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Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Titel: Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Autoren: Alexander Weiss
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schließlich waren Sie es doch, der damals das prozessentscheidende Rechtsgutachten verfasst hat“, insistierte die Reporterin. „Soweit ich mich erinnere, war die Sache ziemlich verfahren, nachdem die britischen Museen, die die Werke in ihrem Bestand hielten, sich auf Verjährung berufen haben. Wie ist es Ihnen denn gelungen, die englischen Richter davon zu überzeugen, dass die Ansprüche der Erben nach sechzig Jahren noch durchgesetzt werden konnten?“
    Parker atmete langsam aus. „Die Gemälde gehörten ursprünglich einem wohlhabenden Kunstsammler aus Stettin, dem sie von den Nazis geraubt worden waren. Das englische Gericht war mit Blick auf den eindeutigen Bezug zu Deutschland gezwungen, deutsches Recht auf den Fall anzuwenden, obwohl der Prozess in London stattfand.“
    „Kam Ihnen das als deutscher Jurist nicht sehr gelegen?“
    „Ganz und gar nicht. Wir hätten uns über die Geltung englischen Rechts sehr gefreut, denn nach deutschem Recht war die Rückgabeforderung nach dreißig Jahren tatsächlich bereits verjährt. Nach englischem Recht jedoch nicht.“
    „Dann war die Klage Ihrer Mandanten eigentlich aussichtslos?“, fragte die Journalistin, und Parker meinte, sie hätte dabei ein wenig mit ihren Augen geklimpert.
    „Zum Glück für unsere Seite haben die Engländer einen besonderen Sinn für Fairplay …“, er musste schmunzeln, bevor er fortfuhr, „… der uns auf dem Kontinent manchmal überrascht. In diesem Wissen haben wir unsere Prozessstrategie darauf ausgerichtet, den englischen Richtern die Absurdität des deutschen Verjährungsrechts vor Augen zu führen.“
    Skeptisch hielt sie ihm das Mikro näher an den Mund. „Dass Ansprüche nach dreißig Jahren verjähren, erscheint mir auf den ersten Blick nicht sonderlich ungewöhnlich.“
    Parker hatte den Einwand erwartet. Er klang so einleuchtend, wie er seiner Ansicht nach unrichtig war. „Wenn Sie sich die Folgen dieser Regelung im Einzelfall klarmachen, denken Sie vielleicht anders darüber. Nach deutschem Gesetz verlieren die rechtmäßigen Eigentümer nach dreißig Jahren ihr Recht, vom unrechtmäßigen Besitzer etwa eines Bildes die Herausgabe zu verlangen. Und das, selbst wenn dieser das Kunstwerk zuvor nicht in gutem Glauben erworben oder vielleicht sogar selbst gestohlen hatte.“
    „In Deutschland darf ein Dieb gestohlene Kunstwerke behalten!“, entfuhr es der Interviewerin.
    Er nickte. „Unter Umständen, ja. Ein Ergebnis, das übrigens die alten Römer nur mit Kopfschütteln quittiert hätten. Im römischen Recht galt der Grundsatz fur semper in mora, oder auf Deutsch: Ein Dieb ist immer in Verzug mit der Rückgabe der gestohlenen Sache. Und auch der ehrwürdige High Court of Justice sah sich nicht in der Lage, das deutsche Verjährungsrecht nachzuvollziehen. Das Gericht hat daher kurzerhand entschieden, dass die wertvollen Bilder auch nach fast sechzig Jahren an die eigentlichen Eigentümer herauszugeben sind.“ Er lächelte. „Deutsches Recht hin oder her.“
    Schwungvoll drehte sich die Fernsehreporterin zu den Kameras und sprach in ihr Mikrofon: „Meine Damen und Herren, Sie sehen, bei Professor …“, sie hielt für einen Sekundenbruchteil inne und warf ihm einen kurzen Blick zu, „… Parker … handelt es sich um einen Mann für ganz besonders knifflige Fälle. Da wundert es nicht, dass ihn die Kanzlerin bei der anstehenden Russlandreise an ihrer Seite haben will.“
    Er bemühte sich, freundlich in die Kamera zu blicken, obwohl es ihm angesichts der Schmeicheleien zunehmend schwerfiel.
    „Herr Parker“, sprach sie ihn wieder direkt an. „Glauben Sie, dass bei Ihrer Berufung zum wissenschaftlichen Delegationsleiter auch Ihre beruflichen Erfahrungen vor Ihrer Tätigkeit als Kunstrechtsexperte eine Rolle gespielt haben?“
    Parker schluckte. Die Frage traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube. Die meisten Menschen in seiner Umgebung sahen in ihm lediglich einen Rechtsgelehrten, der ab und an in der Presse auftauchte. Die Zeit davor war in Vergessenheit geraten, und niemand war dafür dankbarer als er selbst.
    „Für die Zuschauer, die hierüber nicht informiert sind“, fuhr die Journalistin zu Parkers Entsetzen fort, „müssen wir erläutern, dass Herr Parker zunächst für die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die OSZE, als Beobachter in Krisengebieten tätig war. Ich finde das, ehrlich gesagt, sehr bewundernswert. Was hat Sie zu diesem Entschluss geleitet?“
    Parker nahm sich
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