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Der rote Prophet

Der rote Prophet

Titel: Der rote Prophet
Autoren: Orson Scott Card
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ich wirklich Euer Freund gewesen wäre, hätte ich eigentlich wissen müssen, daß jede Frau, die Ihr in Eurem Haus aufnehmt, eine Dame sein würde und eine ordentlich getraute Ehefrau dazu.«
    »Was ich wissen möchte, ist«, erwiderte Harrison, »wer Euch gesagt hat, daß sie etwas anderes sei?«
    »Ach, Bill, das war doch nur Soldatenklatsch. Ich möchte nicht, daß irgend jemand Schwierigkeiten bekommt, nur weil er seine Zunge nicht zügeln kann. Um Himmels willen, Bill, soeben ist doch eine Branntweinlieferung eingetroffen! Da werdet Ihr es ihnen doch nicht verübeln, wo denen der ganze Sinn doch nur nach Whisky stand. Nein, nehmt nur ein Stück von diesem köstlichen Tabak und vergeßt nicht, daß Eure Jungs Euch alle mögen.«
    Harrison nahm einen ordentlichen Brocken aus dem ihm dargebotenen Tabaksbeutel und stopfte ihn sich hinter die Zähne. »Ach, ich weiß schon, die machen mir ja auch keine Sorgen.« Doch Hooch wußte, daß sie ihm sehr wohl Sorgen machten, daß Harrison so zornig war, daß er nicht einmal mehr gerade spucken konnte, was er auch bewies, indem er den Spucknapf verfehlte. Ein Spucknapf, wie Hooch bemerkte, der glitzernd rein gewesen war. Spuckte denn hier überhaupt niemand mehr außer Hooch?
    »Ihr werdet zivilisiert«, sagte Hooch. »Das nächste sind dann die Spitzenvorhänge.«
    »Oh, die habe ich schon«, erwiderte Harrison. »Zu Hause.«
    »Ach ja? Und auch kleine Nachttöpfe aus Porzellan?«
    »Hooch, Ihr habt einen Verstand wie eine Schlange und ein Mundwerk wie ein Schwein!«
    »Deshalb liebt Ihr mich ja auch, Bill – weil Ihr einen Verstand wie ein Schwein habt und ein Mundwerk wie eine Schlange.«
    »Vergeßt es nur nicht«, sagte Harrison. »Vergeßt nur nicht, daß ich auch mal zubeißen könnte, und zwar mit scharfen Giftzähnen. Denkt daran, bevor Ihr versucht, mit mir Eure kindischen Spiele zu spielen.«
    »Kindische Spiele!« rief Hooch. »Was meint Ihr damit, Bill Harrison! Wessen bezichtigt Ihr mich?«
    »Ich bezichtige Euch, dafür gesorgt zu haben, daß wir vier lange Frühlingsmonate keinen Branntwein mehr hatten, bis ich drei Rote aufknüpfen lassen mußte, weil sie in militärische Vorratslager eingebrochen sind. Und selbst meine Soldaten hatten nichts mehr zu trinken!«
    »Ich! Ich habe diese Ladung doch so schnell hergebracht, wie ich nur konnte!«
    Harrison lächelte nur.
    Hooch behielt seine Miene gequälter Entrüstung bei – es war eine seiner besten Mienen, und außerdem war sie sogar teilweise wahr. Wenn auch nur einer der anderen Whiskyhändler halb so schlau wie er gewesen wäre, hätte er trotz Hoochs gegenteiliger Bemühungen schon einen Weg flußabwärts gefunden.
    Es war schließlich nicht Hoochs Schuld, wenn er zufällig das hinterhältigste, bösartigste, niederträchtigste, kompetenteste Stinktier in einem Geschäft war, das ohnehin nicht eben vor Sauberkeit strahlte.
    Hoochs Miene verletzter Unschuld hielt länger vor als Harrisons Lächeln, womit Hooch auch gerechnet hatte.
    »Hört mal, Hooch«, sagte Harrison.
    »Vielleicht solltet Ihr mich ab nun besser Mr. Ulysses Palmer nennen«, erwiderte Hooch. »Nur meine Freunde nennen mich Hooch.«
    Aber Harrison schluckte den Köder nicht. Er begann nicht damit, den anderen weitschweifig seiner innewohnenden Freundschaft zu versichern. »Hört mir zu, Mr. Palmer«, erwiderte Harrison statt dessen. »Ihr wißt es, und ich weiß es, daß diese Sache nicht das geringste mit Freundschaft zu tun hat. Ihr wollt reich werden, und ich will Gouverneur eines richtigen Staates werden. Ich brauche Euren Branntwein, um Gouverneur zu werden, und Ihr braucht meine Protektion, um reich zu werden. Aber diesmal seid Ihr zu weit gegangen. Versteht Ihr mich? Von mir aus könnt Ihr gern ein Monopol haben, aber wenn ich von Euch nicht regelmäßig mit Whisky beliefert werde, werde ich ihn mir von jemand anderem holen.«
    »Also Gouverneur Harrison, ich verstehe ja, daß Euch das unruhig gemacht hat, und das möchte ich auch wieder gutmachen. Was, wenn ich Euch sechs Fässer des allerbesten Whiskys gäbe, ganz allein für Euch ...«
    Doch Harrison war auch nicht in der Laune, sich bestechen zu lassen. »Was Ihr vergeßt, Mr. Palmer, ist die Tatsache, daß ich auch den ganzen Whisky haben könnte, wenn ich ihn wollte.«
    Nun, wenn Harrison schon grob werden konnte, dann konnte Hooch es erst recht, obwohl er es sich zur Angewohnheit gemacht hatte, derlei Dinge stetes mit einem Lächeln zu sagen. »Mr. Gouverneur, meinen
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