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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs
Autoren: Mikael Niemi
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ihre Haare mausgrau, sie war mager, starr im Gesicht von Betablockern. Ihr Mittäter war augenscheinlich älter und hatte sein dünnes Haar feucht nach hinten über den Schädel gekämmt. Wie viele Gewalttäter wirkte er bei Tageslicht fast lethargisch. Da fehlte etwas. Ohne Alkohol, ohne Drogen war der Körper kaum steuerbar. Die Energie war verschwunden, er hustete und saß mit hochgezogenen, schmalen Schultern da. Ab und zu zog er eine Tablettenschachtel heraus und fummelte ungemein langsam eine mickymausförmige Tablette hervor, die er sorgfältig ganz vorn auf der Zungenspitze platzierte. Die Angeklagten trugen beide blau-gelbe Trainingsanzüge, die aus irgendeinem Großmarkt stammten, den Anzügen der schwedischen Handballmannschaft ähnlich. Elisabeth Perm blätterte noch einmal in ihren Papieren. Sie weigerten sich weiterhin zu reden, und man hatte immer noch nicht ihre Identität feststellen können. Doch das würde ihnen nichts nützen. Nicht nach dem Fund bei Ockelbo. Als die Techniker von dort zurückgekommen waren, hatte man das sorgfältig vergrabene Versteck gefunden, das sogar der Hund bei der ersten Untersuchung übersehen hatte. Eine wasserdichte, hermetisch verschlossene Plastiktonne mit Diebesware von früheren Tourneen. Unter anderem mit dem entscheidenden Beweis. Zwar von Fingerabdrücken gesäubert, doch trotzdem unwiderlegbar. Eine Brieftasche aus braunem Leder, ohne Bargeld, doch der Führerschein steckte noch drin. Der von Martin Udde.
    Um es dem Gericht zu erleichtern, war sie mit den Anwälten übereingekommen, die provisorischen Namen Adam Svensson und Berit Johansson zu benutzen. Hinter den Namen standen ihre provisorischen Personenkennziffern, die während der Gerichtsverhandlung galten. Ihr Schweigen würde ihnen nicht helfen. Sie waren zwangsgetauft und festgenagelt. Niemand entkam den Behörden.
    Adam und Berit, stellte der Sprecher des Gerichts fest.
    Sicher Oststaatler, dachte Elisabeth Perm.
    Piff paff, dachte Sune Niska wieder. Er beugte sich auf dem Stuhl vor und hätte sich gern den Mantel ausgezogen. Wenn sich das denn gehörte. Es tat ihm immer noch zwischen den Schulterblättern weh, dort, wo der Stuhl ihn getroffen hatte, etwas war da drinnen kaputtgegangen. Ligamente, Sehnen, es war ein Schaden entstanden. Er würde damit leben müssen. Am schlimmsten war es beim Holzhacken, da konnte er nicht mehr so richtig zupacken. Er würde nie wieder mit eigener Hand Holz hacken können.
    Draußen war es schön. Gebirgswanderwetter. Auf die Spitze des Dundretmassivs hatte sich der erste Schnee gelegt, aber unten im Birkenwald leuchteten die Flechten und das Gestrüpp immer noch in den brennenden Farben des Herbstes. Alles Leben bereitete sich auf den Winter vor. In den Bergschluchten schlurften die Bären, fahrig etwas in sich hinein stopfend, mit dicken Fettringen um die Schenkel und über den Rücken, den langen Schlaf erwartend.
    Berit Johansson zog sich halb auf ihren Krücken hoch und hustete trotzig. Ihre Zunge war blau von den Medikamenten. Sie starrte hämisch Elisabeth Perm an, die regungslos dasaß und ernst auf ihre Papiere schaute, geduldig darauf wartend, weitermachen zu können. Der Vorsitzende klopfte nicht mit seinem Hammer, so ging es nur in amerikanischen Filmen zu, er zeigte mit einem fleischigen, muskulösen Finger auf die Angeklagten und sagte energisch:
    »Hören Sie!«
    Berit Johansson zuckte zusammen, als hätte sich die Fingerspitze in den untersten Teil ihres Brustkorbs gebohrt, und setzte sich schnell auf ihrem Stuhl zurecht. Sie warf ein paar trotzige Fixerblicke in den Saal, versuchte Adam Svenssons Blick einzufangen, was ihr jedoch nicht gelang. Die Beamtin neben ihr trug ein hellblaues Uniformhemd, Hosenträger und einen dicken, kastanienbraunen Zopf im Nacken. Sie hatte ihre Hand auf den Unterarm der Angeklagten gelegt, jederzeit bereit, einen Polizeigriff anzuwenden. Wenn die Lage es erforderte. Eine verschärfte Lage. Der Beamte neben Adam Svensson betrachtete das Schauspiel mit gelben Luchsaugen, kurz davor, einzugreifen. Es war zu merken, dass er ihr Vorgesetzter war, der Erfahrenere. Es war ebenso deutlich zu merken, dass er sich von ihr angezogen fühlte. Die Luchsaugen suchten immer und immer wieder den Zopf im Nacken, er löste ihn auf, bohrte seine spitze Nase hinein und biss sich fest, ganz fest, bis es ihr kam.
    Die Tür wurde geöffnet, und ein leichter Windzug fuhr durch den Saal. Die Nächstsitzenden drehten den Kopf.
    Nederhed, dachte
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