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Der letzte Aufguss

Der letzte Aufguss

Titel: Der letzte Aufguss
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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allerhand zur
Seite und legten eine mit Luftschlitzen versehene Transportbox frei, deren Klappe
sie öffneten.
    Und plötzlich blickte Bietigheim ein frecher Hund an, kreuzfidel,
mit hängender Zunge und wedelndem Schwanz. Benno von Saber! Als der Foxterrier
seinen Herrn erkannte, sprang er ihm aus dem Kofferraum in die Arme. Erst nach
ausgiebigem Kopfkraulen und Drücken setzte Bietigheim den kleinen Burschen auf
den Boden, denn dort wollte dieser dringend eine erste Markierung auf
englischem Boden hinterlassen – um den Hunden Cambridges klarzumachen, was ein
Hamburger Vierbeiner so draufhatte.
    Nun war es Bietigheim, der Pit umarmte und herzte, obwohl das sonst
so gar nicht seine Art war. Aber dieser Teufelskerl hatte ihm seinen treuesten
Freund gebracht! Bietigheim merkte, wie sehr ihm der kleine Strubbelkopf
gefehlt hatte, wie unvollständig er ohne seinen treuen Begleiter war, um wie
viel lebenswerter ihm alles erschien mit Benno an seiner Seite.
    Â»Fragen Sie mich nicht, wie ich das angestellt habe. Zauberkünstler
verraten ihre Tricks nämlich nie.«
    Â»Ich schätze mal, dass auch ein wenig Geld im Spiel war.«
    Â»Geld allein macht aber nicht glücklich«, erwiderte Pit. »Bekomme
ich jetzt endlich was zu futtern?«
    Â»Ist es denn noch weit bis zum Pub, in den ich Sie zum Essen
einladen kann?«
    Â»Ein paar Schritte schon – und ich lass den Wagen lieber hier
stehen, denn selbst mit meinem Radar ist es in Cambridge nicht einfach, einen
schönen Platz für Alfons zu finden.«
    Â»Gut, gut, dann kommt Benno auch zu einem kleinen Spaziergang.«
    Und so gingen sie zu dritt in einen der über hundert Pubs der Stadt.
Er trug den Namen Baron of Beef, lag in der Bridge Street, und wenn man
bestellte, erhielt man einen Holzlöffel mit der Nummer der Bestellung darauf.
Bietigheim trank aus kulinarischem Interesse sogar ein Bier zum Essen, und zum
Schluss zahlte er tatsächlich alles. Dann lud er Pit auf einen Tee in sein Haus
ein – wobei er sich vollends bewusst war, dass sein Hamburger Freund dort
Quartier beziehen würde.
    Benno von Saber, vollgefressen von den zufällig unter den Pubtisch
gefallenen Leckereien, wählte prompt den schönen Ohrensessel als Schlafplatz,
schloss die Augen und überließ Adalbert und Pit die Küche. Doch die Ruhe währte
nur kurz. Denn ein wütendes »Verdammt noch eins, jetzt habe ich aber die Faxen
dicke!« schallte durch das viktorianische Reihenhaus in der Pretoria Road.
Bietigheim hatte auf der Küchentheke etwas entdeckt, das bei seinem Einzug noch
nicht dort gewesen war.
    Eine Packung Tee.
    Eine eigentlich völlig harmlose Packung Tee.
    Aber es war teuerster White Darjeeling.
    Das Haltbarkeitsdatum war nur noch zwei Wochen entfernt.
    Es erschien dem Professor wie eine Drohung.

KAPITEL
2

    Flugtee FTGPOP
    Am nächsten Morgen begrüßte der Professor, wie stets Fliege sowie
karierte Weste tragend, seinen noch etwas übernächtigten Gast mit den Worten: »Was
wissen Sie über Tee?«
    Â»Vor allem, dass ich Kaffee lieber mag. «
    Â»Antworten Sie ordentlich, und setzen Sie sich.« Bietigheim war im
Gegensatz zu Pit hellwach – obwohl er am Vorabend ein formelles Essen im St
Johnʼs sowie ein Pub-Quiz mit lächerlich einfachen Fragen über sich hatte
ergehen lassen müssen. »Ich wiederhole: Was wissen Sie über Tee?«
    Â»Ich bin noch gar nicht wach!« Pit ließ sich auf einen Küchenstuhl
fallen. Auf dem Tisch vor ihm standen ordentlich nebeneinander aufgereiht sechs
kleine, weiße Tea Taster, das traditionelle Teeprobiergeschirr.
    Â»Tee? Was wissen Sie …«
    Â»Ist ja gut. Kann man trinken. Wird aus Blättern gemacht. Kommen aus
Asien, glaub ich. Soll gesund sein. Schmeckt mir nicht.«
    Bietigheim nickte und schrieb etwas in sein Notizbuch.
    Â»Benoten Sie mich etwa?«, fragte Pit.
    Der Professor deutete auf die Taster. »Der Legende nach trank der
chinesische Kaiser Shennong die erste Tasse Tee, als er 2737 vor Christi Geburt
neben einer Teepflanze saß und der Wind deren Blätter in sein heißes Wasser
wehte. Hergestellt wird Tee aus der Teepflanze – weswegen Früchte- oder
Kräutertees auch nur als teeähnliche Aufgussgetränke zu bezeichnen sind.
Übrigens gehört auch der südafrikanische Rooibostee dazu, wird er doch aus
Hülsenfrüchten gewonnen. Das müssen Sie sich unbedingt merken!
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