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Der Portwein-Erbe

Titel: Der Portwein-Erbe
Autoren: dtv
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Zeit der Revolution noch im Dienst ist. Er wollte an unsere Verbindungen.
     Er musste verhindern, dass seine Tarnung auffliegt. Meine Verbindungen sind privat. Es sind Freundschaften. Aber du sagtest,
     dass diese Männer Anweisungen bekamen. Wie haben sie sich verhalten?«
    Und Nicolas erzählte. Es war das Beste, was er tun konnte, um sich von dem Albtraum zu befreien.
    Plötzlich hörten beide eine Autotür klappen, auch Perúss hob den Kopf. Das Anlassen eines Motors war zu hören. Nicolas glaubte
     zu wissen, um welches Auto es sich handelte. Scheinwerfer leuchteten nicht auf. Da wollte jemand |348| nicht gesehen werden. Wie neulich. Nicolas fühlte sich viel zu zerschlagen und sah sich außerstande, mehr als zehn schnelle
     Schritte zu machen. Stattdessen spurtete Happe los, der plötzlich wieder aus seinem Zimmer herausgestürzt war.
    Keuchend kam er zurück. »Es war Dona Madalena, ohne Licht. Aber was ich vergessen habe, dir zu sagen – als ich vorhin raufgekommen
     bin, war sie nicht allein. Da war der Hausmeister bei ihr, der Mann von deiner Köchin. Als sie gehört hat, dass ich komme,
     ist er hinten aus dem Haus raus.«

|349| 17.
Der letzte Portwein
    »Sie hat ihn nicht geliebt. Anfangs vielleicht, aber später nicht mehr. Sie hat ihn benutzt. Und der Idiot hat es gewusst.«
    Otelo starrte mit tief in den Hosentaschen vergrabenen Händen auf das Grab seines Freundes und kaute auf der Unterlippe. Der
     Erdhügel war seit Nicolas’ erstem Besuch weiter zusammengefallen, darauf lagen vertrocknete Blumen, einen Stein gab es nicht.
     Dona Madalena hatte nicht verlauten lassen, wann sie mit Nicolas den Steinmetz aufsuchen wollte.
    »Man muss nicht warten, dass es geschieht, man muss es tun«, meinte Otelo. »Wir nehmen das in die Hand, das ist mir auch lieber.«
     Er bekam einen bitteren Zug um die Lippen. »Wenn du nicht so verdammt viel Glück gehabt hättest, bräuchten wir einen zweiten
     Stein.«
    Nicolas schenkte seinen Worten nicht viel Bedeutung. Er versuchte sich vorzustellen, wie eine Exhumierung vor sich gehen würde.
     Die Behörde würde den Totengräber anweisen, die Erde wegzuschaufeln, der Sarg, das Holz, wäre noch intakt, aber in welchem
     Stadium der Auflösung, diskret ausgedrückt, sich Friedrichs Körper befinden würde, stellte er sich besser nicht vor. Ihn schauderte
     bei dem Gedanken. Er passte nicht zu dem strahlenden Himmel, wie van Gogh ihn auf seinen Sommerbildern gemalt hatte. Der Gedanke
     passte nicht zu dem Lärm des |350| Vogelschwarms, der gegenüber in die Pinien eingefallen war.
    Nicolas ging zum Zaun, von dem aus man einen weiten Blick über Lamego hatte. Otelo trat zu ihm und lehnte sich ans Gitter.
    »Es wird dir absurd und übertrieben vorgekommen sein, was wir in Lissabon in Bezug auf deine Sicherheit veranstaltet haben,
     aber ich hielt das für nötig. Wir mussten sichergehen, dass sich niemand an dich hängt und sie zu mir führt.«
    »Verrate mir endlich mal, wer SIE sind! Wer sind diese geheimnisvollen Leute, dass du zu derartigen Methoden greifst? Was
     macht sie so gefährlich? Was haben sie davon, wenn ich die Quinta nicht übernehme?«
    »Alles hat seine Geschichte, Nicolau, auch wenn heute immer behauptet wird, das sei unwichtig, als zähle ausschließlich die
     Gegenwart. Damals, in Angola, ist ein Fahrzeug auf eine Mine gefahren, ein Mann wurde eingeklemmt. Wir haben mit ein paar
     Kameraden die Überlebenden gesichert, bis ein Kranwagen den Jeep angehoben hat. Ich habe den Mann rausgeholt und erst später
     erfahren, um wen es sich handelte – einen Verhörspezialisten vom Geheimdienst. De Lima, er war Arzt, das war seine Tarnung,
     er operierte verletzte Soldaten, er rettete Leben, andererseits war er bei Verhören dabei, um einzugreifen, bevor Gefolterte
     ohnmächtig wurden oder starben. Er sorgte dafür, dass sie weiter gequält werden konnten. Als ich das erfuhr, habe ich ihm
     ins Gesicht gesagt, dass ich ihn hätte liegen lassen, wenn ich das an jenem Tag gewusst hätte. Jeder Angolaner hätte mehr
     Anstand als er. Das war der Beginn unserer Feindschaft. Ich glaube, wir werden uns noch in der Hölle bekämpfen. Hass ist ein
     starkes Gefühl, Nicolau, eine unheimliche Kraft. Es lässt dich alles vergessen, alle anderen Wünsche hintanstellen, alles
     wird ihm geopfert. Anschließend wurde ich verhört. De Lima war 1974 in Lissabon, im |351| Mai 1974, und ich auch, aber nicht als Soldat. Und sie hatten mich, sie hätten mit mir Schluss
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