Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der mieseste Liebhaber der Welt

Der mieseste Liebhaber der Welt

Titel: Der mieseste Liebhaber der Welt
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
vermutlich niemand begegnen würde, den wir tagsüber in Hamburg beim Bäcker treffen könnten.
    »Für ein Paar kostet es bei uns 50   Euro Eintritt, der einzelne Herr zahlt 80   Euro, die Dame allein ist jederzeit umsonst willkommen«, leierte Elsbeth die Preisliste herunter, »im Eintritt inbegriffen
     ist natürlich auch unser liebevoll zubereitetes Buffet.«
    Ich bremste Elsbeth, bevor sie uns die Speisekarte vorlas.
    »Was zieht man denn bei euch so an?«
    »Ach, da gibt es keine Regeln. Aber so ein bisschen erotisch wäre schon nett, das Auge isst ja auch mit.«
    Das konnte ich nach einem weiteren Blick auf Elsbeth bestätigen, allerdings wurden hier definitiv keine Kalorien gezählt.
     Und ein »bisschen erotisch« konnte eine Menge bedeuten.
    Elsbeth führte uns in eine Art Umkleidekabine. So was hatte ich zuletzt in der Schule gesehen. Ein paar Spiegel, vierWaschbecken und eine Menge Spinde. Elsbeth teilte uns die Nummer 18 zu.
    »Hier drin könnt ihr eure Kleider verstauen, die Wertsachen bringt ihr besser mit nach oben zu unserer Barfrau Saskia, dafür
     können wir leider keine Haftung übernehmen.«
    Aha. Offenbar war auch der gemeine Swinger nicht vor Eigentumsdelikten gefeit.
    Elsbeth empfahl sich in den »Barbereich«, wie sie meldete, »man sieht sich!«
    Annie und ich brauchten zehn Minuten, um uns
swingerfein
zu machen. Ich wählte schwarze Boxershorts aus Seide für meine Premiere aus, Annie ging als Olympiaschwimmerin. Den famosen
     Zweiteiler, den sie da trug, hatte ich schon oft in 5 0-Meter -Becken gesehen, aber noch nie in einem
sexy spot
vom Deutschen Sportfernsehen. Auf unsicheren Beinen wackelten wir in den Barraum. Jetzt weiß ich auch, wie sich Rinder fühlen,
     wenn sie im Schlachthof eintrudeln. (Oder Mädels in Schaufenstern in der Herbertstraße.) Interessant   … Etwa fünfzehn Swinger beiderlei Geschlechts hockten schweigend auf hölzernen Barhockern an einer rosa beleuchteten Theke
     vor Bieren und Piccolöchen und glotzten uns wortlos an. Ich wartete bloß noch auf ein Zeichen des Kampfgerichts: »Meine Damen
     und Herren aus der Jury, die Wertungen bitte!« Wir grüßten verlegen in die Runde, was einigen von ihnen immerhin ein knappes
     Nicken entlockte, und suchten uns einen freien Platz an der Theke. Mit einer Kopfbewegung wiesen wir Saskia an, einzuschenken.
     Egal was, nur viele Umdrehungen und schnell. Es dauerte ein paar Minuten, bis wir uns akklimatisiert und nicht mehr das Gefühl
     hatten, wir würden gleich in 10 0-Gramm -Portionen ans Volk verteilt. Die Bar ähnelte einem Clubraum von Briefmarkensammlern. (So stelle ich mir den jedenfalls vor.)
     Ein paar billige Resopaltische, ein bisschen schmiedeeisernesKunsthandwerk und eine Ansammlung nicht zueinanderpassender Stehlampen, die man mit roten Glühbirnen ausgestattet hatte. Hinter
     der Bar dienten Partylichterketten als Lichtquelle. Der einzige Hinweis, dass in diesen Räumlichkeiten gepflegte Ferkeleien
     angebahnt wurden, war ein farbiges Poster im Pin-up-Stil, auf dem ein kopulierendes Paar an einem Bergsee zugange war. Der
     Künstler kam wohl ursprünglich aus der naiven Berg- und Bauernkunst und hatte einen Ausflug in die erotische Malerei gewagt.
     Stellen Sie sich Luis Trenker auf Viagra vor, dann sind Sie nahe dran.
    Die meisten unserer Mitswinger hielten offenbar nichts von diesem modischen Trend, sich gesund und maßvoll zu ernähren. Eine
     Haltung, der sie durch die Wahl ihrer Garderobe selbstbewusst Ausdruck verliehen. Wie es einzelne adipöse Damen geschafft
     hatten, sich in ihre fleischfarbenen Trikots einzuschweißen, war ein Mysterium. Das war nicht meine einzige Frage: Was Männer
     dazu veranlasst, Stringtangas zu tragen, wird mir ebenfalls für immer ein Rätsel bleiben. Selbst bei gut gebauten Strandgöttern
     wirkt so ein Lätzchen unglaublich albern. Als Zierfaden aber für faltige, weiße Mittelalter-Hintern oder breit gesessene Sofamonde
     wirken Tangas wie biologische Waffen: Man möchte auf der Stelle blind werden. In der »Sonnenlust« hatten sich gleich mehrere
     Herren für diese sexy Variante entschieden. Annie würgte leise, wann immer ihr Blick sich in ihre Richtung verirrte. Zugegeben
     – es waren hier auch ein paar ganz knackige Paare am Start mit Körpern, die noch nicht der Verwahrlosung übereignet worden
     waren.
    Eines dieser Paare hatte uns schon einige Zeit aus den Augenwinkeln beobachtet. Sie im durchsichtigen weißen Top und er in
     roten Boxershorts, spielten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher