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Der neunte Buddha - Thriller

Der neunte Buddha - Thriller

Titel: Der neunte Buddha - Thriller
Autoren: Aufbau
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Gharoling, Tobchen?«, fragte Samdup.
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. Um Geshe Chyongla Rinpoche zu besuchen. Rinpoche ist ein großer Lehrer, ein größerer als ich. Es ist Zeit für Sie, die Sutren zu studieren. Dann werden Sie bereit sein, an das Studium der Tantren zu gehen. Sie müssen beide beherrschen, um Ihre Bestimmung zu erfüllen.«
    »Aber in Dorje-la Gompa 3 gibt es auch Lehrer.«
    »Ja, und sogar sehr gute. Doch keiner ist so groß wie Chyongla Rinpoche. Erinnern Sie sich, als wir das Lama Nachupa gemeinsam studiert haben, was dort über die Pflichten des Schülers gegenüber seinem Guru geschrieben steht?«
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Jetzt ist es für Sie Zeit, alle diese Ratschläge in die Praxis umzusetzen. Sie sind nicht zu uns gekommen, um zu lernen. Sie sind gekommen, um sich auf all das zu besinnen, was Sie in früheren Leben schon einmal wussten. Rinpoche wird Sie darin unterweisen, wie das zu erreichen ist.«
    Beide schwiegen eine Weile. Der Schneefall hatte wieder eingesetzt. Es würde eine kalte Nacht werden. Die Stimme des Jungen klang schwach in der Dunkelheit.
    »Gab es Gefahr in Dorje-la Gompa?«
    Der alte Mönch erstarrte innerlich.
    »Warum glauben Sie, Herr, dass es Gefahr gegeben hat?«
    »Ich habe sie gespürt. Als der Fremde gekommen ist. Ich spüre sie immer noch. Habe ich recht?«
    Nach einem Moment des Zögerns antwortete der alteMann: »Sie haben sich nicht geirrt, Herr. Es war Gefahr im Verzug.« Und nach einer Weile: »Große Gefahr.«
    »Für mich?«
    »Ja. Für Sie.«
    »Das heißt, wir fliehen nach Gharoling? Sind wir deshalb nachts aufgebrochen?«
    Der alte Mann seufzte schwer.
    »Ja. In Gharoling sind wir sicher. Chyongla Rinpoche versteht die Zusammenhänge. Wenn … wenn mir etwas zustoßen sollte, Herr, dann gehen Sie allein weiter nach Gharoling. Man erwartet Sie dort. Versuchen Sie nicht, nach Dorje-la zurückzukehren. Gehen Sie nur nach Gharoling. Vertrauen Sie niemandem außer Chyongla Rinpoche und denen, die er Ihnen empfiehlt.«
    Wieder schwiegen beide. Der Junge musste erst einmal verdauen, was er da gehört hatte. Diese Welt war ein schlimmerer Ort, als er geglaubt hatte. Dann unterbrach seine Stimme erneut die Gedanken des alten Mannes.
    »Ist es mein anderer Körper?«, fragte er. »Ist er für dies alles verantwortlich?«
    Tobchen schüttelte den Kopf.
    »Nein, Herr. Ich bin sicher, er weiß nichts von Ihnen. Zumindest glaube ich das. Wenn die Zeit gekommen ist, wird man es ihm sagen.«
    »Würde er versuchen, mich zu töten, wenn er es wüsste?«
    Der Lama antwortete nicht sofort. So viele Inkarnationen, dachte er bei sich. Zuerst waren sie Kinder, dann wuchsen sie auf, alterten und starben. Und wurden wiedergeboren. Ein endloser Kreis.
    »Ja«, sagte er. »Das glaube ich. Ich denke, er würde Sie töten lassen.«

Kalimpong

6
    Kalimpong, Nordindien, Januar 1921
    Kalimpong döste in der blassen Januarsonne. Es träumte von Wolle und Baumwolle, von farbenfrohen Kaschmirschals, von Seide, Geweihsprossen und Moschus aus China, von Zucker, Glas und billigen Kerzen aus Indien, von langen Karawanen, die das Chumbi-Tal aus Tibet herunterkamen, von Händlern, die ihre Waren in Jutesäcken aus den Ebenen Indiens herantransportierten. Aber über den Hochgebirgspässen im Norden fiel Schnee, eine weiße, federleichte Pracht, die wie der Stoff, aus dem die Träume sind, auf Felsen, kalt wie Grabstätten, herniedersank. Bereits seit zwei Wochen wagte niemand, den Nathu-la-Pass zu überqueren. Als die letzte Karawane aus dem tibetischen Gyantse eingetroffen war, hatte sich der Handel in Kalimpong wieder belebt. Aber das war jetzt vorbei, und der kleine Handelsplatz wartete dringend auf Nachricht, dass die große Lieferung aus Lhasa zumindest unterwegs war.
    Christopher Wylam sog tief die klare Luft ein. In Kalimpong ging es ihm besser. Das Städtchen war kaum mehr als eine Handelsstation am Rande des Empires, ein Umschlagplatz für Händler, die aus Tibet mit Wolle und Yakschwänzen kamen, die sie für billige Bedarfsgüter und kostspieligere Stoffe einzutauschen gedachten. Aber Kalimpong lag auch am Rande eines Mysteriums. Hier konnte Christopher bereits den Schnee und das Eis des Himalajas spüren. Auf der Zunge hatte er einen Geschmack, den er aus Kindertagen kannte, vertraut und exotisch zugleich, die Erinnerung an stille Reisen im Dämmerlicht fallenden Schnees.
    Er brauchte nur den Blick zu heben, und schon sah er in der Ferne die stummen Berge hinter
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