrheit entsprechen und ehrlich sind.

    Herbert Schmidl wird aus dem Zeugenstand entlassen. Noch einmal geht er vorbei an der Bank des Angeklagten, wieder sieht er in die eiskalten Augen Ivan Milats. Heute erinnert sich Herbert Schmidl an diesen Augenblick: »Ich stand etwa drei Meter neben diesem Mann und wusste nicht, was ich tun sollte.
    Ich hatte mir vorgenommen, ihn anzuspucken, doch er grinste mich nur spöttisch an. Ich zeigte ihm meine Faust, und ich glaube heute, er hat darüber gelacht. Er wirkte gefasst und ruhig, geradezu lässig. Er hat mich verhöhnt, und ich habe mich nicht getraut, ihm im Gerichtsaal meine Fäuste ins Gesicht zu schlagen. Heute bereue ich dies sehr.«

Die Zeugen der Verteidigung
    Dann werden die Zeugen der Verteidigung gehört. Zuerst die Brüder Ivans, die sich darum bemühen, Milat für die Tattage Alibis zu verschaffen. Doch es gelingt ihnen nicht. Ihre Aussagen werden allesamt widerlegt. Doch Andrew Boe gibt nicht auf. Er hat noch einen Trumpf in der Hand. Die Prozessbeobachter halten den Atem an. Caroline Milat, die Schwägerin Milats, die mit seinem Bruder Bill verheiratet ist, wird in den Zeugenstand gerufen. Caroline berichtet, dass sie zusammen mit ihrem Mann und Ivan viele Campingausflüge gemacht habe und dass diese Reisen sehr harmonisch verlaufen seien. Nie habe sie Ivan mit einer Waffe gesehen. Unter Tränen berichtet sie, wie undenkbar es für sie wäre, sich Ivan als Mörder vorzustellen. Sie deutet an, dass sie einen eindeutigen Beweis dafür habe, dass Ivan unschuldig sei. Die von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Beweise dagegen seien Ivan einfach untergeschoben worden.
    Milats Verteidiger verweist auf den Prozess gegen J. E.
    Simpson. Simpson sei durch die Medien vorverurteilt worden.
    Auch in diesem Prozess seien die Geschworenen durch einschlägige Medienberichte von vornherein zu sehr von der Schuld Milats überzeugt worden. Weiter wirft der Rechtsanwalt der Staatsanwaltschaft vor, mit der Presse konspiriert und diese gegen die Verteidigung eingeschworen zu haben. Dann sind die Augen aller wieder auf Caroline Milat gerichtet. Frau Milat fordert vom Gericht ein beschlagnahmtes Fotoalbum, und man gibt es ihr. Sie schlägt es auf und deutet auf ein Foto, das sie und Milat zeigt »Dieses Foto«, so sagt sie,
    »wurde am 29.3.1992 aufgenommen. Das Datum steht auf diesem Bild. Das ist der Tag, an dem Ivan Milat angeblich eines der Opfer vom Belanglo Forest ermordet haben soll.«
    Und tatsächlich war dieses Datum auf der Vorderseite des Bildes zu lesen. Also musste Ivan an diesem Tag im Hause der Schwägerin gewesen sein und nicht im Belanglo Forest. Auch dem Gericht wird dieses Foto vorgelegt, und die Stirn des Vorsitzenden legt sich
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