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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde
Autoren: Tobias O. Meißner
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uns passt. Wir wollen doch unseren Leuten ein Zuhause
bieten.«
    Â»Dann gehe ich in deine Kammer, und du bleibst hier.«
    Â»Das geht doch nicht! Du bist schwanger. Du bist Schmetterling. Du
brauchst ein Fenster, um …«
    Â»Für zwei oder drei Nächte macht mir das nichts aus. Sieh es als
eine raffinierte List an, dich möglichst schnell wieder auf die Beine zu
bringen. Und mach dir keine Sorgen wegen der Lakritze. Ich bringe sie dir.«
    Ã„chzend rollte Rodraeg sich auf dem Bett zusammen und war schon
eingeschlafen, als sie das Tellerchen lautlos neben sein Kopfende stellte.

2

Die Straßen von Warchaim
    Am 8. und 9. Blättermond lernte Rodraeg
die unsichtbaren Helfer kennen, die ihn durch die lange Zeit seines Schlafes
begleitet hatten: Hebezie aus dem Siechenhaus mit ihren silbern schimmernden
Haaren, die täglich gekommen war, um ihn gegen das Wundliegen zu bewegen, die
seinen Körper sauber gehalten hatte und die Heilung seiner Herzwunde mit
Verbänden und Kenntnis unterstützte. Und Samistien Breklaris, der hoch
aufgeschossene Kräuterhändler, der einmal die Woche vorbeigeschaut hatte, um
mit Tinkturen auszuhelfen, mit Tee und der einen oder anderen Salbe.
    Als Rodraeg Breklaris wiedersah, wurde
ihm zum ersten Mal bewusst, wie großartig es eigentlich war, den Husten los zu
sein. Auf der gesamten Rückreise von der Höhle des
Alten Königs war keine Zeit gewesen,
pausenlos hatte sich Bizarres und Furchterregendes ereignet, und außerdem
hatten sie der Bande der Ritterin gegenüber mannhaft und unsentimental wirken
müssen, um überhaupt respektiert zu werden. Rodraeg hatte sich über das
Geschenk seines erneuerten Körpers nicht gebührend freuen können. Aber nun war
es so weit. Die Schwarzwachsvergiftung war Vergangenheit. Der Herzschuss
ebenfalls – so unglaublich das auch klang – ausgeheilt.
    Ein Neuanfang. Eine neue Geburt. Nichts weniger als das war es.
    Und mit dem Neuanfang kamen die Sorgen. Um Bestar und Eljazokad vor
allem. Aber auch um Hebezie und Breklaris.
    Â» Keiner, der’s hegte, wird von mir verschont «,
zitierte Rodraeg Naenn gegenüber. »Das trifft für diese beiden ganz besonders
zu. Sie haben mich gehegt und gepflegt, mehrere Wochen lang. Ich fürchte um
ihre Sicherheit.«
    Â»Wir brauchen sie jetzt nicht mehr.«
    Â»Ja. Wir können sie nach Hause schicken und sich selbst überlassen.
Aber möglicherweise hat DMDNGW sie bereits ausgespäht
und zu Mitgehangenen erklärt.«
    Â»Mitgehangenen?«
    Â»Mitgefangen, mitgehangen. Das ist ein alter, skrupelloser
Menschenspruch. Ich möchte gerne mit den beiden sprechen.«
    Naenn arrangierte, dass die Heleleschwester und der Kräuterhändler
sich mit Rodraeg im Versammlungszimmer trafen. Der Kräuterhändler nahm sogar
seinen federbehangenen hohen Hut ab und stellte ihn vor sich auf den Tisch.
    Â»Zuerst einmal«, begann Rodraeg, »möchte ich Euch beiden für Eure
Hilfe danken. Was ohne Euch aus mir geworden wäre, möchte ich mir lieber gar
nicht erst vor Augen führen. Es ist jedoch ein kleines Problem aufgetaucht.
Unser Haus hat einen Drohbrief erhalten, in dem auch jene, die uns
unterstützen, ausdrücklich als gefährdet bezeichnet werden. Der Urheber dieses
Briefes ist uns unbekannt; es handelt sich entweder um eine Verwechslung, eine
falsche Anschuldigung oder um irgendjemanden, dem wir im Verlauf unserer
Tätigkeiten auf die Zehen getreten sind. Wie jeder Besitzer eines kleinen Geschäftes
verstehen wird, begegnet man Neidern und Missgünstigen, selbst wenn man sich
selbst der Rechtschaffenheit verpflichtet sieht. Meine Sorge gilt nun Eurem und
unserem Wohlergehen. Ich will, dass Ihr Euch darüber im Klaren seid, dass möglicherweise ein oder mehrere unbekannte Attentäter
hinter Euch her sein könnten. Von heute an bis zum Beginn des Nebelmondes, denn
bis dahin soll laut Drohbrief alles vorüber sein. Ich will auch, dass Ihr
wisst, dass wir unser Bestes tun werden, Euch zu schützen. Wir würden Euch für
die kommenden zwei Wochen gern kostenlose Unterkunft in unserem Gästezimmer
anbieten, allerdings fürchte ich, dass Euch dies nur umso mehr in die
Blickrichtung unserer Bedroher rücken würde. Wir werden
nämlich auf jeden Fall bedroht, unser Haus ist also nicht vollständig sicher.
Ob Ihr bedroht werdet, steht gar nicht fest, es steht
lediglich zu
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