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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman
Autoren: PeP eBooks
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habe, ist noch kein überzeugendes Mordmotiv.«
    »Da bin ich anderer Meinung. Geldmotive sind immer gut. Ihr Schwiegervater hat testamentarisch verfügt, dass Sie nichts erben, wenn Ihre Frau stirbt. Ganz schön clever, der alte Herr. Und wenn Sie ihr einen Scheidungsgrund liefern, bekommen Sie keine Abfindung. Sie könnten es also gar nicht riskieren, sich erwischen zu lassen.«
    »Sie können unmöglich eine Anklage auf die These stützen, dass meine Frau mir einen harmlosen kleinen Seitensprung nicht verzeihen würde. Das Gericht würde Sie auslachen. Jeder Mensch geht mal fremd.«
    Und jeder Mensch lügt.
    »So wie sie Ihnen die Unterschlagungen verziehen hat, meinen Sie? Sie hat vertuscht, dass Sie Aktien verkauft haben, die Ihnen nicht gehörten, und sie hat vertuscht, dass Sie unrechtmäßigerweise einen Kredit auf die Eigentumswohnung aufgenommen haben. Wegen dieser Dinge würde Ihre Frau Sie wohl wirklich nicht vor Gericht bringen. Schon deshalb nicht, weil die Aktionäre darauf womöglich nervös reagieren könnten. Aber wenn es um Ehebruch geht, kennt sie bestimmt keinen Pardon.«
    »Auch eine angedrohte Scheidung ist als Mordmotiv nicht viel wert.«
    »Nein? Wenn Angel sich von Ihnen scheiden lässt, stehen Sie vor dem Nichts. Sie haben sich vertraglich sogar verpflichten müssen, das Sorgerecht für den eigenen Sohn der Familie Ihrer Frau zu übertragen, falls Angel stirbt. Der Alte hat Ihnen nicht von hier bis zur nächsten Ecke getraut.«
    Kiplings Körpersprache verriet, dass er einen neuen Anlauf vorbereitete. »Meine Frau ist frigide, ich darf sie nicht mal mehr anfassen. Aber ich brauche eine Frau. Und ich habe Amanda nicht umgebracht.«
    Sie hatte von Anfang an gewusst, dass die Lösung simpel und enttäuschend sein würde. Jetzt brauchte sie nur noch dafür zu sorgen, dass er vor laufenden Kameras weiterredete und sich in Widersprüche verwickelte. Harry Kipling war der typische Lügner. Er erklärte zu viel, plusterte sich zu sehr auf. Und jetzt ließ er sich endlos über Amandas tragischen Tod aus – und über seine eigene Tragödie, die ihm weit wichtiger war.
    Sein Leben lang hatte er auf seine Chance gewartet, bis dann eines Tages diese reiche Erbin auf der Bildfläche erschienen war. Jetzt, da er scheinbar ein gemachter Mann war, konnte oder wollte er nicht begreifen, dass er vor einem Scherbenhaufen stand. Die Lügerei funktionierte nicht mehr, trotzdem log er unentwegt weiter.
    »Die Abtreibung war Amandas Entscheidung«, sagte er. »Mir kann daraus niemand einen Vorwurf machen.«
    Sie wollte es deiner Frau sagen.
    »Aber letztlich hat Amanda sich dann von mir überzeugen lassen.«
    Durch einen Schlag auf den Kopf.
    »Ich habe Amanda geliebt. Ich liebe alle Frauen.«
    Du liebst sie zu Tode.
    »Ihre Blutgruppe ist B positiv«, fuhr Mallory dazwischen.
    Harry Kiplings Gesicht erstarrte.
    »Sie haben Amanda am See ermordet, sind weggelaufen und später noch mal zurückgekommen, um ihr die Hände zu zerschlagen. Sie haben Ihre Sache sehr gründlich gemacht.«
    »Sie reden, als ob Sie dabei gewesen wären.«
    Mallory lächelte.
    Charles rannte, ja, er fiel fast die Stufen hinunter und drängte sich an den treppauf hastenden Passanten vorbei. Vor dem Fahrkartenschalter kramte er in hektischer Eile Kleingeld für den U-Bahn-Chip zusammen. Der Mann hinter dem kugelsicheren Glas erledigte irgendwelchen Papierkram und machte sich dann gemächlich ans Abzählen von Dollarscheinen, ohne auf sein verzweifeltes Klopfen zu reagieren. Fauchend fuhr der Zug ein. Im allerletzten Moment bekam Charles seinen Chip und drängte sich durch die Menge.
    An der Sperre warf er den Chip ein und hastete zum Zug, dessen Türen sich schon schlossen. Er schob eine Hand in den Türspalt, überredete das elektronische Auge, die Tür noch einmal aufzumachen, dann quetschte er sich zwischen die anderen Fahrgäste, die ihm seine Größe sichtlich übelnahmen.
    Der Zug hatte sich schon in Bewegung gesetzt, als eine Ansage über den Lautsprecher kam. Sie hörte sich an, als ob der Mann am Mikrophon des Englischen nur unvollkommen mächtig war und beim Sprechen ein Frühstücksbrot kaute.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Charles eine Frau, deren gelangweilte Miene verriet, dass sie so was nicht zum ersten Mal erlebte. Sie zuckte nur die Schultern. Statt ihrer antwortete Amanda, die an seiner Seite geblieben war. Sie bestätigte seine schlimmsten Befürchtungen. »Was sie immer sagen. Wohin du auch willst, es ist sowieso die
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