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Der Kater der Braut: Roman (German Edition)

Der Kater der Braut: Roman (German Edition)

Titel: Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
Autoren: Michaela Thewes
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doch recht, wenn ich bei dir wohne, oder? Bitte, bitte, sag, dass es dir recht ist!« Erst jetzt erkannte ich die Stimme meiner kleinen Schwester Lili, die in diesem Moment für ihre Verhältnisse außergewöhnlich zaghaft und unterwürfig klang. »Wenn du mir nicht Asyl gewährst, werde ich hier in dem Kaff versauern, mit zwanzig einen Bauern heiraten und viele kleine Ferkel in die Welt setzen. Kannst du das mit deinem Gewissen vereinbaren?«
    »Gewissen? Was soll das sein? Außerdem weiß ich gar nicht, was du hast. Das Leben auf dem Land hat durchaus seine Vorzüge«, kam ich nun endlich mal zu Wort. Ehe ich meine Einwilligung gab, den kleinen Plagegeist bei mir aufzunehmen, wollte ich Lili noch ein bisschen im eigenen Saft schmoren lassen. »Gummistiefel sind viel bequemer als High Heels. Und denk bloß an die frische, gesunde Landluft …«
    »… und an die Bauerntrampel, die einem beim Feuerwehrball auf den Füßen und auf den Nerven herumlatschen«, ergänzte Lili ironisch.
    Das waren allerdings starke Argumente. »Schon gut, schon gut. Überredet!« Ich hatte mich nach dem Abi ebenfalls im wahrsten Sinne des Wortes vom Acker gemacht und die gesunde Landluft mit Freuden gegen Großstadtsmog und Autoabgase eingetauscht.
    Meine Schwester wollte hier in Düsseldorf Anglistik studieren. Dass sie ihr Studium nicht wie die meisten Studenten zum Winter-, sondern erst zum Sommersemester begann, war typisch für sie. Nach dem Abitur hatte sie erst einmal eine »kreative Pause« eingelegt. Zum Faulenzen und Meditieren. Lili war fast zehn Jahre jünger als ich und das Paradebeispiel eines verwöhnten Nachzüglers. In puncto Sturheit und Dickköpfigkeit konnte ich noch viel von ihr lernen. Lilis Trotzphase hatte mit drei begonnen und bis heute nicht aufgehört. Erschwerend kam hinzu, dass meine kleine Schwester über mindestens genauso viel Charme wie Eigensinn verfügte. Eine fatale Mischung, die es fast unmöglich machte, ihr einen Wunsch abzuschlagen.
    »Gib mir Belinda mal«, rief meine Mutter aus dem Hintergrund. Kurz darauf hörte ich Schritte, die eilig näher kamen.
    »Also, Schwesterherz, dann bis nächste Woche! Unsere Glucke will dich noch mal sprechen. Sie schlägt schon ganz aufgeregt mit den Flügeln.«
    Wie beim Staffellauf wurde der Telefonhörer von Lili an meine Mutter weitergereicht. Dank jahrelanger Übung klappte der fliegende Wechsel perfekt.
    »Ich hab bei ihrer Erziehung alles falsch gemacht. Ich hätte sie nie zum Sprechen ermuntern sollen«, schimpfte meine Mutter gespielt empört, als sie an den Apparat kam. »Ist es auch wirklich O. K. für dich, Lili bei dir aufzunehmen? Natürlich zahlen wir deine halbe Miete. Ich hab einfach ein besseres Gefühl, wenn sie erst einmal bei dir wohnt.«
    »Kein Problem.«
    Trotz des großen Altersunterschieds und aller Gegensätzlichkeiten liebten meine Schwester und ich uns heiß und innig. Hoffentlich bleibt das auch so, wenn wir uns tagtäglich auf der Pelle hängen, hoffte ich im Stillen.
    Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, fühlte ich mich, als wäre ein Wirbelsturm über mich hinweggefegt. Besser ich gewöhnte mich schon mal daran, denn wenn Lili erst einmal in meiner Wohnung campierte, war es ganz sicher vorbei mit der Ruhe und der Beschaulichkeit.

Kapitel 3
    D ie paar Tage bis zum Urlaub vergingen wie im Flug. Am Abend vor der Abreise stand ich neben meinem Koffer und überlegte, was ich einpacken sollte. Am liebsten hätte ich meinen ganzen Kleiderschrank mitgenommen. Abschließen, Kofferanhänger dran, fertig. Aber das ging natürlich nicht – schon aus versicherungstechnischen Gründen. Ich hatte für die kommende Woche lediglich eine Gepäck- und keine Hausratversicherung abgeschlossen.
    Unschlüssig drapierte ich eine Auswahl an farbenfrohen Sommerklamotten auf dem Bett. Gottlob, in Griechenland herrschten um diese Jahreszeit bereits angenehm warme Temperaturen. Das erleichterte die Sache. T-Shirts und luftige Kleider nehmen ja bekanntlich nicht so viel Platz im Koffer weg. Andererseits konnte es sich abends noch empfindlich abkühlen. Apropos abkühlen: Schneestürme waren im Frühjahr wohl eher selten. Aber man wusste ja nie … Wahrscheinlich würde ich doch wieder so viele Klamotten mitnehmen, dass ich einem dreimonatigen Fluglotsenstreik gelassen entgegensehen konnte.
    Fast beneidete ich Mareike, die kaum noch was zum Anziehen hatte. Durch die Trennung von Christian hatte sie gleich in doppelter Hinsicht überflüssigen Ballast
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