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Der Hexer - NR34 - Stirb Hexer

Der Hexer - NR34 - Stirb Hexer

Titel: Der Hexer - NR34 - Stirb Hexer
Autoren: Verschiedene
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drohenden Bewegung seiner Pistole. Die neben mir sitzenden Polizisten stiegen bis auf die zwei, an die ich gefesselt war, aus der Kutsche und bildeten mit gezückten Waffen eine Gasse.
    Jetzt stiegen auch Jenkins und Tailworthern aus dem Wagen. Sie achteten dabei sorgfältig darauf, nicht in die Schußlinie zu geraten. Dann stand ich auf dem unebenen Pflaster und versuchte durch die nebelige Dämmerung den Ort zu erkennen, an den man mich gebracht hatte. Da ich nur die Rückfront sah, hätte ich überall in London sein können. Die Uniformen der beiden Männer jedoch, die uns die Türen öffneten, waren so charakteristisch, daß ich einen Augenblick stehenblieb und sie anstarrte.
    Was zum Teufel hatten wir zu dieser späten Stunde im Old Bailey zu suchen? Wenn mich ein Richter oder Staatsanwalt verhören wollte, so hätte es weitaus weniger Umstände bereitet, wenn er in den Yard gekommen wäre. Außerdem hatte ich nicht die Absicht, auch nur ein Wort zu sagen, solange Gray nicht bei mir war.
    »Vorwärts«, knurrte Tailworthern. Rücksichtslos wurde ich weiter gezerrt. Ich hatte das Gefühl, in eine belagerte Festung zu kommen. Überall wimmelte es von Pistolen und Gummiknüppel schwingenden Polizisten, die alle nichts anderes zu tun hatten, als mich mit möglichst finsteren Mienen anzustarren. Wäre es mir besser gegangen, hätte ich mir trotz der Lage, in der ich mich befand, das Lachen nicht verkneifen können. Eigentlich kam mir in diesem Moment erst richtig zu Bewußtsein, was hier geschah. Ich wurde nicht nur wie der berühmte Staatsfeind Nummer eins behandelt – in den Augen dieser Männer war ich es.
    Cohen selbst öffnete die letzte Tür, und wenige Sekunden später stand ich im bedeutendsten Gerichtssaal des Empire. Jenkins und Tailworthern zogen mich weiter, drückten mich auf die Anklagebank und setzten sich zu meinen Seiten nieder. Die begleitenden Polizisten nahmen im Zuschauertrakt Platz, ohne ihre Waffen aus der Hand zu legen, während Cohen auf die Empore zutrat, auf der Richter, Staatsanwalt und Schöffen thronten. Alles kam mir mehr und mehr wie ein böser Alptraum vor.
    Aber es war kein Traum. Es war unmöglich und widersprach mindestens einem Dutzend Gesetzen und Erlassen, aber es war alles zum Prozeß bereit.
    Der Richter blätterte in seinen Akten und stellte Cohen einige leise Fragen, während sich ein paar Schöffen flüsternd miteinander unterhielten. Die meisten wirkten verwirrt und wußten anscheinend genausowenig wie ich, was wir hier alle sollten.
    Der Richter beendete sein Gespräch mit Cohen und schlug mit seinem Hammer dreimal auf den Tisch. »Können wir die Verhandlung eröffnen?« fragte er. Seine Stimme klang seltsam – als hätte er Drähte anstelle von Stimmbändern im Hals.
    Dr. Gray stürmte förmlich durch die Tür, warf einem Gerichtsdiener Mantel und Schirm, einem anderen den Bowler zu und eilte nach vorne zur Empore.
    »Ich bitte Sie, meine Verspätung zu verzeihen, Euer Lordschaft. Aber ich wurde über diese gräßliche Sache erst informiert, als ich in meine Kanzlei zurückkam«, sagte er.
    Lordoberrichter James Darender nickte gelangweilt. »Ich nehme Ihre Entschuldigung an, Dr. Gray. Doch ich muß Sie jetzt bitten, sich umzuziehen, damit die Verhandlung beginnen kann.«
    »Selbstverständlich, Euer Lordschaft. Doch dürfte ich vorher noch kurz mit meinem Mandanten sprechen? Ich wurde von dem Fall so überrascht, daß ich keine Zeit fand, mich darauf vorzubereiten.«
    Der Richter nickte. Gray kam zur Anklagebank und beugte sich zu mir herab. »Kein Wort über den Zwischenfall im Yard«, zischte er. »Ich glaube, ich kann alles vertuschen. Du sagst nichts ohne mein Einverständnis, klar?«
    Ich nickte ganz automatisch. Nicht, daß ich auch nur noch ein Wort verstanden hätte. Was zum Teufel ging hier vor??!
    »Kopf hoch, Robert«, fuhr Gray fort. »Irgendwie werden wir uns da schon herausarbeiten. Ich ziehe mich jetzt nur schnell um, und dann zerrupfe ich diese sogenannte Anklageschrift in kleine Fetzchen. Vor Ruthels Augen!« Er lächelte aufmunternd, wandte sich um und folgte dem Gerichtsdiener, der ihm die Tür zu Darenders Zimmer aufhielt, wo er sich umziehen sollte.
    Während wir auf Gray warteten, begann ich mich immer unbehaglicher zu fühlen. Irgend etwas stimmte hier nicht. Alles um mich herum war einfach falsch, ohne daß ich zu sagen wußte, warum. Es begann mit Darender selbst – er war im Gegensatz zu den meisten Schöffen und dem Staatsanwalt in keiner
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