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Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Titel: Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Autoren: Alexander Weiss
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und Dörfern fuhren motorisierte Einheiten an den Kameras der Wochenschau vorbei und grüßten lachend. Göring wurde eingeblendet, der eine Gruppe von Parteifunktionären mit staatsmännischer Miene durch ein nicht genanntes Museum führte, wobei er fortwährend mit ausladenden Gesten auf verschiedene Gemälde deutete. Dann Hitler mit seinem Hofarchitekten Speer. Hitler stand mit prüfender Miene über verschiedene Pappmodelle gebeugt, die allesamt schier größenwahnsinnige Museumsbauten darstellten. Linz, Hitlers Geburtsstadt, hatte er dazu auserkoren, die Kulturhauptstadt des Dritten Reiches zu werden. Und die unendliche Masse an Kunstwerken, die benötigt wurden, um die weißen Wände der Prachtbauten zu bedecken, hatte bei ihm einen unersättlichen Hunger auf Kunst ausgelöst.
    Der Film zeigte leergeräumte Museen und die Auflösung von wertvollen Privatsammlungen, deren ehemalige Eigentümer nicht selten in Konzentrationslager verbracht worden waren. Erschütternde Aufnahmen folgten von in Zugwaggons zusammengepferchten Menschen auf dem Weg in den sicheren Tod. Dann wieder Bilder eines Güterzugs, diesmal bis zum Rand vollgestopft mit Teppichen, Gemälden, Statuen, Kronleuchtern, Geschirr und Schmuck. Führungslos waren die Waggons auf einer baum- und strauchlosen Fläche zum Stehen gekommen.
    Der Bericht wandte sich nun der Nachkriegszeit zu. Jetzt verschwammen die moralischen Konturen, und Gut und Böse ließ sich nicht mehr so einfach trennen. Fest stand, dass die Moskauer Archive und Museen nach Kriegsende händeringend nach Stauraum suchten, um die Flut der von den Sowjets erbeuteten Kunstwerke überhaupt noch unterbringen zu können.
    Während er dem Bericht weiter zuhörte, hakte Parker die lange bekannten Fakten innerlich ab.
    Deutschland verlangte noch immer über eine Million Kunstgegenstände von Russland zurück, davon allein zweihunderttausend Werke mit einem herausragenden und einzigartigen Wert. Die Kulturgüter befanden sich zum Teil in einem besorgniserregenden Zustand, da Russland die Mittel für eine sachgerechte Lagerung fehlten. 4, 6 Millionen Bücher aus deutschen Museen und privaten Sammlungen wurden vermisst, häufig ohne jede Spur.
    Die rund drei Regalkilometer verschollenen Archivmaterials erwähnte der Bericht nicht, registrierte Parker, während die sonore Stimme fortfuhr: „… sowjetische Trophäenbrigaden, die sich auf Stalins Befehl schon seit 1943 auf die systematische Plünderung deutscher Museen und Privatsammlungen vorbereitet hatten …“
    Am Ende des Films wurde der Kreml eingeblendet, und die Moderatorin leitete kurz und bündig auf die für März geplante Kanzlerreise nach Russland über.
    Dann schenkte sie Parker ein gewinnendes Lächeln: „Herr Parker, wie fühlt man sich, wenn man mit gerade einmal achtunddreißig Jahren bereits eine weltbekannte Koryphäe auf dem Gebiet des Kulturgüterschutzes ist und jetzt sogar zum persönlichen Berater der Kanzlerin ernannt wurde? Ist dies ein Ritterschlag, der Angst macht?“
    Parker wurde unbehaglich zumute. In der Interviewanfrage war es nur um ein paar kurze Erläuterungen zur komplexen Rechtslage bei der Restitution deutscher Kunstwerke von Russland gegangen. Jetzt bekam die Angelegenheit plötzlich einen anderen Zungenschlag. Auf keinen Fall wollte er als juristischer Supermann im Auftrag der Kanzlerin präsentiert werden.
    „Danke. Ich fühle mich bei solchen Komplimenten natürlich ausgezeichnet. Auch wenn Sie ein bisschen übertreiben.“
    „Herr Parker wird vielen von Ihnen, liebe Zuschauer, sicherlich schon bekannt sein wegen seiner Rolle im Jahrhundertprozess vor dem englischen High Court über die sogenannte Stettiner Kunstsammlung.“ Ein Lächeln flog über ihr Gesicht. „Herr Parker, die Erbengemeinschaft, die Sie in London vertreten haben, hat es maßgeblich Ihnen zu verdanken, dass nach fast sechzig Jahren Kunstwerke mit einem geschätzten Wert von über hundert Millionen Euro zurückgegeben wurden.“
    Das Interview schien völlig zu entgleiten. Was als nüchterne juristische Bestandsaufnahme geplant war, entwickelte sich zu einer hemmungslosen Lobpreisung. Da half nur ein beherztes Gegensteuern. „Nun, zunächst einmal war der Erfolg vor allem auf das brillante juristische Plädoyer von Rechtsanwältin Frau Dr. Anne Kreifelts zurückzuführen. Mein Beitrag war demgegenüber eher von untergeordneter Natur.“
    „Es ist sehr galant von Ihnen, dass Sie der Anwältin den Vortritt lassen möchten, aber
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