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Der letzte Karpatenwolf

Der letzte Karpatenwolf

Titel: Der letzte Karpatenwolf
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kurzgeschorenen braunen Haar eine Art Feldmütze. Sogar eine Pistole hatte sie umgeschnallt. Von weitem konnte man sie für einen Mann halten. Nur jetzt, aus der Nähe, wurde dieser Eindruck hinfällig. Sie war hübsch, jung und trotz der Angst, die noch in ihren Augen lag, von einem Reiz, der den Haindl Toni wieder aufseufzen ließ.
    »Ich warr Sekretärin in Bacau. Bei rumänischer Geheimdienst. Bei Eiserner Garde von Codreanu. Bei Grünhemden, värstähen?«
    Bornemann nickte. Er war seit einem Jahr in Rumänien und kannte die Verhältnisse einigermaßen. »Ist 'ne Abart von den Braunhemden, Jungs. Wenn die Iwans die Kleine hier kriegen, reißen sie die in der Luft auseinander«, erklärte er. »Und was nun?« fragte er Vera.
    »Isch will nach Ploesti. Zu Tantte! Oder in die Berge. Dort sind noch Kamäraden von Eiserner Garde als Partisanen! Kämpfen gegen Russen! Wir liebben Deitsche mehr als Russen …«
    »Damit kann sie bei mir gleich den Anfang machen«, meinte Haindl. Kleinhans stieß ihn weg. Er sah hinab auf die stille Straße und das Land, über dem jetzt die Nacht lag. Mondfahl, voll Frieden, warm. In der Ferne flimmerte Lichtschein. Dort mochten Häuser sein, ein Dorf, Menschen, Lebensmittel … und Russen.
    »Du kennst die Wege nach Ploesti?« fragte er Vera.
    »Ich wärde durch die Karpaten fliehen. In Apata habbe ich einen Onkel … där wird gäbben neue Kleider. Normale Kleider. Wie Mädchen in Karpaten. Dann mich keiner ärkännt!«
    »Und wir bekommen auch andere Sachen!« Kleinhans faßte Vera Mocanu am Handgelenk und zog sie zu sich heran. »Du führst uns nach Apata! Wir werden für dich sorgen. Wir schießen zu essen, wir organisieren alles … aber die Wege mußt du uns zeigen. Verstehst du?! Wir müssen nach Deutschland zurück!«
    »Deitschland?« Vera sah Kleinhans groß an. Dann glitt ihr Blick hinüber zu Michael Peters. Sein Jungengesicht ergriff sie. »Deitschland ist kaputt«, sagte sie leise. »Ganz kaputt … Alles … Soldatten, Städte, Land … alles! Es ist alles kaputt, wo Russe kommt …«
    »Wenn das stimmt …« Hans Bornemann lehnte sich an den Stamm einer riesigen Fichte. Seine Stimme schwankte plötzlich. »Meine Frau … mein Kind … Monika heißt es …« Er ballte die Fäuste. »Woher weißt du das?«
    »Wir Geheimdienst«, sagte Vera stockend. »Wir wissen allas! Weil Deitschland bald kaputt, auch König Michael Pakt mit Russen!«
    »Man sollte nicht mehr weitergehen«, sagte Bornemann leise. »Man sollte sich aufhängen –«
    »Nun baue nicht ab, mein Junge.« Kleinhans boxte Bornemann an die Brust. »Sind wir darum drei Wochen herumgeirrt, um jetzt schlappzumachen? Vera bringt uns nach Apata zu ihrem Onkel. Dort bekommen wir Landestracht. Mit der schlagen wir uns durch zur ungarischen Grenze …«
    »Auch Ungarn kommunistisch –«, sagte Vera traurig.
    »Jetzt hab'n man Dreck!« schrie Haindl.
    »Schnauze, Idiot!« Kleinhans griff Vera an den Gürtel, riß die Pistolentasche auf und wollte die Waffe an sich nehmen. Aber statt einer Pistole war ein kleiner Beutel in ihr. Er nahm den Beutel heraus und ließ den Bügel aufspringen.
    Ein Spiegel … eine Puderdose … zwei Lippenstifte … eine Nagelschere … eine Nagelfeile …
    Er drückte den Beutel wieder zu und gab ihn an Vera zurück.
    »Das kann sie behalten«, sagte er lächelnd. »Von solchen Waffen lassen wir uns gerne besiegen.«
    »Radfahrer!« knurrte Haindl wütend.
    »Vor uns sind russische Kolonnen.« Vera Mocanu rückte ihre Feldmütze gerade auf das kurzgeschnittene braune Haar. »Wir müssen in die Berge hinein … zwei Tage … Von Moinesti aus können wir dann wiedär auf Straße von Comansti.«
    »Ich überlasse den Weg jetzt dir.« Kleinhans hängte sein Gewehr um. »Dafür beschützen und ernähren wir dich. Vor allem beschützen werde ich dich«, sagte er nachdrücklich mit einem Blick auf Anton Haindl.
    Gegen Morgen, als sie noch in einer Höhle schliefen, kam Haindl zu Kleinhans gekrochen und stieß ihn an. Kleinhans hatte Wache und drehte sich mißmutig herum.
    »Du sollst pennen«, sagte er grob. »Morgen müssen wir achtzehn Stunden laufen …«
    »Ich habe mir was überlegt.« Haindl setzte sich an den Höhleneingang. Hinter ihnen hörten sie das Atmen der Schlafenden. Das helle Atmen des Mädchens lag wie ein schwebender Ton über dem männlichen Geschnaufe.
    »Was denn?« Kleinhans blickte kritisch auf den bulligen Bayern.
    »Wir hab'n doch immer geteilt, oder? 's Essen, an Wein,
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