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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Autoren: James Fenimore Cooper
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einem Anschein militärischen Stolzes, welcher die schlummernden Besorgnisse manches Neulings beschwichtigte, der seine erste Waffenprobe machen sollte. Solange sie im Angesichte ihrer sie bewundernden Kameraden waren, behielten sie dieselbe stolze Haltung, dieselbe Ordnung bei, bis die Töne ihrer Querpfeifen immer mehr verklangen und der Wald endlich die lebendige Masse zu verschlingen schien, welche er eben langsam in seinen Schoss aufgenommen hatte.
    Die tiefsten Töne der sich entfernenden und bereits dem Blicke entschwundenen Kolonne erreichten nicht mehr das Ohr der Horcher, und die letzten Nachzügler waren schon den Augen entrückt. Aber immer noch sah man Anstalten zu einer anderen Abreise vor einem Blockhause von ungewöhnlichem Umfang und mit größeren Bequemlichkeiten, vor welchem Schildwachen, die, wie man wusste, die Person des englischen Generals zu bewachen hatten, auf- und abgingen. Auf dieser Stelle stand ein halb Dutzend Pferde beisammen, von denen zwei, nach ihrem Sattelzeug zu urteilen, für Frauen von einem Rang bestimmt zu sein schienen, den man sonst nicht so weit in den Wildnissen des Landes zu treffen gewohnt war. Ein drittes trug das Geschirr und die Wappen eines Stabsoffiziers, während die anderen, mit einfachen Decken und mit Reisetaschen beschwert, offenbar für Diener bestimmt waren, welche bereits der Winke ihrer Herrschaften gewärtig standen. In ehrerbietiger Entfernung von dieser Szene sah man verschiedene Gruppen neugieriger Zuschauer stehen, von denen einige die Rasse und den Wuchs des feurigen Schlachtrosses bewunderten, andere mit der einfältigen Verwunderung gewöhnlicher Neugierde diese Zubereitungen betrachteten. Von Letzteren unterschied sich jedoch auffallend ein Mann, der weder müßig, noch auch, wie es schien, sehr unwissend war.
    Das Äußere dieses Menschen machte einen höchst ungünstigen Eindruck, ohne dass jedoch eine besondere Missgestaltung an ihm zu bemerken war. Er hatte alle Gebeine und Gelenke anderer Leute, aber keine Spur von Ebenmaß. Stand er, so überragte er alle Nachbarn, saß er, so schien er wieder auf die gewöhnliche Größe unseres Geschlechts reduziert. Derselbe Widerspruch in den Gliedern schien durch den ganzen Menschen zu herrschen. Sein Kopf war groß; seine Schultern eng; seine Arme lang und schlotternd; seine Hände dagegen klein und fast zart; seine Beine und Schenkel dünn, fast ausgemergelt, aber außerordentlich lang, und seine Knie wären unnatürlich plump erschienen, wenn sie nicht von den breiteren Grundlagen, auf welcher dieser falsche Bau verkehrter menschlicher Ordnung ruhte, übertroffen worden wären. Der nicht zusammenpassende, geschmacklose Anzug des Individuums diente bloß dazu, sein linkisches Wesen noch mehr hervorzuheben. Ein himmelblauer Rock mit kurzen, breiten Schößen und niederem Kragen gab einen langen, dünnen Hals und noch längere, dünnere Beine den schlimmsten Bemerkungen Übelwollender preis. Seine untere Bekleidung bestand aus gelbem Nanking, der sich dicht am Leibe anschloss und an seinen Ungeheuern von Knien mit breiten Schleifen weißer Bänder befestigt war, welche durch den Gebrauch ziemlich beschmutzt erschienen. Dunkle, baumwollene Strümpfe und Schuhe, an deren einem ein versilberter Sporn hervorstand, vollendeten das Kostüm der Niederungen seiner Gestalt: Keine Krümmung oder Ecke war davon versteckt, im Gegenteil durch die Eitelkeit oder die Einfalt des Eigentümers geflissentlich ans Licht gestellt. Die unförmige Tasche eines beschmutzten Kamisols von gewirkter Seide, mit verblichenen Silberborten schwerfällig verziert, ließ unter ihrer unförmigen Klappe ein Instrument blicken, das in solch kriegerischer Umgebung leicht für ein Unheil bringendes, unbekanntes Kriegsgerät hätte genommen werden können. So klein es war, so hatte es doch die Neugierde der meisten Europäer in dem Lager erregt, obgleich man mehrere der Provinzialen dasselbe nicht bloß ohne Furcht, sondern auch als etwas ganz Bekanntes handhaben sah. Ein großer, bürgerlicher Hut, aufgestülpt wie ihn in den letzten dreißig Jahren die Geistlichen trugen, ruhte über dem Ganzen und verlieh Würde einem gutmütigen, etwas leeren Gesicht, das solch künstlicher Hilfe sichtlich bedurfte, um das Gewicht eines hohen und ungewöhnlichen Amtes zu unterstützen.
    Während der gemeine Haufe sich in ehrerbietiger Entfernung von Webbs Quartiere hielt, ging unser Mann unbedenklich mitten unter den Dienern umher, indem er Lob oder
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