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Der Himmel so fern

Der Himmel so fern

Titel: Der Himmel so fern
Autoren: Kajsa Ingemarsson
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Entschuldigung, wenn ich das sage«, begann er mit lauter Stimme. »Aber das war ja wirklich ein mieser Plan! Dann hätte ja die stetige Sauferei bis zum Ende genauso geplant sein können. Darf man fragen, wie Sie sich die Fortsetzung vorgestellt hatten? Sollte er für den Rest seines Lebens an Ihrem Grabstein hocken und balzen?«
    An seinem Gesicht war der Zweifel so deutlich abzulesen, dass ich in Lachen ausbrach.
    »Birger, habe ich jemals in der Zeit, seit wir uns kennen, behauptet, dass mein Selbstmord eine gute Idee gewesen sei?« Ich schüttelte den Kopf. »Warum bin ich nicht in dem Moment, als ich auf der Erde aufschlug, mit Arayan gleich in die ewigen Jagdgründe eingegangen, was meinen Sie?«
    »Tja, keine Ahnung  …« Birger brummelte nur auf meine forsche Frage.
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, ich mag Sie wirklich, aber unsere kleine Gang – Sie und ich und Anna und Valdemar – sind wohl kaum zufällig aufeinandergetroffen. Keiner von uns war fertig. Keiner von uns war zufrieden. Anna und Valdemar hatten keine Wahl, sie starben. Punkt, aus. Aber Sie und ich: Im Leben so viele falsche Entscheidungen zu treffen … Manche merken noch rechtzeitig, was vor sich geht, andere – wie wir zwei – müssen mit
›des Gedankens Blässe umherwandern bis in alle Ewigkeit‹

    »Nein, das mache ich nicht.«
    »Ich denke, das ist genau das, was wir beide tun.«
    »Ich muss an Alex denken, das wissen Sie genau …«
    »Ehrlich gesagt, Birger, geht es denn wirklich um Alex? Oder geht es darum, Ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen?«
    Da sah er mich an, und sein Blick wurde immer grimmiger. Einen Augenblick lang dachte ich, dass er jetzt verschwinden würde oder es gleich haufenweise Schimpfworte auf mich hageln würde. Stattdessen schien es, als gehe ihm die Luft aus, seine Schultern sackten nach unten, und das dunkle Funkeln in seinen Augen verschwand.
    »Das war nicht sehr nett«, sagte er und schniefte.
    »Nein, tut mir leid.«
    »Im Übrigen glaube ich, mit Alex ist etwas geschehen.« Birger sah mich an und lächelte ein wenig. »Er hängt nicht mehr mit diesem Josef herum. Und in der letzten Zeit hat er fast keine Stunde in der Schule verpasst. Er döst zwar die halbe Zeit, aber immerhin ist er anwesend. Und der Hausmeister, den er kennengelernt hat, hat ihm zu einem Zubrot verholfen. Er reinigt jetzt die Baracken unten am Sportplatz von den Graffiti-Schmierereien und bekommt dafür siebzig Kronen in der Stunde.« Birger lachte. »Du liebe Zeit, war der erschöpft nach ein paar Stunden Arbeit, mein Junge. Jammerte und lamentierte. Ihm tat der Rücken weh, und er hatte Blasen an den Händen …« Birger schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm gesagt, er solle sich mal auf den Hosenboden setzen und büffeln, wenn er in Zukunft nicht solche Scheißjobs machen will.«
    Ich lächelte ihn an. »Alex wird seinen Weg gehen, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Ja … Er hat wohl immerhin eine Chance.«
    »Er hat einen Vater, der an ihn glaubt.«
    »Einen toten …«
    »Stimmt. So sind wir nun mal.« Wir sahen uns mit ernster Miene an, dann verzog sich Birgers Mundwinkel, und schließlich brachen wir beide in Lachen aus. Es hallte von den Hauswänden wider, und ich musste nach Luft schnappen, da sich mein Magen schon zusammenkrampfte. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so heftig gelacht hatte, und man kann von Glück sagen, dass man uns weder hören noch sehen konnte, weil wir uns so vor Lachen bogen, dass wir an den Hauswänden Halt suchen mussten. Trotzdem bemerkte ich, dass die Leute, die auf dem Fußweg vorbeiliefen, plötzlich lächelten, als sei ihnen soeben etwas Lustiges in den Sinn gekommen. Schließlich beruhigten wir uns, doch das Lachen wollte einfach nicht versiegen. Wie Dünungen rollte es immer wieder in unser Gespräch, und ich musste eine Träne wegwischen, die mir in dem ganzen Tumult über die Wange gelaufen war, doch in dem Moment wurde mir klar, dass da gar keine Träne war. Und eine Wange auch nicht.
    »Es gibt uns einfach nicht. Das sehen Sie doch ein, oder?« Ich betrachtete Birger, der über meine plötzliche Ernsthaftigkeit offenbar verwundert war.
    »Nein, und das ist ein verdammtes Glück, so wie wir uns hier aufführen.« Er unternahm einen Versuch, erneut in Lachen auszubrechen, doch dieses Mal riss ich mich am Riemen. Stattdessen sah ich ihn an, musterte sein verlebtes Gesicht, seine dreckigen Kleider. Ich sah ihm in die Augen.
    »Ich glaube, jetzt ist es an der
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