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Der Knochenmönch

Der Knochenmönch

Titel: Der Knochenmönch
Autoren: Jason Dark
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grinste in das starre Gesicht, weil er davon überzeugt war, daß Verginius es sehen würde. Er brauchte keine normalen Augen, um etwas erkennen zu können.
    Er war von einer Macht beseelt, die ihn auf eine magische Art und Weise mit Leben erfüllte.
    Die Lampe hielt Alberti in der Unken Hand. Eine mußte er einfach freihaben, um den Knochenmönch berühren zu können. Erst wenn der Kontakt zwischen ihm und Verginius hergestellt war, ging es ihm besser.
    Es war eine Sucht, die ihn trieb.
    Er stand günstig. Seine rechte Hand streckte er aus, die Finger waren ebenso gekrümmt wie die des Knochenmönchs, und sie zitterten auch beinahe so.
    Er griff zu.
    Nein, nicht fest, sondern streichelnd, obwohl er den Eindruck hatte, daß er die Hand des Knochenmönchs fest umschloß.
    Zum ersten Mal berührte er die Haut, und er dachte darüber nach, was er fühlte. Sie war mit einer menschlichen Haut nicht vergleichbar, diese hier war anders, ganz anders, sie war keine Haut, sie war ein Stück – er überlegte – war es Leder?
    Ja, wie hartes, gleichzeitig trockenes und doch geschmeidiges Leder fühlte sie sich an.
    War der Knochenmönch trotz allem auf eine rätselhafte Art und Weise mumifiziert worden?
    Alberti konnte dazu keinen Kommentar abgeben. Aber in seinem Innern spürte er so etwas wie eine Warnung. Da war ein Gefühl der Angst, daß er sich einen Schritt zu weit vorgewagt hatte. Er hatte so lange auf die Begegnung gewartet, er fühlte sich zu Verginius hingezogen und er fragte sich, ob es umgekehrt auch der Fall war.
    Ein Zeichen sah er nicht, keinen Beweis für seine Annahme. Der Knochenmönch rührte sich nicht.
    Albertis Mund stand halb offen. Er konnte den Speichel nicht mehr halten, der über seine Unterlippe hinwegquoll und auf die Kutte tropfte.
    Mit beiden Beinen stand er auf dem unebenen Boden, aber er schwankte, wenn auch nicht wirklich. Ihm war die Kontrolle über sich selbst entglitten, er war zu einem Gefangenen dieser anderen Aura geworden.
    Der Knochenmönch herrschte.
    Alberti sah es ein. Er wurde klein. Innerlich zog er sich zusammen – und schrak dann auf, als die Hand des Knochenmönchs plötzlich in die Höhe flog und dabei mit dem Rücken gegen Albertis Gesicht klatschte.
    Der Schmerz interessierte ihn nicht, um so etwas konnte er sich nicht kümmern, es waren andere Dinge, die ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatten, denn zum erstenmal hatte sich der Knochenmönch beinahe verhalten wie ein Mensch.
    Und er blieb nicht mehr sitzen.
    Mit einem heftigen Ruck stand er auf. Es sah so aus, als hätte man ihn in die Höhe gezerrt.
    Nach dieser ersten Attacke war Alberti zurückgewichen. Er war nicht bis zur Tür gegangen, denn er wollte nicht wahrhaben, daß Verginius zu einem Feind geworden war.
    Aber der Knochenmönch dachte anders. Er bewegte sich auf ihn zu. Er sah Alberti an.
    Leere Augen? Waren es noch immer leere Augen? Oder erkannte Alberti seinen eigenen Tod darin wie in zwei dunklen, wabernden Spiegelflächen? Hatte sich das Schicksal gedreht und von ihm abgewendet?
    Die Tür war geschlossen. Die Luke hatte einfach nicht die Ausmaße, um sie als schnellen Huchtweg benutzen zu können, und der Knochenmönch ging nicht um einen Deut von seinem Vorhaben ab.
    Es sah schwerfällig aus, wie er sich voranbewegte. Er ging geduckt, die massige Kutte umschwang seinen Körper wie der Stoff einer zu dicken Fahne. Das Gesicht blieb regungslos, und trotzdem bewegte sich etwas darin. Kein Zucken, kein Zittern. Es mochte an dem Licht der Kerze liegen, das nicht mehr ruhig war, sondern anfing zu flackern, weil sich die Flamme bewegte.
    Ihr Spiel aus Licht und Schatten gab dem einst so glatten Gesicht des Knochenmönchs ein unheimliches Aussehen. Das Licht erreichte auch die beiden vorschnellenden Arme, deren Hände gegen den Hals des Mannes zielten.
    Sie waren starr, sie waren gekrümmt, und sie waren schneller, als Alberti reagieren konnte.
    Brutal faßten sie zu.
    Zwei Stahlkammern hielten Albertis Hals umschlungen. In diesem Augenblick wurde ihm klar, daß sich diese Klammern nicht mehr lösen würden…
    ***
    Es gab einen Zeugen!
    Wallraven hatte alles mit angesehen. Auch er hatte diese Veränderung gespürt, ohne sie jedoch richtig einordnen zu können. Dieses Fluidum der Gefahr konnte er mit seinem sechsten Sinn wahrnehmen, aber der trieb ihn nicht von der Luke weg, und so sah Wallraven das Verhängnis kommen, und fühlte sich selbst wie mit Ketten gefesselt, weil er es nicht schaffte, den Rückzug
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