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Der Prinz mit den sanften Haenden

Der Prinz mit den sanften Haenden

Titel: Der Prinz mit den sanften Haenden
Autoren: Alexandra Sellers
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Clio trocken.
    „Warum wird solche Schönheit verschmutzt?"
    „Weil es billiger ist, den Abfall hineinzuschütten, als ihn zu entsorgen."
    „Die Mutter meiner Mutter ist in einem Land von Seen und Wäldern groß geworden." Jalal war in Gedanken versunken und merkte erst, dass er gesprochen hatte, als Clio darauf reagierte.
    „Wirklich? Wie kam es dann, dass sie einen Banditen aus der Wüste geheiratet hat?"
    „Auf einer Reise durch die Wüste wurde sie von Selim, meinem Großvater, entführt und verbrachte den Rest ihres Lebens in der Wüste. Aber sie vergaß nie ihre geliebte Heimat."
    Aus der Verbindung war nur eine Tochter hervorgegangen, seine Mutter. Die in der Wüste geborene Nusaybah hatte als Kind von ihrer Mutter viele Geschichten über deren Heimat gehört und sie später an ihren Sohn weitergegeben. Ebenso hatte sie ihm erzählt, dass seine Großmutter in ihrer Heimat eine Prinzessin ge wesen sei.
    Es schien höchst unwahrscheinlich, aber ein Gentest hatte gezeigt, dass er mit Prinz Rafi näher verwandt war als mit Rafis beiden Halbbrüdern. Und bei weiteren Nachforschungen stellte sich heraus, dass Rafis Mutter, Prinzessin Nargis, eine Schwester gehabt hatte, die entführt worden war und von der niemand mehr etwas gehört hatte.
    Über Jahrhunderte hatte die Familie jeden Sommer im Hochland verbracht, so wie Jalals Großmutter es ihrer Tochter berichtet hatte. Doch selbst bei den Geschichten seiner Mutter hatte Jalal nie eine solche Sehnsucht nach Seen und Wäldern verspürt, wie er sie jetzt hatte, da er diese Landschaft wirklich vor sich sah.
    Clio runzelte die Stirn. „Sie hat den Rest ihres Lebens in der Wüste verbracht? Sie wurde nicht gerettet?"
    „Zu der Zeit hat sich niemand darum gekümmert. Ihr blieb keine andere Wahl, als ihren Entführer zu heiraten."
    „Soll das heißen, ihre Familie wusste, wo sie war, und hat sie ihrem Schicksal überlassen?"
    „Ich habe keine Ahnung, ob sie es wussten. Es war jedoch so üblich, dass eine Frau, die von einem Mann geraubt wurde, ihm gelassen wurde. Ihre Familie ignorierte von dem Moment an ihre Existenz."
    „Und das nehmen Sie so gelassen hin?" fragte sie ungläubig und empört.
    „Ich kann daran nichts ändern, Clio. Es war nun einmal so, und ich bin dadurch heute hier. Meine Mutter ist das Kind dieser Verbindung. Was soll ich dazu sagen? So ist das Leben."
    „Und dazu gehört es, Frauen zu entführen, ja? Das rechtfertigt es. Hatten Sie etwa damit gerechnet, dass Prinz Rafi und meine Familie meine Schwester Zara ebenfalls ihrem Schicksal überlassen?"
    Er schüttelte unwirsch den Kopf, sagte aber nichts dazu.
    „Aber nein!" fuhr Clio hitzig fort. „Das hätte Ihnen ja nicht geholfen. Sie wussten, Rafi wollte sie wiederhaben. Die öffentliche Meinung hätte nichts anderes zugelassen. Vermutlich dachten Sie, er würde sie nicht mehr heiraten wollen, aber das hätte Sie auch nicht gestört. Hätte die Entführung die Liebe der beiden zerstört, wäre das eben ihr Schicksal gewesen, oder? Solange Sie bekommen hätten, was Sie haben wollten, wäre es Ihnen egal gewesen."
    „So habe ich nicht gedacht", erwiderte er ruhig. „Ich habe daran geglaubt, dass er sie zurückhaben will und sie zu seiner Frau macht, wenn ich ihr nichts antue."
    Clio hatte sich in Rage geredet und hielt es für besser, Jalal keine Antwort darauf zu geben.
    Ein paar Minuten später erreichten sie ein geräumiges Ziegelsteinhaus, das am Ufer eines der kleineren Seen lag. Hinter dem Haus erstreckten sich waldbedeckte Hügel, als müsste der See beschützt werden, und es befanden sich nur wenige Häuser am Ufer.
    Während sie sich ihrem Ziel näherten, entdeckte Jalal auf der einen Seite einen großen Bootsverleih sowie ein künstlerisch gestaltetes Schild an der Hauswand, wonach hier selbst gemachtes Eis angeboten wurde. Außerdem gehörten eine Werkstatt und ein Laden mit Kunsthandwerk zu dem Komplex.
    Clio steuerte auf die Anlegestelle zu, schaltete den Motor aus und lenkte das Boot geschickt an seinen Platz. Im gleichen Moment flog die Haustür auf, und mindestens ein halbes Dutzend Kinder verschiedenen Alters stürmten zusammen mit vier Hunden und ein paar Katzen heraus. Rufe wie „Ist er schon da? Ist der Prinz gekommen? Wie sieht er aus?" mischten sich mit lautem Bellen.
    Alle, bis auf die Katzen; rannten zum Anlegesteg.
    „Beruhigt euch, ja, er ist da, und er will nicht schon nach einem Tag taub sein! Hier, Jonah, fang auf!"
    rief Clio und warf einem großen Jungen,
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