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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring
Autoren: Robert Margroff und Piers Anthony
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fest, drehte die Scheibe nach vorn und manövrierte sie heraus. Mehrere Minuten lang war sie unberührbar, bis sich die Säure an der Glastik-Überdosis neutralisierte. Er legte sie flach hin, brach die Sauggriffe davon los, lauschte einen Moment lang auf mögliche Alarmsignale und stieg in das Zimmer.
    Von dem undurchsichtigen Fußboden und der Inneneinrichtung abgesehen, war es, als befände er sich noch auf dem Balkon. Er blickte durch Wände zurück, die von innen völlig durchsichtig waren. Welche Art von Persönlichkeit mochte in der Illusion des ständigen Beobachtetseins schwelgen? Diese ganze Zeit über war er deutlich sichtbar gewesen. Wenn jemand auf der Lauer gelegen hätte …
    Da war ein Atemgeräusch.
    Die Bluthunde? Nein – es war sacht und gleichmäßig. Es war der wispernde Atemzug der Frau, deretwegen er gekommen war, hörbar nur in der absoluten Stille ihres Schlafzimmers.
    Pamela.
    Er hatte sich seinen Eintritt leise verschafft, aber doch nicht ohne ein paar ungewollte Geräusche. Entweder hatte Pamela einen tiefen Schlaf, oder sie hatte ein Mittel genommen. Egal – falls es Schlafnol war, schadete ihr eine zweite Dosis nicht; auch sonst war eine schädliche Reaktion unwahrscheinlich.
    Er fand den Kugelbehälter mit den drei Einbuchtungen und der harten Glastik-Kappe. Er machte die Nadel frei und zielte damit wie mit einer Waffe. Lautlos trat er an das Bett.
    Ein Mondstrahl fiel schräg durch die Zimmerdecke und übergoß die enorme kreisförmige Matratze mit einem heiligenscheinähnlichen Licht. Jeff starrte auf die Körperformen, die sich durch die magnetisch anliegende Decke abzeichneten. Bei Gott, war das eine Frau! Seit sie ein Kind im Alter von acht Jahren gewesen war, hatte er sie nicht mehr gesehen. Er wußte kaum, wie sie jetzt aussah. Aber der Anblick dieses Körpers war Bestätigung genug. Er konnte sich die Kurven und Abflachungen und die geheimen Schattenstellen vorstellen – und hatte es bis zu diesem Moment auch getan.
    Er beugte sich über sie. Seine Schulter unterbrach den Mondstrahl und tauchte ihren Kopf in einen schwachen Halbschatten. Er musterte die heitere Rundung ihrer Wange, die schimmernde Glätte ihres Haares, das auf dem Kopfkissen ausgebreitet lag, die Neigung ihres Gesichtes nach oben und ein wenig zur Seite. Gerade so mochte ein Mädchen im Arm seines Geliebten schlafen. Gerade so – aber nicht heute nacht.
    Er näherte die Nadel ihrem entblößten Hals bis auf zweieinhalb Zentimeter und hielt ihr die andere Hand dicht über den Mund, für den Fall, daß sie zu schreien versuchte. Er drückte den Kugelbehälter zusammen. Der Sprühnebel schoß heraus und gegen ihre Haut – ein so feiner Strahl, daß er ihn in dem Dunkel nicht sehen konnte. Ihr Atem stockte, dann seufzte sie kaum hörbar und entspannte sich wieder. Sie hatte sich gegen die Droge nicht echt gewehrt, hatte nicht zu schreien versucht.
    Er sah sich um. Ihr Morgenmantel hing ordentlich neben dem Bett. Er holte ihn und breitete ihn auf dem Laken aus. Mit den Fingerspitzen bekam er den Rand der Bettdecke zu fassen. Er schlug sie zurück.
    Sie trug ein glattes Nachthemd.
    Er war erleichtert, daß er sie nicht anziehen mußte. Ohnehin mußte er sich schon sehr konzentrieren, um alle Gedanken bei seiner Aufgabe zu halten.
    Er schob seine Arme unter ihre Knie und unter ihre Schulter und hob sie auf den Morgenmantel. Dann zog er ihn um sie zusammen, wobei er sich um die Ärmel nicht kümmerte, und hob sie wieder auf. Sie war leicht – wie er es erwartet hatte. Das lange Haar streifte seinen Arm; die glänzenden schwarzen Flechten, die ihn von Kindheit an fasziniert hatten … Wieder mußte er den Strom seiner Gedanken unterbrechen.
    Er trug sie durch das Loch in der Wand auf den Balkon. Die schwärzlichen Schatten streiften unten nach wie vor herum, verwirrt von den ausgestreuten Geruchsmustern. Falls sie ihn nicht hörten, bestand kaum die Gefahr, daß sie ihn verfolgten.
    Er trug seine Last nicht richtig. Er hatte keine Hand frei, um das Gestrüpp und die Zweige unten im Garten zu erkunden oder den vierten Kugelbehälter bereitzuhalten … die Waffe … für den Fall, daß er entdeckt wurde, bevor er die Mauer erreichte. Er war so betört gewesen, daß es ihn für die Aufgabe blind gemacht hatte.
    Jetzt drapierte er Pamelas Körper unzeremoniell über seine rechte Schulter und ließ ihre schlanken Beine vorn an sich herunterhängen. So ging er zum Ende des Balkons und stieg die gekrümmten Stufen
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