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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar
Autoren: Minette Walters
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Sie immer noch mit diesem Mann zusammen.«
    »Er lügt«, sagte sie scharf. »Er weiß, dass Eddy und ich uns getrennt haben.«
    »Weshalb sollte er lügen?«
    »Er ist Anwalt.«
    »Na, das ist wohl kaum eine Antwort.«
    Sie fegte seine Bemerkung mit einer Handbewegung weg. »Ich sollte es ihn wissen lassen, wenn sich an unserer Situation etwas änderte – aber das habe ich nicht getan. Es ist eine reine Formsache. Weil Martin es nicht von mir persönlich gehört hat, kann er jetzt behaupten, ich hätte Amys Interessen zuwidergehandelt, indem ich ihn nicht unterrichtete.«
    »Von wem sonst soll er es gehört haben?«
    »Von Eddy. Er ist immer noch sein Anwalt. So viel wie er mit
    Eddy redet, hat er mit mir in unserer ganzen Ehe nicht geredet.« Sie lachte bitter. »Er vertritt Eddys Firma. Er und Eddy hängen ständig miteinander am Telefon.«
    Tyler ging auf diesen Punkt zunächst nicht ein. Es überraschte ihn schon lange nicht mehr, was für seltsame Blüten die menschliche Natur trieb. Er hätte an Rogersons Stelle dem anderen Mann die Lichter ausgepustet, immer vorausgesetzt natürlich, in der Beziehung glühte noch ein Funken Leidenschaft. »Warum haben Sie Ihren Mann nicht informiert, als Sie Edward Townsend verließen?«
    »Ich wollte Amy schützen.«
    Sehr deutlich diese Antwort, dachte er. »Gab es da denn noch andere Arten der Misshandlung? Von denen Sie mir nichts gesagt haben?«
    »Nein.«
    Tyler sah wieder auf seine Notizen und ließ die eintretende Stille sich vertiefen. Das war eine sehr entschiedene Verneinung gewesen, und er hätte gern gewusst, ob sie sich auf diese Frage vorbereitet hatte. Er hätte eine heftigere Reaktion erwartet, schockierte, hastige Erklärungen, warum die Vermutung gar nicht zutreffen konnte. Zweifel erwachten in ihm, zumal ihr Mann auf eine ähnliche Frage ausgesprochen erbost reagiert hatte.
    »Ihrem Mann zufolge befindet sich Mr Townsend derzeit auf einer Urlaubsreise«, sagte er. »Er ist mit einer Freundin nach Mallorca geflogen.« Tyler blickte auf, aber Laura zeigte keine Reaktion.
    »Townsend ist seit mehr als zehn Jahren der Mandant Ihres Mannes«, fuhr er fort. »Betreiber einer Bauträgergesellschaft. Er hat sich vor zwei Jahren scheiden lassen. Kurz danach begannen Sie ein Verhältnis mit ihm und zogen im letzten Oktober zu ihm ins Haus. Er lebt in Southampton. Ihr Mann war damit einverstanden, Ihnen das Sorgerecht für Amy zu überlassen, solange Sie mit Townsend zusammenlebten. Er knüpfte allerdings die Bedingung daran, dass Sie im Fall eines Scheiterns dieser neuen Beziehung Amy wieder in seine Obhut geben würden, bis Ihre eigene Scheidung geregelt wäre. Er sagt, Sie hätten die Unterhaltszahlungen von ihm nicht angenommen, solange Sie mit Townsend zusammen waren. Ist das richtig?«
    Sie hob protestierend die Hand. »Martin war niemals besonders –«, sie suchte nach einem Wort, »einsichtig.«
    »Sie hatten ein Verhältnis mit seinem Freund. Das wird ihn kaum gefreut haben.«
    »Das habe ich auch nicht erwartet«, war alles, was sie sagte.
    »Und dann?«
    »Dann hat es mit Eddy nicht geklappt, und wir sind hierher gekommen.«
    »Gibt es einen Grund dafür, dass es nicht geklappt hat?«
    Sie spielte mit dem Haar, das vor ihrem Gesicht herabhing. »Es war von Anfang an ein tot geborenes Kind. Wir wollten völlig unterschiedliche Dinge von einer Beziehung.«
    »Was wollten Sie?«
    »Entkommen«, antwortete sie schlicht.
    »Warum haben Sie die Unterhaltszahlungen nicht angenommen?«
    »Weil es dann kein Entkommen gegeben hätte.«
    »Und was wollte Edward Townsend?«
    »Sex.«
    »Und Gregory will das auch?«
    »Ja.«
    »Bei Ihnen geht das alles sehr fix«, stellte Tyler in mildem Ton fest. »Gerade waren sie noch mit einem Bauunternehmer in Southampton zusammen, da sind Sie schon bei einem Busfahrer in Portisfield gelandet. Wie genau ist das gelaufen?«
    »Wir haben fünf Wochen lang in einem Hotel gelebt.«
    »Warum?«
    »Es war anonym.«
    »Wollten Sie sich vor Ihrem Mann verstecken?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Weil er Amy zu sich geholt hätte?«
    «Ja.«
    »Wer hat das Hotel bezahlt?«
    »Ich. Mit meinen Ersparnissen.« Sie schwieg einen Moment. »Ich konnte nicht arbeiten, weil ich niemanden für Amy hatte, und nach einer Weile ging mir das Geld aus. Darum mussten wir uns etwas anderes suchen.«
    Er sah sich in der Küche um. »Aber warum einen anderen Mann? Warum haben Sie sich nicht beim Wohnungsamt gemeldet und sich jemanden gesucht, der auf das
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