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Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Der Montagsmann: Roman (German Edition)

Titel: Der Montagsmann: Roman (German Edition)
Autoren: Eva Völler
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dir?«
    »Hier ist Frau Hasenkemper«, sagte seine Putzhilfe am anderen Ende.
    »Ach nein, was du nicht sagst!«
    »Seit wann duzen wir uns?«, fragte Frau Hasenkemper.
    »Ist es wirklich so schlimm?«, wollte Fabio mit scheinheiliger Besorgnis wissen.
    »Nein, aber es kommt für mich unerwartet. Wir kennen uns schließlich erst seit zwei Wochen. Außerdem bin ich mindestens zwanzig Jahre älter als Sie. Da hätte ich es höflich gefunden, vorher gefragt zu werden. Weshalb ich anrufe … Ich fühle mich nicht so gut heute. Es ist wieder mein …«
    »Na gut, dann wird eben heute Abend nichts mehr aus unserem gemeinsamen Essen«, sagte Fabio.
    »Wieso? Hatten Sie mich denn eingeladen?«
    »Nein, aber das macht nichts. Ich liebe dich. Bis dann.«
    Er legte auf, bevor Frau Hasenkemper Einspruch erheben konnte. Wahrscheinlich hätte sie sich sowieso wieder nur krank melden wollen. Von drei Arbeitstagen in der Woche war sie höchstens an einem gesund genug zum Putzen. Entweder war es ihr Kreuz oder ihre Bandscheibe oder beides. Sogar als Teilzeitkraft war sie ein Totalausfall.
    »War sie das?«, fragte Giulio mit zusammengekniffenen Augen.
    Fabio nickte und stand auf. »Sie fühlt sich nicht gut.«
    »Ich dachte mir heute Nachmittag schon, dass bei ihr eine Migräne im Anzug ist«, warf Natascha ein.
    »Oder eine Grippe«, sagte Harry hustend. »Die Grippe grassiert zurzeit. Sehen Sie nur mich an. Ich habe sogar Fieber. Sie sollten besser gehen, bevor Sie sich am Ende noch anstecken.«
    Giulio achtete nicht auf die beiden. Er fixierte Fabio mit tödlichem Blick.
    »Willst du damit sagen, sie kommt überhaupt nicht zum Essen? Nicht mal zum Nachtisch?«
    »Sie hat wahnsinniges Kopfweh.«
    Giulio lief dunkelrot an. Dann stand er ebenfalls auf – und fing an, unter der Achsel rumzufummeln, wo er sein eigenes Schießeisen stecken hatte. »Du lügst«, rief er mit wutbebender Stimme. »Ich rieche Lügen hundert Kilometer gegen den Wind, vor allem deine. Es gibt sie gar nicht, diese Verlobte. Du bist immer noch scharf auf Raphaela!«
    Fabio wollte etwas sagen, aber die Worte erstarben ihm auf den Lippen.
    Giulio zog seine Pistole.
    E ine Dampflok war über sie hinweggerast. Oder eher ein ganzer ICE . Sie würgte, als sie in der Dunkelheit zu sich kam, und sie versuchte, ihre Befindlichkeiten so weit zu sortieren, dass sie sich wenigstens wieder bewegen konnte.
    Schlimmer als das hämmernde Kopfweh war das diffuse Gefühl, dass etwas Schreckliches passiert war. Die völlige Desorientierung, die sie daran hinderte, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen.
    Sie merkte, dass sie auf einem kahlen Steinboden lag, dass sie sich erbrochen hatte und dass ihr alle Knochen wehtaten. Am schlimmsten schmerzte ihr Kopf.
    Dann, mit einer Verzögerung von mehreren Atemzügen, wurde ihr klar, dass das alles nichts war im Vergleich zu der furchtbaren Tatsache, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie war. Und das wiederum war völlig harmlos angesichts der wirklich Grauen erregenden Gewissheit, dass sie nicht wusste, wer sie war.
    »Das glaub ich nicht«, murmelte sie. »Das ist ein Hangover. Ich habe zu viel getrunken.«
    Manchmal trank sie einen über den Durst, das fiel ihr in diesem Moment wieder ein. Vor allem, wenn es guten Champagner oder leckere Cocktails gab. Aber das half ihr in der Situation auch nicht weiter, zumal es für Champagner ganz offensichtlich momentan weder die richtige Zeit noch der richtige Ort war.
    »Was, zum Teufel, ist hier los?«, sagte sie laut. Immerhin, sie konnte sprechen. Leicht verwaschen und krächzend, aber ansonsten deutlich und fehlerfrei. Das war wenigstens etwas, auch wenn alles andere immer noch so bestürzend war, dass sie es nicht fassen konnte.
    Sie schaffte es sogar, sich auf Hände und Knie hochzurappeln und ein Stück weit vorwärts zu kriechen. Wer kriechen konnte, war noch lange nicht tot, so einfach war das.
    Trotzdem schaffte sie es kaum, ihre Panik unter Kontrolle zu bringen, während sie sich durch die Dunkelheit bewegte.
    »Ich bin eine Frau und kann denken«, erklärte sie. Das klang nicht schlecht für den Anfang. Aber es war noch nicht genug.
    »Du armes besoffenes Ding musst nur wieder richtig nüchtern werden«, befahl sie sich laut, während sie spürte, wie auf dem kratzigen Steinfußboden ihre Strumpfhosen zerrissen.
    Dieses Umherrobben konnte ihrer Kleidung nicht gut tun. Sie hatte den deutlichen Eindruck, dass vor allem ihre Schuhe für diese Art der Fortbewegung nicht
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