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Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman

Titel: Der Hueter der Koenigin - Historischer Roman
Autoren: Eva Maaser
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nicht wenige galt Chilperich als bedauernswertes Opfer ihrer Verführungskünste. Als ob es großer Verführung bedurft hätte, ihn zum Mord anzustacheln. Sie hatte ihn nur in seinen Vorhaben bestärkt. Man hatte sogar behauptet, sie habe die Dolche vergiften lassen, mit denen Sigibert getötet worden war. Das war purer Unfug. Zu jenem Zeitpunkt hatte sie gerade ein Kind geboren und musste um dessen Leben wie auch um das eigene fürchten. Die Menschen waren nur zu bereit, das Schlechteste von ihr zu denken.
    Auf der Suche nach Ablenkung ließ sie den Blick durch den Saal schweifen, der prompt an einem jungen, gut gekleideten Mann hängen blieb.
    „Da ist Merowech“, rief sie aus. „Siehst du ihn? Ich habe ihn beinahe nicht erkannt. Wann ist er eingetroffen?“ Sie deutete auf den Mann, der sich angeregt mit einem der Bischöfe unterhielt.
    Bertram schien unschlüssig, ob er auf den Themenwechsel eingehen sollte, zuckte aber schließlich die Schultern. „Hauptsache, er ist hier. Ich habe ihm Grüße von seiner Mutter auszurichten“, murmelte er.
    Audovera, die erste Gemahlin Chilperichs, hatte diesem mehrere Söhne geboren, von denen zwei - Merowech und der ältere Chlodowech - noch lebten. Um Brunichilds Schwester Gailswintha heiraten zu können, hatte sich Chilperich von Audovera getrennt und sie ins Kloster von Le Mans geschickt. Die abgedankte Königin lebte sozusagen unter Bertrams Aufsicht.
    „Ich gehe gleich zu ihm, denn wer weiß, wann ich ihn in diesem Gewühl wiedertreffe. Du entschuldigst mich?“ Im Davoneilen streiften seine Finger unauffällig an ihrer Seite entlang, eine eindeutig zärtliche Geste.
    Fredegund schüttelte über so viel Dreistigkeit den Kopf.
    Bertram breitete die Arme weit aus und drückte erst Merowech an sich, dann den Bischof neben ihm und tauschte die üblichen Wangenküsse mit ihnen.
    Von der anderen Seite des Saales näherte sich einer der Bischöfe, um Fredegund zu begrüßen, aber sie hatte keine Lust auf die Begegnung. Das Gespräch mit Bertram ging ihr nicht aus dem Kopf. Dieser Flegel! Sie auf Brunichild und ihren Hass anzusprechen, war eine Gemeinheit, die sie ihm noch heimzahlen würde. Mit einem unwirschen Wink bedeutete sie ihren Damen, sie sollten zurückzubleiben, und verließ hastig den Saal.
    Eine Weile verbrachte sie in einem kleinen Gartengeviert, einem Refugium, das der engsten Familie vorbehalten war. Die Mitte nahm ein plätschernder Brunnen ein. Einige Male schritt sie zwischen den von Buchsbaum gesäumten Beeten voller Frühlingsblumen auf und ab, auf die das volle silbrige Mondlicht fiel. Der Garten wirkte zauberhaft um diese Stunde.
    Ihre Verstimmung verflog, schlechte Laune hielt sich nie lange bei ihr. Auf dem Weg zurück zur Empfangshalle im ersten Stock ging sie einen der endlos langen Flure entlang, an dem sich abwechselnd flache Nischen und Türen aneinanderreihten. Ihr Blick fiel auf eine Bronzevase vor einer dieser Nischen. Verzerrt gab die polierte Rundung das Bild des Flurs hinter ihr wieder. Jemand folgte ihr, einer der vielen Priester, die im Gefolge der Bischöfe im Palast ein- und ausgingen. Vielleicht hatte er ein Anliegen an sie oder wollte sie zu einer Fürsprache bei Chilperich bewegen. Immer ging es um Geld oder kleine Privilegien. Halb belustigt, war sie im Begriff, sich umzuwenden, als sie ein Aufblitzen wahrnahm. Während sie aufschrie und sich gegen die Vase drückte, spürte sie, wie ihr eine Klinge seitlich das Gewand aufschlitzte.
    Sie schrie aus Leibeskräften, riss den eisernen Ring zum Feuerschlagen von ihrem Gürtel, und schlug ihn mit einer Drehung um die eigene Achse dem Fremden mit Wucht an den Hals.
    Mit Gegenwehr hatte der Mann nicht gerechnet, er taumelte zwei Schritte zurück und starrte sie an. Eine blutige Spur markierte die Stelle, wo ihn der Feuerring getroffen hatte. Ein so blanker Hass loderte aus seinen dunklen Augen, dass Fredegund zurückwich und gegen die Bronzevase prallte, die einen dunklen hohlen Ton abgab. Der Angreifer hielt in beiden Händen Dolche und hatte sich nur zu schnell gefasst.
    Fredegund sah keinen Ausweg mehr. Sie stand ihrem Mörder gegenüber. In ihrem eigenen Haus. Nicht weit entfernt plauderten die frommen Bischöfe entspannt miteinander und niemand ahnte, was hier vorging.
    „Nicht, bitte nicht!“, stieß sie mit einer fast kindlich hohen Stimme hervor und streckte abwehrend die Hand aus, während sie die andere um den eisernen Feuerring krallte und sich auf einen neuen Angriff
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