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Der Präsident

Der Präsident

Titel: Der Präsident
Autoren: David Baldacci
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stahl und dennoch vorgab, ein ganz normales Leben zu führen. Ein Mann, der jeden täuschte, einschließlich seiner Frau und seiner Tochter. Ein Mann, der nie da war, wenn man ihn wirklich brauchte.
    Kate setzte sich an den Schreibtisch, nahm einen kleinen Schluck von dem heißen Kaffee, warf mehr Zucker hinein und betrachtete Mr. Simmons, während sie in den schwarzen Tiefen ihres nächtlichen Aufputschmittels herumrührte.
    Dann griff sie zum Telefon und rief bei sich zu Hause an, um die Nachrichten auf dem Anrufbeantworter abzuhören. Es waren fünf. Zwei von anderen Anwälten, eine von einem Polizisten, den sie gegen Mr. Simmons in den Zeugenstand rufen wollte, und eine von einem Ermittler der Staatsanwaltschaft, der sie mit Vorliebe zu den unmöglichsten Zeiten anrief, um ihr überwiegend nutzlose Informationen zu geben. Sie sollte ihre Telefonnummer ändern lassen. Bei der letzten Nachricht wurde aufgelegt. Aber sie konnte am anderen Ende der Leitung tiefes Atmen hören, außerdem glaubte sie ein oder zwei Worte wahrzunehmen. Irgendetwas daran klang vertraut, doch sie konnte es nicht zuordnen. Vermutlich irgend so ein Typ, der nichts Besseres zu tun hatte.
    Der Kaffee strömte in ihre Blutbahnen, und sie konnte sich wieder auf die Akte konzentrieren. Kurz fiel ihr Blick auf das kleine Bücherregal. Darauf stand ein Foto, das ihre verstorbene Mutter und die elfjährige Kate zeigte. Luther Whitney war aus dem Bild herausgeschnitten. Eine große Lücke neben Mutter und Tochter. Ein großes Nichts.
    »Verdammte Scheiße!« Der Präsident der Vereinigten Staaten setzte sich auf. Mit einer Hand bedeckte er die schlaffen und übel zugerichteten Genitalien, in der anderen hielt er den Brieföffner, der noch einen Augenblick zuvor als Werkzeug seines Todes gedacht war. Nun war darauf mehr als nur sein Blut. »Verdammt noch mal, Bill, du hast sie umgebracht!«
    Die Zielscheibe seiner Schimpfkanonade bückte sich, um ihm aufzuhelfen, während sein Kollege den Zustand der Frau überprüfte; eine sinnlose Geste, wenn man bedachte, dass zwei schwerkalibrige Geschosse ihr Gehirn durchschlagen hatten.
    »Es tut mir leid, Sir, ich hatte keine Wahl. Tut mir leid, Sir.«
    Bill Burton war seit zehn Jahren Agent beim Secret Service. Davor war er acht Jahre lang bei der Staatspolizei von Maryland gewesen. Er hatte einen Collegeabschluss in Geschichte und den Magister in Strafrecht, und eine seiner Kugeln hatte soeben den Kopf einer wunderschönen jungen Frau zerfetzt. Trotz seiner intensiven Ausbildung zitterte er wie ein kleines Kind, das gerade aus einem Albtraum erwacht ist.
    Schon einmal hatte er in Ausübung seiner Pflicht getötet, bei einer routinemäßigen Verkehrskontrolle, die aus den Fugen geriet. Aber der damals Verstorbene war ein vierfach vorbestrafter Verbrecher gewesen, mit einer tief greifenden Abneigung gegen uniformierte Polizisten; außerdem hatte er eine halbautomatische Pistole auf ihn gerichtet gehabt, unverkennbar in der Absicht, ihm den Kopf von den Schultern zu pusten.
    Burton schaute hinunter auf die zierliche, nackte Gestalt und glaubte, sich übergeben zu müssen. Sein Partner, Tim Collin, sah zu ihm herüber und fasste ihn am Arm. Schwer schluckend nickte Burton. Er würde nicht zusammenklappen.
    Behutsam halfen die beiden dem Mann auf die Beine, dem ihre ganze Aufmerksamkeit galt: Alan J. Richmond, vierundvierzigster Präsident der Vereinigten Staaten, politischer Held und Leitfigur für Menschen aller Altersklassen, im Augenblick aber bloß nackt und betrunken. Der Präsident sah zu ihnen auf. Das anfängliche Entsetzen schwand, als der Alkohol wieder Oberhand gewann. »Ist sie tot?« Die Worte kamen undeutlich, die Augen schienen wie Murmeln nach hinten in den Kopf zu rollen.
    »Ja, Sir«, antwortete Collin knapp. Eine Frage des Präsidenten, ob betrunken oder nicht, ließ man nicht unbeantwortet.
    Burton trat einen Schritt zurück. Er warf einen zweiten Blick auf die Frau, dann wieder auf den Präsidenten. Das war ihr Job, sein Job. Den gottverdammten Präsidenten zu beschützen. Ganz gleich, was es kostete, dieses Leben durfte nicht enden, schon gar nicht auf diese Weise. Wie ein Schwein aufgeschlitzt von irgendeinem betrunkenen Flittchen!
    Der Präsident verzog den Mund. Es sah fast aus wie ein Lächeln, obwohl weder Collin noch Burton es als solches in Erinnerung behalten sollten. Der Präsident erhob sich.
    »Wo sind meine Sachen?«, fragte er.
    »Gleich hier, Sir.« Burton, der wieder voll da
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