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Der Knochenmönch

Der Knochenmönch

Titel: Der Knochenmönch
Autoren: Jason Dark
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umgekehrten Weg gegangen.« Auch Driscoll leerte seine Tasse. »Wir müssen damit rechnen, daß wir es mit einem Wesen zu tun bekommen, das von der Hölle Unterstützung erhalten hat. Wallraven wird uns den Weg zeigen können.«
    »Wir müssen zu ihm.«
    Diesmal beglich ich die Rechnung. Suko und Driscoll waren schon aufgestanden. Ich sah einen sehr nachdenklichen Father Ignatius vor mir, der immer wieder den Kopf schüttelte und nicht sehr optimistisch dabei wirkte.
    »Was hast du?« fragte ich ihn.
    »Ich kann es nur schwer begreifen, John.« Schatten malten sich unter seinen Augen ab. »Da will jemand die Kirche stürzen. Und er ist sogar nahe daran. Warum haben wir nichts bemerkt? Was ist nur mit uns? Laufen wir mit geschlossenen Augen durch die Gegend?«
    »Es scheint so. Aber keine Sorge. Noch ist nicht alles zu spät. Wallraven wird reden, das kann ich dir versprechen.«
    »Ja, er ist oben«, murmelte Ignatius. »Ich kenne ihn nicht, trotzdem mache ich mir um ihn Sorgen.«
    »Weshalb?«
    »Da muß etwas schiefgelaufen sein, John. Die beiden waren sonst immer zusammen. Dafür muß es einen Grund geben, denke ich.«
    »Kann sein.«
    »Ich halte ihn für gefährlich.«
    »Wie gefährlich?«
    »Wenn jemand ganz allein ist und möglicherweise sieht, daß seine Felle davonschwimmen, kann es durchaus passieren, daß er an Selbstmord denkt. Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, aber das ist so.«
    »Dann laß uns hochfahren.«
    Ignatius stand auf. »Die Zimmernummer ist mir bekannt.« Wir gingen zu den Fahrstühlen, wo wir mit Suko und Driscoll zusammentrafen. Auch sie sahen nicht eben glücklich oder begeistert aus.
    »Sollte er sich nicht melden, werden wir dafür sorgen, daß die Tür aufgebrochen wird«, erklärte Ignatius.
    Wir waren einverstanden.
    In den Gängen des Hotels herrschte eine nahezu gespenstische Stille.
    Die dicken Teppiche schluckten jeden Schritt, und das gedämpfte Licht der Wandleuchten streichelte unsere Gesichter.
    Wir blieben vor der Tür stehen, um zu lauschen. Niemand beobachtete uns, kein Zimmermädchen störte. Wir wollten es Father Ignatius überlassen, mit Wallraven zu reden. Er sollte denken, daß nur eine Person ihn sprechen wollte.
    »Weißt du, John, er wird wohl keinen Verdacht schöpfen, wenn ein Bruder mit ihm reden will.«
    Das konnte klappen, vorausgesetzt, Wallraven meldete sich überhaupt.
    Wir bauten uns so auf, daß wir beim Öffnen der Zimmertür nicht sofort entdeckt werden konnten. Ansonsten überließen wir Father Ignatius alles weitere.
    Zunächst hatte er kein Glück. Sooft er auch klopfte, es meldete sich niemand, und als er schon aufgeben wollte, hörten wir Wallravens Stimme. Sie klang wütend, aber auch irgendwie brüchig oder gestreßt, als würde er unter einer schweren Krankheit leiden. »Ich habe gesagt, daß ich nicht gestört werden will!«
    »Ja, das stimmt. Aber ich muß mit Ihnen reden.«
    »Wer sind Sie?«
    »Father Ignatius.«
    Pause. Dann: »Ein Mönch?«
    »Richtig.«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Soll ich Ihnen das hier auf dem Flur zurufen? Sie wissen doch selbst, wie geheim die Dinge sind. Oder halten Sie Verginius nicht mehr für top secret?«
    Wir hörten ihn zwar sprechen, verstanden aber nichts. Dem Klang der Stimme nach war er geschockt. Ignatius wollte ihm nicht viel Zeit geben, um sich zu entscheiden. Ein zu langes Nachdenken hätte negativ für uns ausfallen können.
    »Nun öffnen Sie schon, es ist wirklich wichtig.«
    »Woher wissen Sie denn, wer ich bin?«
    »Das sage ich Ihnen später.«
    »Bene, ich werde öffnen.« Ignatius lächelte uns zu. Wir hatten uns gegen die Wand gedrückt. Noch immer wurden wir von keinem Personal gestört, und als die Tür offen war, reagierten wir wie der Hund auf den Pfiff seines Herrn. Bevor sich Wallraven versah, waren wir im Zimmer, und unser Eindringen mußte auf ihn wirken wie der Anfang des Jüngsten Gerichts…
    ***
    Er war zurückgewichen bis zu einem der schmalen Fenster, stand davor, starrte erst uns an, dann das Telefon und war nicht in der Lage, ein Wort zu sprechen. Er hatte seine Hand dorthin gelegt, wo unter der Brust das Herz schlägt, und ich sah, daß er Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten.
    Auf mich erweckte er den Eindruck eines Menschen, der Schweres hinter sich hatte – nicht nur von seinem bleichen, gequälten Gesichtsausdruck her –, er schien Schmerzen zu haben, was mit seinem Rücken zusammenhängen mußte, denn er hielt sich nicht normal aufrecht. Er hatte sich
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