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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder
Autoren: Sven Regener
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Bosbach.«
    »Bosbach! Der wird’s weit bringen. Das ist der einzige von denen, der Talent hat. Und der ist schlau. Der wird’s weit bringen!«
    »Und H.R. Heißt der wirklich Hans Rosenthal? Wie der Typ vom Fernsehen?«
    »Hans-Rainer, dachte ich. Ich dachte, der heißt H.R. wegen Hans-Rainer.«
    »Ach so.«
    »Egal, jedenfalls kennst du dann ja die ganzen Pfeifen. Das hält doch auf Dauer kein Schwein aus!«
    »Ich finde die eigentlich ganz nett. Warum hast du denen eigentlich erst allen einzeln erzählt, wo du bist, und dann jedem gesagt, daß er es keinem weitererzählen soll? Das war ganz schön anstrengend, dich zu finden.«
    »Weil die sonst den ganzen Tag nur rumtratschen«, sagte Freddie. »Oder sich gegenseitig fragen, wo ich bin, und dann erzählt das einer weiter, und dann tratschen die den ganzen Tag rum. Oder so.«
    »Und wieso New York?«
    »Wieso?«
    »Ja, wieso?«
    »Mann, Frankie, du hast jakeine Ahnung, New York ist das, was zählt, der Rest ist Quatsch. Mit dem, was ich mache, werde ich in Berlin nichts. Berlin ist zu klein. Und vergiß mal die ganze Mauerstadtscheiße, die die jetzt am Laufen haben, noch ein, zwei Jahre, dann ist das vorbei, dann ist das wieder Verden an der Aller hier, das ist doch alles nur noch für Rentner und Hippies, das bringt doch alles nichts. Frag Bosbach, das ist ein schlaues Kerlchen, der will auch weg. Der Rest kann kacken gehen! Seit wann rauchst du eigentlich?«
    »Habe ich neulich auch schon, als du in Bremen warst.«
    »Ja, stimmt!«
    Sie schwiegen eine Weile, und währenddessen schaure Franks Bruder immer mal wieder an ihm vorbei auf den Fernseher.
    Frank stand auf, ging ans Fenster und schaute raus. Von hier sah man die Rückseite des Kudamms, da war ein großer Hof mit einem großen, kahlen Baum in der Mitte, mit umzäunten Beeten und einem Brunnen, und die Gaslaternen standen dicht an dicht und warfen ihr weißes Licht darüber. Frank kam das irgendwie unwirklich vor, vorne der Kudamm und hinten dieser Garten mit dem riesigen Baum.
    »Gehst du manchmal in den Garten?« fragte er.
    »Nee«, sagte Freddie. »Keinen Bock, ist zu kalt, was soll ich da? Ist doch Winter!«
    »Mama sagt, du sollst dich mal melden. Die macht sich Sorgen, wo du bist. Die ruft dauernd an. Was soll ich ihr denn sagen?«
    »Sag ihr, ich bin verreist.«
    »Hm … Und außerdem will Erwin, daß ihr alle auszieht. Er hat schon eine Ersatzwohnung.«
    »Mir egal. Ich bin Ende des Jahres sowieso weg. Ist schon alles organisiert.«
    »Aha.« Frank wußte nicht mehr, was er noch sagen sollte, es war alles geklärt. Als er aus Bremen weggefahren war, hatte er unbedingt Freddie sprechen wollen, Freddie, hatte er gedacht, Freddie wird schon wissen, was zu tun ist. Aber Freddie wußte das höchstens für sich selbst, wenn überhaupt, und das schien Frank jetzt auch richtig so zu sein. Er hatte ihn noch fragen wollen, ob er keine Angst hatte vor irgendwelchen bleibenden Schäden, vor Nebenwirkungen der Tabletten und so, aber irgendwie war das auch Quatsch, fand er jetzt, das mußte Freddie selber wissen.
    »Schön, dich wiederzusehen, Frankie«, sagte Freddie. »Hast du eigentlich Urlaub oder sowas?«
    »Nein, die haben mich entlassen«, sagte Frank.
    »Ach so«, sagte Freddie. »Und jetzt?«
    »Ich werde wohl hierbleiben«, sagte Frank.
    »In Berlin?«
    »Ja.«
    »Tu das. Gibt Schlimmeres. Wovon willst du denn leben?«
    »Erwin hat gesagt, ich kann für ihn arbeiten.«
    »Das ist eine der wenigen Sachen, auf die ich immer stolz war: daß ich nie in einer Kneipe gearbeitet habe, und daß ich nie Taxi gefahren bin.«
    »Ich mach das gerne«, sagte Frank. »Brauchst du noch irgendwas?«
    »Nein, aber wenn du mir die Zigaretten dalassen könntest, ich habe keine mehr, und bis die mir hier welche besorgt haben … «
    »Okay.« Frank legte die Zigaretten auf den Tisch und drehte den Fernseher wieder lauter.
    »Komm mal wieder vorbei«, sagte Freddie. »Aber komm zu den Besuchszeiten, die sind nämlich extra auf die Zeit gelegt, wo nichts im Fernsehen kommt.«
    »Alles klar, Freddie.«
    »Seit wann sagst du Freddie zu mir? Du hast doch früher immer Manni gesagt.«
    »Alle hier nennen dich Freddie, da gewöhnt man sich das an.«
    »Klingt komisch, wenn du das sagst.«
    »Ich glaube, es ist besser, wenn man das einheitlich regelt«, sagte Frank.
    Freddie stand auf. »Ich bring dich noch raus. Tut mir leid, daß ich gerade nicht so in Form bin, aber in einem Monat ist das hier vorbei, und dann können wir
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