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Der Lord ihres Herzens

Titel: Der Lord ihres Herzens
Autoren: Christina Brooke
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immer, wie ich sehe. Ich glaube, dass es jetzt gleich losgeht. Wollen wir?“
    Die Countess ergriff den dargebotenen Arm bereitwillig und blinzelte den Charmeur geschmeichelt an. Während Mr Trent die Countess fortführte, zwinkerte er Jane über die Schulter hinweg zu. Sie bedankte sich wortlos, und er nickte leise lächelnd.
    Der kleine Rechtsanwalt räusperte sich gewichtig. Endlich begann die Testamentsverlesung.
    Die vielen gewundenen juristischen Formulierungen machten ein Verstehen des Dokumentes nahezu unmöglich. Janes Aufmerksamkeit ließ umgehend nach. Natürlich würde das Testament kaum Überraschungen bereithalten. Jeder wusste, dass das Landgut und das Vermögen an Constantine Black gingen. Dann gab es zahllose kleine Vermächtnisse an Dienstboten, Abhängige und Verwandte. Frederick hatte ihnen die korrekte Summe hinterlassen, mehr nicht. Lord Roxdale war immer korrekt, aber nie sonderlich großzügig gewesen.
    Unwillkürlich kamen die Erinnerungen an Frederick wieder zurück, an die Zeit vor ihrer Ehe, bevor alles schiefging. Sie erinnerte sich, wie Frederick sie in den Ferien auf Harcourt besucht und ihr Süßigkeiten mitgebracht hatte. Und an die Ausfahrt mit ihm in seinem funkelnagelneuen Karriol. Er hatte ihr nur der Form halber den Hof gemacht, doch als dummes Mädchen, das sie damals war, hatte sie in diese Avancen viel mehr hineininterpretiert, als er beabsichtigt hatte.
    Von klein auf war sie darauf vorbereitet worden, einmal Fredericks Frau zu werden. Jane hatte so große Hoffnungen in ihre gemeinsame Zukunft gesetzt.
    Nun war nichts mehr davon übrig. Er war nicht mehr da.
    Zitternd schöpfte sie Atem.
    „Jane?“, flüsterte Rosamund, doch ihre Stimme schien so weit entfernt.
    Jane schüttelte den Kopf. Tränen brannten in ihren Augen. Sie waren heiß und drängend. Wie ärgerlich. Sie war fest entschlossen gewesen, nicht um ihn zu weinen. Warum verstörten sie diese Erinnerungen plötzlich so sehr?
    Doch Jane hatte ihre Gedanken und Gefühle viel zu lange unterdrückt. Regungslos hatte sie zugesehen, wie Frederick seinen letzten Atemzug tat, und ebenso distanziert hatte sie geholfen, ihn für die traditionelle Totenwache herzurichten. Sie hatte zugesehen, wie der glänzende Sarg aus dem Haus getragen und in den Leichenwagen geladen wurde. Und sie hatte dem Wagen nachgesehen, wie er davonfuhr. Glücklicherweise war es Damen nicht gestattet, auf Beerdigungen zu gehen. Sie bedauerte es nicht.
    Sie hatte sich in den letzten Tagen so gut es ging beschäftigt - hatte schwarze Armbinden für die Dienstboten besorgt und Binsen für die Auffahrt. Sie hatte ihre Trauerkleidung bestellt und sich, bis diese angefertigt war, ein altes schwarzes Kleid herrichten lassen.
    Und jetzt, wo sie nicht mehr allein trauern konnte, sammelten sich die Schluchzer in ihrer Brust und drohten sich lautstark zu entladen.
    Frederick.
    Wieder schnappte sie nach Luft. Ihr Ehemann war nicht mehr da.
    Sie hörte Rosamund sagen: „Mach doch bitte das Fenster auf, Beckenham, ja?“
    „Nein“, wisperte Jane. „Bitte ...“
    Beckenham blickte von Rosamund zu Jane und trat dann an ein Fenster und schob es auf. Ein heftiger Windstoß wehte Regen herein, worauf eine Dame in der Nähe erschrocken aufschrie. Jane wedelte flehend mit der Hand. „Ist schon gut. Wirklich, alles in Ordnung.“
    Nur keine Aufregung. Ich will, ich muss raus aus diesem Zimmer.
    Rosamund reichte ihr ein weiches Stück spitzenbesetztes Leinen. Jane schloss die Finger darum. Das Mitgefühl und die Liebe, die in dieser kleinen Geste steckten, erwiesen sich als zu viel. Endlich brach der Damm und alle aufgestauten Gefühle entluden sich in einem lauten, hässlichen Schluchzen.
    Oh Gott! Oh nein! Das geht doch nicht! Nicht vor all diesen Leuten!
    Leises Flüstern schwoll zu lautem Raunen. Natürlich redeten die Anwesenden über sie. Jane verabscheute solche Szenen. Sie hasste es, im Mittelpunkt zu stehen.
    Eine starke, feste Hand umfasste ihren Ellbogen und zog Jane auf die Füße. Die tiefe Stimme ihres Cousins brummte irgendetwas Beruhigendes, während er sie durch die versammelte Gesellschaft führte. Dem Himmel sei Dank für Beckenham und seine ruhige Autorität. Er wusste immer, was zu tun war.
    Jane verbarg ihr Gesicht hinter Rosamunds Taschentuch und verschloss sich so den zudringlichen Blicken, dem neugierigen Gemurmel und dem zischenden Geraune, das sie umgab, als sie das Musikzimmer verließen. Die Ärmste... Kein Wunder, dass sie so verstört
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