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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens
Autoren: Jojo Moyes
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den Mann, den sie liebte. Und der nicht genug Mut hatte, um mit ihr zusammen zu sein.
     
    Da stand es noch, sein Auto, in der Waldlichtung. Er hatte es ein wenig schräg zum Weg abgestellt in seiner Hast, zur Geburtstagsfeier zu kommen. Hatte sogar vergessen, es abzuschließen.
    Drei Tage waren inzwischen vergangen. Er warf seine Tasche auf den Beifahrersitz. Da fiel ihm der Zettel auf, den jemand unter die Wischerblätter geklemmt hatte. Erstaunt zog er ihn hervor und las ihn. Er war von einem Nachbarn, der ihm seine Hilfe anbot. Byron konnte es kaum glauben.
    Er hatte seine Hunde gerade bei einem Farmer abgeholt, der sich in den letzten Tagen um sie gekümmert hatte. Und jetzt stand er neben seinem Land Rover und sah zu, wie sie um den See herumtobten, voller Freude darüber, wieder in ihrer gewohnten Umgebung zu sein.
    Jenseits des Sees ragte die Ruine des Hauses auf. Die Polizei hatte es mit Absperrband gesichert, das im Wind flatterte, wie eine traurige Kopie der Wimpelketten vom Geburtstag. Auch davon hingen noch einige in den Bäumen oder lagen im Gras. Die Fahrt zur Party, das Sitzen im sonnigen Gras, Isabels Geigenspiel, all das kam ihm vor wie aus einem anderen Leben. Es fiel ihm schwer zu begreifen, wie sich alles, das Haus, das Leben der Familie, die dort gewohnt hatte, so
schnell, so drastisch gewandelt hatte. Für ihn war es dagegen keine so schlechte Sache, wie er jetzt erkannte. Ihn hatte der Einsturz gerettet. Vor sich selbst.
    Auf einmal war er todmüde. Der Gedanke an die lange Fahrt zurück zu Frank war erdrückend. Seine Schwester Jan hatte ihn heute Mittag aus dem Krankenhaus abgeholt. Sie hatte gewollt, dass er erst mal eine Weile bei ihr und Jason blieb, um sich richtig zu erholen, aber er hatte abgelehnt. Er wollte sich nicht in das Glück zweier Menschen drängen, wollte überhaupt nicht mit Menschen zusammen sein. Er wollte allein sein. »Ich fahre zurück nach Brancaster«, hatte er gesagt.
    »Du«, hatte sie geantwortet, »bist manchmal dein schlimmster Feind, Bruderherz.«
    Byron ging langsam auf das zerstörte Haus zu. Er wollte einen letzten Blick darauf werfen, bevor er fortging. Genau vierundzwanzig Stunden lang hatte er legitim darin gewohnt. Er konnte kaum mehr nachvollziehen, wie leicht, wie glücklich er sich beim Aufwachen in diesem Zimmer gefühlt hatte. Aber er hätte nicht bleiben können. Wenn sie das nicht begriff, dann machte sie sich was vor.
    Byron blieb vor der Ostseite stehen und hob einen kleinen weißen Porzellanbecher auf. Der Griff war abgebrochen. So viel lag unter diesen Trümmern begraben. Das, was noch von Isabels Familienleben übrig war. Es würde wahrscheinlich irgendwo auf einer Schutthalde landen.
    Er hielt die Tasse hoch, stellte sich Isabel in der Küche vor. Aber nicht ihr Gesicht. Das wollte er sich nicht vorstellen. Wie sie ausgesehen hatte, als er sie abwies. Der gleiche Ausdruck wie beim Einsturz des Hauses. Aber er hatte ihr nun mal nichts zu bieten. Und sie gehabt zu haben und wieder zu verlieren, das war mehr, als er ertragen konnte. Zuzusehen, wie aus Liebe Verachtung wurde. Weil er mal wieder keinen Job hatte. Nicht genug Geld auf den Tisch legen konnte. Ihr Gesicht,
wenn die Leute mal wieder über ihn herzogen, alte Geschichten herauskramten. Zusehen zu müssen, wie ihre Leidenschaft für ihn verebbte. Nein, da wollte er lieber gleich auf sie verzichten.
    Er und seine Hunde. Das musste genügen. So war es am einfachsten.
    Meg und Elsie brauchten wahrscheinlich etwas zu fressen, und sein Lohn lag in Brancaster. Er schob die Hände in die Taschen, um zu sehen, ob dort vielleicht noch etwas Kleingeld für Hundefutter war. Dabei stieß er auf ein zusammengefaltetes Stück Papier. Eine Briefkopie. Er überlegte, woher die kam, und erinnerte sich dumpf, dass Laura McCarthy ihm den Brief in die Hand gedrückt hatte, als man ihn in den Rettungswagen lud.
    Das musste seine Steuerkarte sein. Mann, die McCarthys hatten wahrhaftig ein untrügliches Gefühl für den schlechtesten Moment. Er faltete das Blatt auseinander, sah, was es war, und erstarrte. Er las die Sätze, musterte das Siegel, die Zeugenunterschriften. Die handschriftliche Notiz an Laura McCarthy. In Pottisworths typischer Handschrift.
    Er las alles noch mal. Stand da wirklich sein Name? Sollte das ein Witz sein? Doch dann fiel ihm Laura McCarthys Miene ein, als sie ihm den Brief überreichte. Grimmig, aber auch erleichtert. Er musste an Pottisworth denken, an sein Gemecker über die
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