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Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders

Titel: Der Pistoleiro: Die wahre Geschichte eines Auftragsmörders
Autoren: Klester Cavalcanti
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war auf dem Bürgersteig von vielen anderen Leuten umgeben. Er ließ ihn nicht aus den Augen, bis er schließlich in eine Bar ging. Nach genau zehn Minuten ging auch Júlio hinein, den Helm unter dem linken Arm. Er spürte, wie der Revolver an seinen Bauchnabel stieß. Bevor er sich setzte, taxierte er die Umgebung mit demselben Blick, mit dem er auch auf der Jagd durch den Urwald schlich. In der Bar standen etwa zehn Holztische auf rohem Zementboden. Rechts neben der Tür war ein Tresen von etwa vier Metern Länge. Darauf standen eine Registrierkasse, eine Glasvitrine mit Snacks sowie mehrere Gläser mit Bierresten. Gegenüber der Registrierkasse stand eine Jukebox. Hinter dem Tresen standen zwei Leute, ein dicker Alter mit grauen Haaren, unrasiert und mit Augen, die von riesigen Augenringen erdrückt wurden, sowie ein traurig wirkendes, aber sehr hübsches Mädchen.
    Er ging auf das Mädchen zu, quetschte sich zwischen zwei Männern hindurch, die auf Hockern direkt vor dem Tresen saßen, und bestellte eine Flasche Coca-Cola und ein Glas mit Eis. Aus der Nähe sah die junge Frau noch hübscher aus. Sie trug ein gemustertes Kleid, die Haare offen und war ungeschminkt. Ihr Gesicht war kantig und klar. Sie hatte einen großen Mund mit schmalen Lippen, sehr helle Augen. Ihre kleine Nase wirkte wie modelliert. Er wollte sie nach ihrem Namen fragen, aber er traute sich nicht. Schließlich war er hier, um einen Auftrag zu erledigen. Wieder ließ er seinen Blick durch das Lokal schweifen und sah, dass Adilson immer noch alleine an einem Tisch in der Ecke saß. Er trank ein Glas Bier nach dem andern. Nun bestellte er noch eines.
    Júlios Aufmerksamkeit teilte sich zwischen dem Mann, den er töten sollte und der Frau, die er gern kennenlernen würde. Ihm gefiel gar nicht, wie unverschämt die anderen Gäste sie behandelten. Die einen riefen sie »Kleine Schwarze«, die anderen »Schätzchen«. Ein besonders Dreister nannte sie »Sexbombe.« Er hätte sich gern mit den Kerlen angelegt, aber das hätte seine Arbeit gefährdet. Aus Wirtshausstreitereien hielt er sich immer heraus. Nicht zum ersten Mal. Also zwang er sich zur Ruhe und bestellte eine Hühnchenpastete. Als das Mädchen ihm die Pastete auf einem Plastikteller reichte, schaute er ihr direkt in die Augen, und sie lächelte verhalten zurück. In diesem Moment beschloss er, Teresina nicht zu verlassen, bevor er ihren Namen wusste.
    Vorher musste er allerdings noch Adilson töten, der immer noch alleine an seinem Tisch saß. Inzwischen bei der fünften Flasche Bier. Er schien zu weinen. Nach jedem Schluck ließ er den Kopf auf seine über dem Tisch verschränkten Arme fallen. Er sprach mit sich selbst. Zwei oder drei Betrunkene versuchten, Júlio in ein Gespräch zu verwickeln, aber er beachtete sie nicht. Er bestellte noch eine Cola mit Eis.
    »Du bist nicht von hier, oder?«, fragte ihn das Mädchen, als sie ihm die Flasche hinstellte.
    »Nein«, antwortete Júlio überrascht.
    »Das habe ich mir gedacht. Ich habe dich hier noch nie gesehen. Wo kommst du her?«
    »Aus Marabá«, log er.
    »Hab ich schon mal gehört. Das liegt in Pará, stimmt’s?«, fuhr sie fort, während sie die Theke, ohne Júlio anzuschauen, mit einem schmierigen Lappen abwischte.
    »Ja.«
    »Es heißt, dort sterben viele Leute wegen Landstreitigkeiten.«
    »Ja.«
    »Sieht aus, als redest du nicht gerne.«
    »Ich mache mir Sorgen.«
    »Worüber?«
    »Meine Arbeit.«
    »Was arbeitest du?«
    »Ich bin Polizist«, antwortete Júlio nach kurzem Zögern.
    »Und was ist passiert, dass du dir Sorgen machst?«
    »Darüber will ich lieber nicht reden.«
    »In Ordnung. Entschuldige, dass ich so viel frage«, sagte das Mädchen und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.
    Die Zeit verging, Adilson rührte sich nicht von der Stelle. Auf seinem Tisch standen inzwischen sechs Flaschen und ein leeres Glas. Die Bar begann sich bereits zu leeren, als der Bankangestellte aufstand und sich zur Toilette aufmachte, die fünf oder sechs Meter vom Hocker, auf dem Júlio saß, entfernt war. Er streifte sogar Júlios Schulter und bat um Entschuldigung. Es war jetzt schon nach ein Uhr nachts, und Júlio wollte seine Arbeit endlich zu Ende bringen. Erst danach konnte er sich vielleicht mit dem Mädchen in der Bar unterhalten. Er sah ihr gerade zu, wie sie ein paar Gläser abspülte, als Adilson von der Toilette zurückkam. Er schaute ihm direkt ins Gesicht. Júlio wandte seinen Blick ab und schaute starr nach vorne, bemerkte
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