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Der Mond bricht durch die Wolken

Der Mond bricht durch die Wolken

Titel: Der Mond bricht durch die Wolken
Autoren: Edmund Crispin
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rollte.
    »Hadder gar nich«, wiederholte Gobbo jetzt. Padmore, der den Mund geöffnet hatte, um dem Major zu antworten, schloß ihn langsam wieder. Er und der Major drehten sich Gobbo zu wie Geschütztürme eines Kriegsschiffes in der Wochenschau. Fen löffelte versonnen ein ausgewähltes Stück Bengal Club aus dem Glas und aß es mit den Fingern.
    Der Major fragte: »Wer hat gar nicht was getan, Gobbo?«
    »Er haddnich umgebracht.«
    »Hagberd hat Routh nicht umgebracht? Aber, mein lieber Freund, das ist doch Unsinn. Wir wissen, daß er es getan hat.«
    »Haddernich«, sagte Gobbo.
    Diese Bemerkung-hatte, wenn auch undeutlich, eine große Wirkung, so daß der Major sich gehalten sah, ein paar Augenblicke zu pausieren, bevor er das Thema weiterverfolgte. Dann sagte er: »Aber warum, Gobbo? Die Polizei war mehr oder weniger überzeugt. Wie kommen Sie darauf, daß sie sich geirrt hat?«
    Gobbo bewegte lautlos den Kiefer. Er dachte nach. Schließlich sagte er: »Will Ihn’ sagen, warum.«
    Goldübergossen und gewärmt vom stetigen Oktober-Sonnenlicht, warteten sie so geduldig wie möglich darauf, daß Gobbo weitersprach. Isobel Jones war in einem Nebenraum verschwunden, aus dem Klirren und Poltern verriet, daß sie Flaschenkisten umherhievte. Der Whippet Fred, nicht mehr neugierig auf Fens Sack, hatte sich wieder zu den Menschen gesellt und stieß mit der Schnauze die Gummispitze des angelehnten Spazierstocks an, den der Major wegen seiner Arthritis benutzte. Wie die meisten Hunde verabscheute Fred Gaststuben, und den Stock des Majors umzustoßen war eine seiner gewohnten Methoden, um erkennen zu lassen, daß nach seiner Meinung die Zeit zum Aufbruch gekommen war.
    Die Stille dehnte sich.
    Fen wischte sich die Finger an seinem Taschentuch ab und zündete sich eine Zigarette an. Endlich begann Gobbo, abrupt zu sprechen.
    »Will Ihn’ sagen, warum«, sagte er noch einmal.
    Der Stock des Majors fiel klappernd zu Boden.
    »Ja, nun, mein lieber Freund, dann erzählen Sie es uns schon«, sagte der Major und hob den Stock mit der Gewandtheit langer Übung auf.
    Wieder bewegte sich Gobbos Kiefer, diesmal mit einem schnarchenden Geräusch. Er sammelte Speichel, mutmaßlich in der Absicht, weiterzusprechen. Wieder warteten sie. Als Gobbo aber nach einer spannungsgeladenen Pause immer noch nicht weitersprach, begriffen sie plötzlich, daß sich sein Geist vom Thema gelöst hatte und rasch davontrieb.
    »Schnell! Einholen!« sagte Padmore erregt, und der Major rief mit militärischer Schärfe: »Gobbo! Beantworten Sie bitte die Frage!«
    Zum Glück war Gobbo nie beim Militär gewesen, so daß das wirkte.
    »Ahm«, sagte er. Die Strömung hatte kehrtgemacht, und er näherte sich wieder dem Land.
    »Ahm. Ahm, ähm.« Schlagartig erfaßte ihn ein Energieanfall. »Hadder gar nich«, begann er doppio movimento, accelerando zu rekapitulieren. »Er haddennich umgebracht. Will Ihn’ sagen, warum. Dieweil«, kam triumphierend die Koda, allegro assai, »ich midd im geredet hab’.«
    Padmore starrte ihn an.
    »Mit Hagberd geredet?«
    »Hja.«
    »Wann?«
    »Hja.«
    »Konzentrieren, Gobbo!« sagte der Major streng. »Sie haben wann mit Hagberd gesprochen?«
    »Hja.«
    »Konzentrieren! Sie versuchen uns klarzumachen, daß Sie zu dem Zeitpunkt, als er angeblich Routh tötete, mit Hagberg gesprochen haben?«
    »Hja.«
    »Und sie sind ganz sicher, daß Sie wissen, wann das war? Ich meine: das Datum und die Tageszeit?«
    »Voll bekloppt war er.«
    »Ja, ja, mein Lieber, das wissen wir alles. Was ich frage, ist, wann war das?«
    Gobbo verfiel wieder in Schweigen, aber diesmal erkennbar deshalb, weil er dem fraglichen Thema seine ganze Aufmerksamkeit widmete.
    »Zweiundzwanzigster«, verkündete er schließlich entschieden.
    »Am zweiundzwanzigsten August… nun, das stimmt allerdings«, sagte der Major, dessen Stimme sich wieder in Zivil geworfen hatte. »Das stimmt durchaus.«
    »Montag«, ergänzte Gobbo, von seinem Erfolg ermutigt.
    »Ja, das ist ebenfalls richtig. Es war ein Montag. Und die Zeit?«
    »Halb acht, wie ich geh’.«
    »Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie um halb acht Uhr hier mit Hagberd gesprochen haben?«
    »Hja.«
    »Aber, mein lieber Freund, das kann nicht sein. Sie wären beide von den Leuten gesehen worden.«
    »Wir sin’ draußen unnerm Baum gewes’n.«
    »Oh… Sie schieben Gobbo jeden Abend hier um halb acht Uhr hinaus«, flüsterte der Major erklärend Padmore zu, dessen Augen von der Anstrengung, alles zu
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