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Der kalte Schlaf

Der kalte Schlaf

Titel: Der kalte Schlaf
Autoren: Sophie Hannah
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sich entspannen, sie würde ihren Schwiegervater nicht aufgebürdet bekommen.«
    »Was Ihrer Theorie zufolge alles anderes als Entspannung bei ihr bewirkt hat?«, fragte die Anwältin.
    »Ja, allerdings. Sie hat gemordet«, sagte Simon. »Jo musste die Verantwortung für Quentin übernehmen, damit sie eine Chance hatte, nicht die Verantwortung für Kirsty aufgebürdet zu bekommen. Als Amber nach Sharons Tod der Ansicht war, dass sie ein größeres Haus für sich, Luke und die beiden Mädchen brauchte, tat Ihre Mandantin alles, um ihr das auszureden.«
    Die Anwältin seufzte und schüttelte den Kopf. »Mit Erfolg?«
    »Nein. Aber wie sich herausstellte, spielte das auch gar keine Rolle.« Er sah Jo an. »Sie müssen gedacht haben, dass Sie damit durchkommen würden. Als Pam starb, erwähnte niemand, dass Ambers und Lukes Haus doppelt so groß war wie Ihres. Lukes Versprechen, sich um seinen Vater zu kümmern, wurde nie wieder erwähnt – weder von Ihnen noch von Neil, Luke oder irgendjemandem sonst. Alle wussten ja, wie schwer es für Luke und Amber war, die sich auf ein Leben mit zwei kleinen Kindern einstellen mussten. Sie haben dafür gesorgt, dass die ganze Familie ständig zu hören bekam, wie hart es für die beiden war. Die arme, gestresste Amber, der arme, gestresste Luke.«
    »Aber warum dann Sharon umbringen?«, fragte die Anwältin. »Wenn Sie richtigliegen, wäre es dann nicht einfacher gewesen, Amber und Luke umzubringen? Schließlich können sie Quentin nicht bei sich aufnehmen, wenn sie tot sind.«
    »Wenn Amber und Luke irgendetwas zugestoßen wäre, hätte Jo automatisch zum Kreis der Verdächtigen gehört. Aber wenn sie Sharon umbringt – eine ihr völlig fremde Frau –, wer sollte sie da verdächtigen? Für alle Welt sieht es so aus, als hätte sie nichts durch ihren Tod zu gewinnen. Und ihre Mutter hat sie so indoktriniert, dass sie überzeugt ist, die Familie sei wichtiger als alles andere. Sharon gehörte nicht zur Familie, in Jos Augen war ihr Leben zweitrangig.«
    Jos Anwältin seufzte. »Hören Sie, es besteht kein Zweifel über das, was meine Mandantin getan hat, aber alles, was Sie über ihre Motive sagen, ist nicht zu beweisen.«
    »Ich habe es gerade bewiesen«, erklärte Simon.
    »Sie haben es gesagt. Das ist nicht dasselbe.«
    »In ihrem zweiten Wohnsitz stehen Fotos von jedem einzelnen Familienmitglied, nur nicht von ihrer Schwester. Was verrät uns das?«
    »Dass Kirsty nicht fotogen ist. Und dass Sie sich an Strohhalme klammern.« Die Anwältin ergriff Jos Arm. »Die Vernehmung ist beendet, eine Stunde später als vorgesehen. Wir gehen jetzt.«
    Jo stand auf.
    »Sehen Sie? Sie hat Sie ganz genau verstanden.« Simon versperrte ihnen den Weg zur Tür und sagte zu Jo: »Wir werden beweisen, dass Sie eine Lügnerin sind. Sie werden ins Gefängnis kommen.« Er spuckte ihr die Worte fast ins Gesicht. »Wenn Sie dieses Theater aufgeben, können Sie mit Ihren Kindern sprechen und ihnen erklären, warum Sie das alles getan haben. Sie können vor Gericht erklären, unter welchem Druck Sie standen. Ginny wird für Sie aussagen, und es gibt mildernde Umstände.«
    »Was Sie eigentlich meinen, ist, wenn sie dieses Theater aufgibt, können Sie beweisen, dass Sie richtigliegen«, stellte Jos Anwältin fest. »Was offenbar kein hinreichend großer Anreiz für meine Mandantin ist.«
    Jo jaulte und bewegte den Mund, als versuche sie, ihre Lippen ordentlich aufeinanderzulegen.
    »Ich kann Ihnen helfen«, rief Simon ihr nach, als die Anwältin sie aus dem Raum geleitete. Ihm war klar, dass er seinen inneren guten Bullen viel zu spät ins Spiel gebracht hatte. »Ich möchte Ihnen helfen.«
    »Helfen Sie sich selbst«, riet ihm die Anwältin. »Hören Sie auf, Ihre Zeit zu verschwenden.«
    Sie waren fort. Er blieb allein in dem Raum zurück, in dem das Echo der zufallenden Tür widerhallte.

15
    F REITAG , 10. D EZEMBER 2010
    »Du trinkst Wein«, teilt Dinah mir mit. Sie, Nonie, Luke und ich sitzen bei unserem Lieblingsitaliener in Silsford, im Ferrazzano’s.
    »Ich weiß, dass ich Wein trinke.«
    »Wenn es schlecht ist, dass Mrs Truscott den Eltern bei Schulveranstaltungen Wein gibt, dann ist es auch schlecht, wenn du Wein trinkst.«
    »Nein, falsch ist nur, dass Mrs Truscott bei Schulveranstaltungen Wein ausschenkt und so tut, als wäre er umsonst. Und außerdem …«
    »Was?«, will Dinah wissen.
    »Nichts.« Luke und ich wechseln einen Blick. Beide denken wir, dass Mrs Truscott von nun an tun kann,
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