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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition)
Autoren: Judith Lennox
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sonnengebräunt, ihr Mund breit und großzügig. Das Bemerkenswerteste an ihr waren die tiefgrünen lebhaften Augen.  
    »Mrs. Coryton.« Sie reichte Freddie die Hand zum Gruß. »Wie war die Fahrt? Sie sind sicher müde. Ich finde diese kleinen Straßen immer richtig anstrengend.«  
    Ein Mann, groß, mit lockigem graugesprenkeltem Haar kam aus der Werkstatt. »Mrs. Coryton ist gerade angekommen, Connor«, sagte Rebecca Rycroft. »Mrs. Coryton, das ist Connor Byrne.«  
    Connor Byrne gab Freddie die Hand, küsste Rebecca auf die Wange und verschwand wieder in dem langen, niedrigen Bau.  
    Rebecca Rycroft sagte: »Ich dachte, wir setzen uns ins Wohnzimmer.«  
    Auf dem Weg ins Haus sagte Freddie: »Ihr Mann, Milo –«  
    »Milo und ich sind seit vielen Jahren geschieden. Er lebt jetzt in Amerika – er ist wieder verheiratet und hat zwei Töchter. Connor und ich leben zusammen. Er ist Bildhauer – wir teilen uns das Atelier. Heiraten können wir nicht, weil Connors Frau, sie lebt in Irland und ist streng katholisch, sich nicht scheiden lassen will. Ich weiß sowieso nicht, ob ich noch einmal heiraten würde. Ich liebe Connor sehr, aber irgendwie habe ich das Gefühl, ein Ehemann ist genug.«  
    Sie führte Freddie in das nach vorn gelegene Wohnzimmer. Ein Sessel war mit einem geblümten Stoff bezogen, der andere mit einem gestreiften. Bücherregale nahmen eine ganze Wand ein. Auf einer niedrigen Kommode standen Dutzende Glasobjekte, Schalen, Teller, Statuetten.  
    »Bitte setzen Sie sich, Mrs. Coryton.« Freddie nahm den geblümten Sessel. Rebecca Rycroft fragte: »Darf ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten?«  
    »Mrs. Rycroft –«  
    »Bitte sagen Sie Rebecca.«  
    Freddie bot ihr nicht an, sie ebenfalls beim Vornamen zu nennen. Als Rebecca aus dem Zimmer ging, sah Freddie sich die Gegenstände auf der Kommode an und fühlte, genau wie in der Galerie, einen beinahe unwiderstehlichen Drang, die glatten Glasflächen, die Wellen und Rundungen mit den Fingerspitzen zu berühren.  
    »Glas ist ein wunderbar sinnliches Material, nicht wahr?« Rebecca stellte ein Teetablett auf einen niedrigen Tisch. »Ich kann das Glas natürlich nicht formen, wie Connor seinen Stein formt, aber dafür kann man Stein nicht verflüssigen, man kann ihn nicht erhitzen und dann gestalten.«  
    Sie reichte Freddie eine Tasse Tee. »Aber Sie sind nicht hergekommen, um sich über Glas zu unterhalten. Sie möchten mit mir über Ihre Schwester Tessa sprechen.«  
    »Ja.« Freddie sah Rebecca direkt in die Augen. »Die Büste in der Galerie, mit dem Namen Tessa, das ist doch eine Skulptur von ihr ?«  
    »Ich bin ihr nie begegnet, aber Milo hat mir gesagt, dass sie sehr schön war. Und das war sie wirklich, nicht wahr? Ich habe Bilder von ihr in der Bibliothek gefunden, in Zeitschriften und Büchern. Und ich war auf einer Fotoausstellung.«  
    »Max«, sagte Freddie. »Das waren Max’ Fotos.«  
    »Ja, Max Fischer. Ich kann mir gut vorstellen, warum die Kamera sie liebte. Ihr Gesicht hatte etwas so Offenes und Zerbrechliches. Und trotzdem auch etwas Rätselhaftes. Wahrscheinlich hat Schönheit immer etwas Rätselhaftes. Wir können nicht verstehen, warum sie uns so anzieht.« Sie sah Freddie an. »Es hat mir so leidgetan zu hören, dass sie tot ist.«  
    »Wirklich?«, fragte Freddie. »Ich hätte eher gedacht, Sie haben sie gehasst.«  
    Rebecca wich nicht aus. »Ja, eine Zeit lang habe ich sie gehasst«, sagte sie. »Meine Skulptur war zum Teil eine Botschaft. Ich dachte, wenn Sie sie sähen, könnten Sie selbst entscheiden, ob Sie alles wissen wollen. Man möchte ja gar nicht immer die Wahrheit wissen, nicht wahr? Oft versteckt man sich davor. Eine Beichte kann den, der sie ablegt, befreien und den, der sie empfängt, vernichten. Ich dachte mir, so hätten Sie die Freiheit der Entscheidung. Und Sie haben sich offensichtlich entschieden, Mrs. Coryton, sonst wären Sie nicht hier.«  
    »Ich glaube, dass Ihr geschiedener Mann, Milo, der Vater von Tessas Kind war.«  
    »Ja, das ist richtig.«  
    »Und Sie wussten es?«  
    »Ja, ich weiß es schon sehr, sehr lange.«  
    »Er hat so viel Schaden angerichtet.« Freddies Stimme zitterte ein wenig.  
    »Ja. Und ich auch.«  
    »Sie?«  
    »Ja, ich. Soll ich Ihnen erzählen, wie es war?«  
    Schweigen. Dann nickte Freddie wortlos.  
    »Ich habe Milo einmal sehr geliebt.« Rebecca setzte sich in den gestreiften Sessel. »Und ich fürchtete immer, er liebe mich nicht mit
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