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Der Hexer - NR34 - Stirb Hexer

Der Hexer - NR34 - Stirb Hexer

Titel: Der Hexer - NR34 - Stirb Hexer
Autoren: Verschiedene
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versuchte er sogar noch, gemächlich die Straße entlangzuschlendern, schon Tailwortherns wegen, der vielleicht hinter der nächsten Ecke stand und sich ausschüttete vor Lachen. Doch fast gegen seinen Willen wurde er von Schritt zu Schritt schneller. Er hörte, wie der Fremde hinter ihm die Kreuzung erreichte, kurz stehenblieb und dann hinter ihm herkam. Angus beschleunigte seine Schritte abermals, doch der Abstand zu dem anderen blieb gleich. Er ging langsamer. Auch der andere ging langsamer. Jetzt war Angus sicher, daß es kein Zufall war.
    Und fast wäre er froh gewesen, hätte er wirklich Tailworthern hinter sich gewußt. Aber irgendwie war er sicher, daß es nicht Tailworthern war.
    Angus blieb stehen – auch die Schritte seines unheimlichen Verfolgers brachen ab –, blickte konzentriert in die grauen Schwaden hinter sich, ohne indes mehr als einen verschwimmenden Schatten zu gewahren, und lief nach kurzem Zögern auf das nächstbeste Haus zu. Doch als er den Türöffner anschlug, blieb alles still. Nur die Schritte des Fremden drangen durch die Nacht. Und sie kamen immer näher.
    Angus schlug mit beiden Fäusten gegen das rauhe Holz der Tür, doch das einzige, was er erreichte, war, daß er sich die Knöchel blutig schrammte. Voller jäh aufflammender Angst rannte er zu einem Fenster, rüttelte daran und versuchte kurzerhand die Scheibe einzuschlagen. Er hätte ebensogut gegen die Wand treten können. Das Glas schien härter als Stahl.
    Der Fremde war keine zwanzig Yards mehr hinter ihm, als Angus endlich von dem Haus abließ, das sich ihm auf so unheimliche Weise verschlossen hatte, und wie von Furien gehetzt die Straße hinunterrannte. Für einen winzigen Augenblick schöpfte er Hoffnung, den Fremden im Nebel abschütteln zu können.
    Aber nur für einen Moment.
    Dann hörte er die Schritte wieder hinter sich. Und Augenblicke später glaubte er den Atem des anderen im Nacken zu spüren.

    * * *

    Die Uhr unten in der Halle schlug sieben, aber Mary und ich saßen noch immer in der Küche beieinander. Die Wärme in meinen Handflächen stammte von der mittlerweile sechsten Tasse von Marys höllisch starkem Kaffee, mit dem ich mein Herz malträtierte, und in meinem Kopf hatte sich jener dumpfe Druck ausgebreitet, der von zu wenig Schlaf und zu viel Koffein kündete.
    Und trotzdem fühlte ich mich wohl wie seit langem nicht mehr. Mary und ich hatten geredet, die ganze Zeit über – das hieß, ich hatte geredet, und Mary hatte auf ihre unnachahmlich sanftmütige Art zugehört und mich mit frischem Kaffee versorgt. Wir hatten nichts Weltbewegendes diskutiert, sondern einfach über dies und jenes gesprochen, kleine Dinge des täglichen Lebens, die im Grunde völlig unwichtig waren. Aber manchmal tat es unbeschreiblich wohl, einmal nicht über den Untergang der Welt oder das Ende der menschlichen Rasse reden zu können.
    »Noch einen Kaffee?« fragte Mary, als ich die Tasse geleert hatte. Ich nickte, und sie stand auf, um zum Ofen zu gehen. In diesem Moment drang der dumpfe Hall des Türklopfers aus dem Haus zu uns herab. Mary blieb stehen, runzelte demonstrativ die Stirn und sah auf die Uhr. Natürlich wäre es nicht ungewöhnlich, wenn um diese Zeit Lieferanten oder Dienstboten gekommen wären – London begann jetzt mit Macht zu erwachen, und die Straßen hatten sich sicher schon mit Leben gefüllt. Aber es war eindeutig ungewöhnlich, daß jemand durch die Vordertür Einlaß begehrte, denn wer immer dieser Jemand war, er mußte wohl zu mir wollen – und es gab unter denen, die mich auch nur halbwegs kannten, absolut niemanden, der nicht gewußt hätte, wofür ich Besuche vor der Mittagsstunde hielt: für vorsätzliche Körperverletzung.
    Verwirrt stand ich auf. »Ich gehe zur Tür«, sagte ich. »Harvey wird sicher noch schlafen.« Harvey Davidson war nun schon mein dritter Butler am Ashton Place, nach Henrys tragischem Tod und Charles’ Abschiebung ob der Geschehnisse um die Killer-Motten.
    Mary war wie fast immer schneller. Sie schüttelte nur stumm den Kopf, stellte die Glaskanne mit dem frisch gebrühten Kaffee vor mir auf den Tisch und rauschte aus der Tür, ehe ich auch nur Zeit fand, zu widersprechen. Augenblicke später hörte ich sie oben die Haustür öffnen, und in der nächsten Sekunde erkannte ich die Stimme meines alten Freundes Dr. Gray. Entspannt ließ ich mich wieder zurücksinken, schenkte mir einen neuen Kaffee ein und freute mich auf Grays Gesicht, wenn Mary ihn hereinführen
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