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Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)

Titel: Der Kelch von Anavrin: Geheimnisvolle Gabe (German Edition)
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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Dämmerung getauchte Oberfläche des Teichs brodelte, als koche das Wasser; weißer Schaum und unzählige Strudel verschluckten den Ritter, der dort mitsamt dem Kelch versank. Doch Serena glaubte nicht, dass die Klinge Draec getötet hatte, denn in den Tiefen des klaren Weihers meinte sie, rudernde Bewegungen von Armen und Beinen wahrzunehmen.
    »Ich muss ihm helfen«, sagte Rand. Doch als er zum Sprung ansetzte, hielt ihn Serena mit warnender Hand zurück.
    Mit einem Mal wehte eine kühle Brise vom Wasserfall zu ihnen herüber. Wie ein Flüstern strich der leichte Wind über die Lichtung, ehe sich eine unheimliche Stille über die ganze Szenerie legte. Selbst das Rauschen des Sturzbachs war verstummt.
    »Großer Gott«, entfuhr es Rand.
    Der Wasserfall war plötzlich durchsichtig wie Glas und stand zwischen ihrer Welt und einem anderen Reich, das in einem überirdischen Licht erstrahlte und in seiner schillernden Farbenpracht so schön war, dass die Worte der Menschen nicht ausreichten, um diesen atemberaubenden Anblick zu beschreiben. In der Ferne stand eine Burg – hoch ragten die zinnenbewehrten Türme auf, und die weißen Steine strahlten so hell, als seien die Mauern aus dem Glanz der Sterne zusammengefügt.
    »Anavrin«, hauchte Serena.
    »Wunderschön«, flüsterte Rand ehrfürchtig und nahm Serenas Hand in die seine.
    Das verheißungsvolle Bild flimmerte in der Ferne, doch weder Rand noch Serena unternahmen den Versuch, dorthin zu gelangen. Obwohl ein Teil ihres Wesens nach Anavrin gehörte, gab es noch so viel in dieser Welt, das Serena erleben wollte.
    Solange nur Rand an ihrer Seite war.
    So schnell, wie es aufgetaucht war, verschwand das Fenster nach Anavrin auch wieder. Der Schleier trübte sich ein und wurde wieder zu dem wild rauschenden Wasserfall. Tief unten im Weiher beruhigten sich die Strudel. Auch die kleine Lichtung lag ruhig und friedlich da, während der neue Tag in zarten Rosatönen dämmerte.
    Rand schaute in das klare Wasser des Teichs hinab. »Beim Heiligen Kreuz, er ist fort. Le Nantres ist nicht mehr zu sehen.«
    Serena schaute sich auf der Lichtung um und sah nichts als die Baumwipfel, die sich sanft im Wind wiegten, und das taufeuchte Gras. »Alle sind fort.«
    Die Asche von de Mortaine und Calandra und die drei toten Gestaltwandler – alle waren verschwunden, als wären sie niemals dort gewesen. Wie ein furchtbarer Albtraum, den das Tageslicht verscheucht hatte, blieb keine Spur mehr von dem heftigen Kampf, der sich eben gerade an diesem Ort ereignet hatte. Serena trat von dem Weiher zurück und hörte den leisen Klang von Münzen.
    »Calandras Börse«, sagte sie und hob den Lederbeutel auf. Er war schwer und schien ein Vermögen zu enthalten. Vielleicht sind dies die Münzen ganzer Generationen, dachte Serena mit Staunen und nahm Calandras Geschenk voller Dankbarkeit an.
    »Es ist vorbei«, sagte Rand und legte den Arm um ihre Schultern. »Wir haben beide überlebt. Es ist vorüber.«
    Serena nickte, konnte die Wahrheit aber nicht leugnen, die Calandra ihr eröffnet hatte. Die Blutsbande mit Silas de Mortaine empfand sie als schwärende Wunde. Keine Magie aus Anavrin könnte diesen Makel reinwaschen. Immer würde sie mit jenem Mann verwandt sein, der Rand so viel genommen hatte. Immer würde sie die Nachfahrin seines Feindes sein.
    »Rand«, begann sie ängstlich, »glaubst du, du kannst je vergessen … wer ich wirklich bin?«
    Für eine ganze Weile sagte er nichts. »Nein, das kann ich nie vergessen«, erklärte er schließlich.
    Sie schluckte, nickte aber verständnisvoll. Dann schaute er mit einem Lächeln auf ihr gesenktes Haupt und hob ihr Kinn mit einem Finger an. Tief sah er ihr in die Augen.
    »Du bist Serena aus dem Waldland«, sprach er. »Meine liebe Taube, mein Engel, der mich rettete, als ich keine Hoffnung mehr hatte. Du, Serena, bist meine Hoffnung.«
    »Dann bring mich von hier fort«, wisperte sie und schmiegte sich an ihn.
    »Nichts würde ich lieber tun.« Er zog sie eng an sich und genoss das Gefühl, ihren Leib zu spüren. »Aber ich fürchte, dass ich dir nichts bieten kann. Ich habe kein Zuhause mehr.«
    »Das stimmt nicht.« Sie löste sich aus seinen Armen und schaute zu ihm auf. Es rührte ihn, als er sah, wie viel Liebe in ihren blauen Augen leuchtete. »Zeig mir den Ort, wo sich die Sonne auf dem Wasser bricht und die See die Farbe meiner Augen hat. Führ mich dorthin, wo der König gerade Hof hält, dann kosten wir erlesene Speisen und vollmundigen
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