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Der Naechste bitte!

Der Naechste bitte!

Titel: Der Naechste bitte!
Autoren: Alyson Noël
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gelutscht hatte. Dann erinnerte ich mich daran, dass ich die ganze Zeit die Jacke an mich gedrückt hatte, in dem festen Glauben, sie gehörte mir. Ich schleuderte sie ihm vor die Füße, schnappte mir Schuhe und Trolley und floh aus der Wohnung.
    Als die Tür hinter mir krachend ins Schloss fiel, hörte ich noch, wie Michael verzweifelt schrie: »Warte, Hailey! Ich kann dir alles erklären! Bitte erzähl niemandem davon!«
     
     
3
     
    Sobald ich wieder bei Bewusstsein war, spulte ich den Fragenkatalog ab, mit dem der Tag eines jeden Flugbegleiters begann: Wo bin ich? Wie heißt mein Hotel? Habe ich meinen Flug verpasst? Wieso ist mein Weckanruf ausgeblieben? Wo ist das Badezimmer? Und in meinem besonderen Fall: Wer ist diese behaarte Person neben mir?
    Vorsichtig öffnete ich ein Auge und nahm all meinen Mut zusammen, um nachzuschauen, wer sich an meine linke Schulter schmiegte. Als ich den Kopf zur Seite drehte, begrüßten mich Conrads strahlend blauen Augen. Conrad war Kats stupsnasige Perserkatze. Im nächsten Moment fiel mir alles wieder ein.
    Alles.
    Scheiße.
    Nach meinem theatralischen Abgang gestern war ich ins nächstbeste Taxi gesprungen und hatte dem Fahrer spontan Kats Adresse gegeben. Es war das einzig Logische gewesen: Clay schwebte auf Wolke Nummer sieben in Chelsea. Alle meine Freundinnen von früher waren mittlerweile entweder verheiratet, hatten kürzlich entbunden, waren beruflich versetzt worden, arbeiteten nicht mehr für Atlas, waren in einen anderen Bundesstaat gezogen oder alles zusammen. Seit unserem gemeinsamen Flug nach Madrid vor fünf Jahren war Kat so etwas wie meine Ersatzmutter geworden – zum Glück war sie nicht so herrisch wie meine leibliche Mutter. Da sie als Einzige unter meinen Bekannten lange genug im Dienst war, um nicht unter der Woche nach Istanbul oder Athen fliegen zu müssen, hatte ich schlicht und ergreifend angenommen, dass sie zu Hause war.
    Sie hatte die Tür geöffnet, mich kurz gemustert und sofort gesagt: »Komm rein, ich mach dir einen Drink.«
    Ich war in ihre prächtige Marmordiele gestolpert und hatte tapfer gegen die Übelkeit angekämpft, die mit jedem Atemzug schlimmer zu werden drohte. »Ich glaube, mir wird schlecht«, hatte ich sie gewarnt.
    »Papperlapapp. Lass das Gepäck in der Diele stehen und komm, damit du dich aussprechen kannst«, sagte sie, legte mir den Arm um die Schulter und führte mich in die Bibliothek mit integrierter Bar. Sie dirigierte mich zu dem roten Samtsofa, wo ich mich augenblicklich in den flauschigen Kissen verschanzte und ihr dabei zusah, wie sie sich hinter der massiven Mahagonibar an die Arbeit machte. Wie immer war ihr Erscheinungsbild perfekt, ihr Make-up tadellos, und ihr goldblonder, schimmernder Bubikopf sah aus, als wäre er einer Modezeitschrift entsprungen. Während sie mit langen, beringten Fingern nach einem der teuren Bleikristallgläser griff, musterte sie mich prüfend mit ihren strahlend blauen Augen. »Nein, das sieht mir eher nicht nach Champagnerlaune aus«, entschied sie, griff nach einem Longdrinkglas und füllte es mit Wodka.
    Wenngleich mir nicht der Sinn nach Alkohol stand, nahm ich das hochprozentige Angebot an und nippte an der klaren, kühlen Flüssigkeit, die mir brennend die Kehle hinunterströmte. Ich blickte zu Kat hinüber und nahm sofort noch einen Schluck. Kat gehörte zu jenen Frauen, die keinen Widerspruch duldeten.
    Katina Wilkes-Whitmore, ihres Zeichens seit über dreißig Jahren Flugbegleiterin, lebte in einem Penthouse in der Fifth Avenue. Sie war eine Frau mit einer extrem bewegten Vergangenheit. Sie hatte Staatsoberhäuptern nicht nur das Essen serviert, sondern auch mit ihnen an einem Tisch gegessen, war dreimal verheiratet, allerdings verwitwet und kinderlos, weshalb sie Clay und mich inoffiziell adoptiert hatte.
    Als Gatte Nummer drei, Conrad, vor vier Jahren wie vom Blitz getroffen tot umgefallen war – Herzinfarkt -, hatte sie völlig überraschend Unsummen geerbt und sich daraufhin erst einmal für ein halbes Jahr beurlauben lassen, um angemessen trauern zu können. Bei ihrer Rückkehr in den Dienst war sie zum Schrecken aller jungen Flugbegleiterinnen mutiert, die ihre gesamte Laufbahn damit verbrachten, zu hoffen, dass Frauen wie Kat endlich die Uniform an den Nagel hängten oder das Zeitliche segneten. Kat war mindestens so süchtig nach ihrem Leben als Flugbegleiterin wie nach persönlichen Dramen. Neben Notärzten und Familienrichtern konnte kaum ein anderer Beruf
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