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Der Kuss des Satyrs

Der Kuss des Satyrs

Titel: Der Kuss des Satyrs
Autoren: Elizabeth Amber
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gesprochen hatten. Das Fächeln der Spitzenfächer wurde schneller.
    Sie war hier irgendwo unter ihnen.
    »Seid Ihr gekommen, um Euch aus der Hand lesen zu lassen?«, fragte einer der jungen Italiener. »Ich glaube selbst ja nicht an so etwas, aber es macht Spaß, nehme ich an.«
    Eine der Damen schlug dem jungen Mann neckend mit einem zerfallenden Bouquet, das sie zweifelsohne gerade aus dem Kräuterlabyrinth zusammengestellt hatte, auf den Arm. »Sie liest nicht, Signore. Die Wahrsagerin bietet an, die Zukunft vorherzusagen.«
    »Das meinte ich doch«, antwortete er und rieb sich in gespieltem Schmerz den Arm. »Handlesen, oder nicht?«
    Nick betrachtete das Zelt. Es war weiß; große Mengen Tüll bauschten sich an den Ecken, und eine Fahne schmückte die Zeltmitte.
    Vorfreude erfasste ihn. Er war sich sicher, dass sie da drin war. »Eine echte Wahrsagerin ist hier?«, erkundigte er sich.
    »Ja. Während wir uns hier unterhalten, wird meiner Schwester dort drin gerade die Zukunft geweissagt«, erklärte der junge Mann, den Nick nun als den Sohn von Signore Rossini erkannte.
    Sollte seine Schwester tatsächlich die Gesuchte sein? Wenn dem so war, dann hoffte er inständig, dass sie ihrer Mutter nicht ähnlich war. Lyons Ängste bezüglich der Attraktivität seiner Zukünftigen hallten in seiner Erinnerung nach. Mit einem Mal war er nicht mehr ganz so begierig darauf, in das Zelt zu linsen.
    Ihr Aussehen spielte keine Rolle, erinnerte er sich. Als ihr Ehemann würde er ihr nur so oft beiwohnen, wie es die Pflicht von ihm verlangte. Als Gegenleistung würde sie ihm Kinder gebären und nichts dagegen haben, wenn er wahre Befriedigung außerhalb ihres Betts suchte.
    Und doch, als die halbtransparenten Schleier des Zelteingangs sich teilten und Signore Rossinis Schwester erschien, seufzte Nick vor Erleichterung fast auf. Sie war eine italienische Schönheit. Ihr Kleid war der Traum eines jeden Schneiders, die seidene Taille verjüngte sich und offenbarte Kurven, die weit ansprechender waren als die ihrer Mutter. Verspielte Bänder, die unter ihrem Kinn zu Schleifen gebunden waren, hielten einen Strohhut, der so reich mit Rotkehlchen geschmückt war, dass Nicholas fast erstaunt war, ihn auf ihrem rabenschwarzen Haar zu finden und nicht in einer Voliere.
    Während sie aus dem Zelt trat, schlüpfte eine andere junge Kundin an ihr vorbei hinein. Nick erhaschte einen Blick auf eine gebeugt dasitzende Gestalt in Zigeunerkleidung.
    »Was hat die Wahrsagerin gesagt?«, fragte eine der Damen Rossinis Schwester.
    »Ja, bitte, Bianca. Erzähl es uns«, fügte ein englisches Fräulein hinzu. »Wir können es kaum abwarten.«
    Signorina Rossini öffnete den Mund, aber als sie Nicks Interesse bemerkte, brachte sie keinen Ton heraus.
    Nachdem sie miteinander bekannt gemacht worden waren, trat er näher an sie heran, als es schicklich war, um ihr einen Kuss auf den in einem Handschuh steckenden Handrücken zu geben. Eine unsichtbare Aura von Feenmagie legte sich um ihn.
    Es war also tatsächlich die kleine Rossini. Die Tatsache, dass seine Suche so plötzlich vorbei war, brachte ihn für einen kurzen Moment aus der Fassung, gerade so, als wäre er an den Rand einer Klippe gerannt und befände sich jetzt zögernd am Abgrund.
    Satyre waren nicht besonders talentiert darin, die Gedanken anderer zu lesen, aber er wandte sein ganzes Können auf und hoffte, von ihr zu erfahren, was es zu erfahren gab.
    Ihre Gedanken verrieten ihm, dass sie ihn attraktiv fand, aber das hatte er bereits an ihrem Gesichtsausdruck erkannt. Er war frustriert, als er keinen weiteren Anhaltspunkt für ihre Feennatur fand, bis ihm schließlich einfiel, dass ihr eigenes Unwissen über ihre Herkunft dafür sorgte, dass nichts in ihren Gedanken ihm irgendetwas darüber verraten konnte. Sie schien ein liebes, fügsames Mädchen zu sein, und sie war zweifellos schön. Wenn sein Instinkt ihn nicht trog, dann würde sie sich als gute Wahl herausstellen.
    Dass König Feydon ausgerechnet ihre Mutter genommen hatte, überraschte Nick jedoch. Faydon war ein kritischer Schwerenöter und wählte üblicherweise nur die attraktivsten Gespielinnen, aber vielleicht war Signora Rossini in ihrer Jugend ja hübscher anzusehen gewesen.
    Bianca trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, und er bemerkte, dass seine stumme Musterung zu intensiv geworden war. Er verneigte sich vor ihr. »Es ist mir in der Tat eine Ehre, Signorina Rossini.«
    »Signore«, erwiderte sie und knickste.
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