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Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist

Titel: Der Monstrumologe - Der Monstrumologe - The Monstrumologist
Autoren: Rick Yancey
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und zwei Tassen her. Zwar hatte der Doktor die zweite nicht verlangt, doch ich dachte mir, der alte Mann könnte eine Tasse gebrauchen, um seine zerrütteten Nerven zu beruhigen.
    »… auf halber Strecke, als der Boden einfach unter mir nachgab«, sagte der alte Grabräuber gerade, als ich mit dem Tablett hinunterstieg. »Als ob ich durch Zufall auf eine Höhle in der Erde gestoßen wäre. Ich fiel mit dem Gesicht voran auf den Sarg. Keine Ahnung, ob mein Sturz den Deckel zerbrochen hat, oder ob er von den … ob er schon zerbrochen war, bevor ich fiel.«
    »Schon vorher, ohne Zweifel«, entgegnete der Doktor.
    Als ich zurückkam, sah ich, dass sie sich nicht von der Stelle bewegt hatten, seit ich sie verlassen hatte: Der Doktor lehnte nach wie vor am Geländer, der alte Mann saß zitternd auf dem Hocker. Ich bot ihm etwas Tee an, und er nahm die angebotene Tasse dankbar entgegen.
    »Ach, ich bin völlig durchgefroren!«, wimmerte er.
    »Das war ein sehr kalter Frühling«, bemerkte der Doktor. Er kam mir gelangweilt und erregt zugleich vor.
    »Ich konnte es doch nicht einfach dort lassen«, erklärte der alte Mann. »Es wieder zudecken und zurücklassen? Nein, nein. Ich habe mehr Respekt. Ich fürchte Gott. Ich fürchte das Strafgericht des Jenseits! Ein Verbrechen, Doktor. Eine Scheußlichkeit! Sobald ich also wieder einen klaren Kopf hatte, zog ich sie mit dem Pferd und einem Stück Seil aus dem Loch, wickelte sie ein … und brachte sie hierher.«
    »Sie haben das Richtige getan, Erasmus.«
    Es gibt nur einen Mann, der wissen wird, was zu tun ist, sagte ich zu mir. »Vergeben Sie mir, aber Sie müssen wissen, was man sich über Sie und die merkwürdigen Vorgänge in diesem Haus erzählt. Nur die Tauben wüssten nichts von Pellinore Warthrop und dem Haus in der Harrington Lane!«
    »Dann habe ich ja Glück«, meinte der Doktor trocken, »dass Sie nicht taub sind.«
    Er ging an die Seite des alten Mannes und legte ihm beide Hände auf die Schultern.
    »Sie besitzen mein Vertrauen, Erasmus Gray. So wie ich sicher bin, dass ich Ihres besitze. Ich werde zu niemandem von Ihrer Beteiligung an diesem ›Verbrechen‹, wie Sie es nennen, sprechen, so wie ich sicher bin, dass Sie bezüglich meiner den Mund halten werden. Und nun, für Ihre Mühe …«
    Er zog ein Bündel Banknoten aus der Tasche und stopfte dem alten Mann die Scheine in die Hände. »Ich will Sie nicht drängen, aber jeder Moment, den Sie bleiben, bringt sowohl Sie als auch meine Arbeit in Gefahr, was mir beides sehr viel bedeutet, wenngleich das eine vielleicht ein bisschen mehr als das andere«, fügte er mit einem angespannten Lächeln hinzu. Er richtete das Wort an mich. »Will Henry, geleite unseren Besucher zur Tür!« Dann wandte er sich wieder an Erasmus Gray. »Sie haben dem Fortschritt der Wissenschaft einen unschätzbaren Dienst erwiesen, Sir.«
    Der alte Mann schien sich mehr für den Fortschritt seines Vermögens zu interessieren, denn er glotzte mit offenem Mund auf das Geld in seinen immer noch zitternden Händen. Dr. Warthrop nötigte ihn mit sanfter Gewalt, aufzustehen und sich zur Treppe zu begeben, wobei er mich anwies, nicht zu vergessen, die Hintertür zu verschließen und meine Schuhe zu suchen.
    »Und verplempre keine Zeit, Will Henry! Wir haben Arbeit, die für den Rest der Nacht reicht. Mach fix!«
    Der alte Erasmus stockte an der Hintertür, eine schmutzige Pratze auf meiner Schulter, mit der anderen den ramponierten Strohhut umklammernd, und kämpfte mit seinen Triefaugen gegen den Nebel an, der inzwischen sein Pferd und seine Karre vollständig verschluckt hatte. Das Schnauben und der Hall der stampfenden Hufe auf den Steinen waren der einzige Beweis für die Existenz des Tiers.
    »Warum bist du hier, Junge?«, fragte er plötzlich, wobei er meine Schulter fest drückte. »Das ist keine Beschäftigung für Kinder.«
    »Meine Eltern sind bei einem Brand ums Leben gekommen, Sir«, antwortete ich. »Der Doktor hat mich aufgenommen.«
    »Der Doktor«, echote Erasmus. »So nennen sie ihn – aber wovon genau ist er ein Doktor?«
    Des Grotesken , hätte ich antworten können. Des Bizarren. Des Unaussprechlichen. Stattdessen gab ich ihm dieselbe Antwort, die der Doktor mir gegeben hatte, als ich ihn kurz nach meiner Ankunft in dem Haus in der Harrington Lane gefragt hatte. »Philosophie«, sagte ich mit wenig Überzeugung.
    »Philosophie!«, rief Erasmus leise. »So würde ich es nicht nennen, so viel steht fest!«
    Er quetschte
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