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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd
Autoren: Thomas Raab
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gewichtige Mann geht nicht unter bei so kleine Arme- und Beinetempo! Liegt wahrscheinlich an Luftpolster in Badehose! Wendige Schwimmer passt nicht, aber mit Dauerschwimmen könnte klappen!«
    Gemächlich schwimmen die beiden nebeneinanderher, die tief stehende Sonne wirft ihre Strahlen ins grünlich schimmernde Wasser. Lange Zeit gleiten sie schwerelos dahin. Leicht fühlt sich alles an.
    Und wie der Willibald dann langsam aus dem Wasser steigt, spürt er auch in Anbetracht der doch erheblichen zu bewältigenden Körpermasse, dass sie wieder zurück sind: seine inneren Kräfte.
    Und so wird später, an diesem lauen Sommerabend, ihr letzter Spaziergang entlang des Seeufers ein glückerfülltes Dahinschlendern, jeder in sich versunken voll Vorfreude auf zu Hause. Wobei der Metzger zwecks Psychohygiene beschließt, die Biedermeier-Esszimmergruppe unrenoviert zum Verkauf anzubieten. Er braucht diesbezüglich absolut kein Erinnerungsstück in seinem Leben: nicht den Tisch mit den acht Stühlen als skurriles Schaubild einer erschütternden Familienaufstellung und auch nicht den lieblichen Beistelltisch im Abseits, für den der Metzger bei seinem kleinen Gedankenexperiment keine Person mehr übrig hatte. Und gut ist es, dass er dieses namenlose Unikat nicht behält, denn obwohl es nicht wirklich zur Esszimmergruppe dazugehört, seine Verwandtschaft ist ihm deutlich anzusehen.
    Bis zur letzten Bank am Ostufer des Sees marschieren sie in seliger Zufriedenheit dem selbst ernannten Leitwolf Edgar hinterher. Dort fällt dann wortlos der einstimmige Beschluss, Platz zu nehmen, zu dritt, um dem versinkenden Tag zusehen zu können.
    Hier sitzt er, Willibald Adrian Metzger, rechts von ihm eine etwas schwer atmende, lächelnde, wunderschöne Frau, seine Frau, links von ihm der zum Kind der Kinderlosen, Einsamen oder Menschheitsverächter vermenschlichte Hund, sein Hund.
    »Wie eine kleine Familie«, geht es ihm gerührt durch den Kopf.
    Kein Wunder, dass dem Metzger, dem einst ewigen Einsiedler, bei solchen Gedanken einmal mehr das größte Wunder seines bisherigen Lebens bewusst wird: Danjela Djurkovic.
    Behutsam nimmt er ihre Hand, während sie zusammen dem letzten Leuchten der untergehenden Sonne hinterherblicken. Es gäbe wohl kein schöneres Motiv für einen der von Danjela bevorzugten Herz-Schmerz-Filme. Willibald Adrian Metzger weint.
    »Ich bin so froh, dass es dich gibt. So froh!«, flüstert er hinaus zum schimmernden See.
    68
    Anton & Ernst – Die Letzte
    Anton: Jetzt schaust du aber…!
    Ernst: Wie oft noch?
    Anton: Wie oft noch, was?
    Ernst: Wie oft muss ich dir noch sagen, was du für ein Teufelskerl und Draufgänger bist – der übrigens aus lauter Dickköpfigkeit beinah selbst draufgegangen wäre. Ja, du als überraschender König der Lüfte hast das Unmögliche möglich gemacht, und ja, du hast recht gehabt: Alles darf man sich wünschen! Wir sind wieder zu Hause. Dank dir. Dir ganz allein. Du bist knallhart wie ein Killer, obwohl du kein Killerwal bist, bist ein Hammer, obwohl du kein Hammerhai bist, bist einfach spitze, und deshalb bist du auch ein Spitzenhai. Zufrieden?
    Anton: Nicht schlecht. Trotzdem, obwohl ich der Ansicht bin, dass du dich gar nicht oft genug bei mir bedanken kannst, hab ich das nicht so gemeint!
    Ernst: Was hast du nicht so gemeint?
    Anton: Das mit dem ›Jetzt schaust du aber‹. Du hast mich nämlich wieder einmal, wie du das übrigens die ganze Zeit machst, nicht ausreden lassen. Damit kannst du jetzt ein für alle Mal aufhören, denn jemanden unterbrechen heißt nichts anderes, als diesen jemand nicht richtig ernst nehmen. Und jemand, der Ernst heißt, wird…
    Ernst: Ich hab dich schon verstanden!
    Anton: Nein, verdammt noch mal, hast du offenbar nicht!
    Ernst:  –
    Anton: –
    Ernst: Du hast ja recht, tut mir leid. Ehrlich. Also, wie hast du's dann gemeint?
    Anton: Ich wollte sagen: Jetzt schaust du aber bitte kurz mal hinauf.
    Ernst: Ach so.
    Anton: Na, jetzt schau schon!
    Ernst: Ich fass es nicht! Mensch, da schwimmt ja ein Poseidonopfer!
    Anton: Mensch ist richtig, weil Pferd ist es schon wieder keins. Aber so schlecht hat der letzte Happen ja auch nicht geschmeckt.
    Ernst: Wahnsinn, was der für ein riesiges silbernes Glitzerteil mit sich herumschleppt. Und schau, der hat ja Flossen!
    Anton: Das nennt man, glaub ich, Zehen.
    Ernst: Das weiß ich schon. Aber die zwei großen da, die eigentlich gewaltig großen, das sind ja keine Zehen mehr, das sind Seegurken.
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