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Der Lambertimord

Der Lambertimord

Titel: Der Lambertimord
Autoren: Arnold Kuesters
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Zeitung. Hat auch seine guten Seiten, wenn man alleine lebt, dachte er. Und schon waren seine Probleme wieder da. Er ließ die Zeitung auf den Tisch fallen. Lisa war noch immer wie vom Erdboden verschluckt. Zumindest reagierte sie immer noch nicht auf sein Flehen, sein Betteln, sein Fluchen, seine Liebesschwüre, seine Hilferufe, auf all die hilflosen Botschaften, die er ihr mittlerweile auf ihrem Anrufbeantworter hinterlassen hatte. Mehrfach hatte er schon diese seelenlose Maschine verflucht, dabei war sie im Moment doch seine einzige Verbindung zu ihrer Welt, in die er nicht mehr zu passen schien.
    Einmal hatte er ihr sogar die uralte Nummer Wie vor Jahr und Tag von Reinhard Mey auf den Anrufbeantworter gespielt. Vor allem, weil er wußte, daß sie die Zeilen Wie vor Jahr und Tag, liebe ich dich noch, / Vielleicht weiser nur und bewußter noch, / Und immerfort ist ein Tag ohne Dich, / Ein verlogner Tag, verlor’ ne Zeit für mich und Ich hab tausendmal versucht, Dich zu erlernen, /So, wie man aus einem Buch lernen kann, ich Tor besonders mochte. Aber auch das hatte letztlich nichts genutzt.
    Er blätterte lustlos durch die Zeitung, als sein Telefon läutete. Als er hastig nach dem schnurlosen Hörer griff, stieß er den Kaffeebecher um. Fluchend nahm er das Telefon ans Ohr und versuchte mit der anderen Hand, den Kaffee daran zu hindern, über die Tischkante zu fließen. »Borsch?«
    Am anderen Ende waren überraschenderweise weder Ecki noch sein Aktenführer Klaus Schneider, sondern Christa Böskes. Sie entschuldigte sich für die Störung, wolle ihm aber doch ihre Entscheidung mitteilen. Er bat sie um einen Moment Geduld, um die Musik leiser drehen zu können.
    Mit ruhiger Stimme erklärte sie ihm anschließend, daß sie schon mit ihrem Anwalt und Notar gesprochen habe. Sie wolle aus Nettetal weg, die Stadt sei voller Erinnerungen und schmerzlicher Erfahrungen. Sie wolle in Köln eine Eigentumswohnung kaufen. Die Stadt würde ihr helfen, die ganze Sache zu verarbeiten. An Nettetal wolle sie vorerst nicht mehr denken müssen. Ein neues Leben wolle sie beginnen, soweit dies ihr Alter und ihr Schmerz zuließen. Sie wisse, daß sie sich eher etwas vormachte, aber eine andere Chance habe sie am Ende ja doch nicht. Und schließlich sei das Haus und das Grundstück viel zu groß für sie. Geld werde sie genug haben, ihr Mann habe doch etwas hinterlassen, und der Hausverkauf werde ja auch noch etwas bringen. Vererben wolle sie ohnehin nichts, an wen auch? Eine Bitte habe sie noch: sie wolle gerne Kontakt zu Markus Jansen aufnehmen. Sie habe das Gefühl, sie sei ihm etwas schuldig und wolle ihm finanziell ein bißchen unter die Arme greifen. Ob er ihr vielleicht die Adresse geben könnte?
    Frank hatte ihr schweigend zugehört. Er wollte und konnte sie nicht von ihrer Entscheidung abhalten, Nettetal zu verlassen. Wieder jemand, der auf der Jagd nach dem inneren Frieden war, dachte er. Und doch wieder scheitern würde. Entgegen seiner Gewohnheit gab er ihr Jansens Adresse. Er bezweifelte, daß Jansen Geld annehmen würde. Warum auch? Daß Heike tot war, würde das Geld auch nicht mehr ändern. Frank behielt seine Bedenken allerdings für sich. Was die beiden miteinander zu bereden hatten, war nicht mehr seine Sache.
    Er wünschte ihr viel Glück und verabschiedete sich von ihr. Die letzten Formalitäten, die mit dem Tod von Dieter Böskes zusammenhingen, würden die anderen Kollegen seiner Dienststelle erledigen können.
    Frank wußte nicht zu sagen, ob er ihre Entscheidung mutig fand. Vermutlich hatte er sie während ihrer kurzen Begegnung zu Unrecht als das betrogene Heimchen am Herd eingeschätzt. Sie war bestimmt stärker und selbständiger, als er ahnte.
    Frank stand auf. Während des ganzen Telefonats hatte er versucht, den Kaffeefluß aufzuhalten. Er legte das Telefon auf den Tisch und nahm das Spültuch, um den Tisch abzuwischen. Er mußte den verfärbten Lappen zweimal auswaschen, bis der Tisch sauber war. Die Zeitung war so aufgeweicht, daß er sie tropfend in den Mülleimer stopfte. Mit dem Spüllappen wischte er nachlässig den Boden auf. Er hielt seine Hände an die Nase. Sie rochen nach Kaffee und Spültuch. Frank ging ins Badezimmer, um sich zu rasieren.
    Er war gerade fertig, als das Telefon erneut klingelte. Mit dem Badetuch in der Hand ging er zurück in die Küche, um die Musikanlage erneut leiser zu machen. Er meldete sich und rieb dabei mit dem Handtuch über sein Kinn. »Borsch?«
    Es war Klaus
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