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Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Titel: Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York
Autoren: Verschiedene
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Personal eines so sündhaft teuren Hotels konnte schließlich einmal etwas vergessen.
    Es war vielmehr der Umstand, daß das Schloß fehlte. Zusammen mit einem halben Quadratmeter des zollstarken Türholzes, in das es eingelassen gewesen war. Ich wollte weitergehen, aber Rowlf legte mir eine seiner gewaltigen Pranken auf die Schulter, schob mich kurzerhand beiseite und stieß die Tür mit dem Fuß auf. Was wir sahen, war ein Bild vollkommener Zerstörung. Die Suite war zertrümmert, so gründlich, als wären Dschingis Khans Horden hindurchgeritten; mindestens fünfundzwanzigmal. Kein einziges Möbelstück war heil geblieben, die meisten so zertrümmert, daß sie nicht einmal mehr zu identifizieren waren. Die kostbaren Kristallüster waren von der Decke gerissen und die Splitter wie glitzerndes Eis über das ganze Zimmer verteilt, die Teppiche waren zerrissen, und in den Fußböden gähnten gewaltige, ausgefranste Löcher.
    »Großer Gott«, stammelte Howard. »Was ist hier passiert?«
    Aber ich hörte seine Worte kaum. Mein Blick hing wie gebannt an der Tür zu Priscyllas Schlafzimmer.
    Genauer gesagt, an dem gezackten Loch darin, das ungefähr die Größe und Umrisse eines menschlichen Körpers hatte. Wer immer hier eingedrungen war, hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, die Tür zu öffnen, sondern war einfach hindurchgelaufen.
    Zitternd, wie gegen einen inneren Widerstand ankämpfend, näherte ich mich der Tür, duckte mich durch das gewaltige Loch hindurch und unterdrückte nur noch mit letzter Kraft einen Schrei, als ich sah, daß der Raum ebenso verwüstet war wie das Nebenzimmer. Schlimmer noch – hier war sogar die Wand eingerissen. Der unbekannte Eindringling war nicht auf dem gleichen Wege zurückgegangen, auf dem er gekommen war, sondern in gerader Linie weiter – durch die Wand hindurch.
    Und Priscylla war verschwunden. Neben dem, was von ihrem Bett übriggeblieben war, lag eine verkrümmte Gestalt, in die Fetzen einer ehemals weißen Schwesterntracht gehüllt. Ihre Haube war nach vorne gerutscht und verbarg gnädig den Anblick ihres Gesichtes.
    Behutsam kniete ich neben der Toten nieder, streckte die Hand nach ihr aus und fuhr wie elektrisiert zurück, als ein leises, gequältes Stöhnen aus ihrer Brust drang. »Sie lebt!« entfuhr es mir.
    »Ja«, antwortete Howard leise. »Aber sie wird sterben.«
    Ich fürchtete, daß er recht hatte. Der Teppich unter dem Körper der Krankenschwester war dunkel von Blut. Niemand konnte die Verletzungen überstehen, die sie davongetragen hatte. Es war ein Wunder, daß sie überhaupt noch am Leben war.
    »Mein Gott«, flüsterte ich. »Was ist hier geschehen?«
    Howard kniete neben mir nieder, drehte die Sterbende wenig sanft auf den Rücken und berührte ihr Gesicht. In seinen Augen stand eine Frage geschrieben, die den Schrecken in mir noch vertiefte.
    »Nein!« sagte ich.
    »Du mußt«, erwiderte Howard, sehr leise, aber auch sehr ernst. »Wir müssen wissen, was hier passiert ist. Und zwar schnell.«
    Einen Moment lang sträubte ich mich noch dagegen, aber in Wahrheit hatte ich längst eingesehen, daß er recht hatte. Mrs. Peddigrew war die einzige Zeugin, die uns sagen konnte, wer für diese Verwüstung verantwortlich war, und – was noch wichtiger war! – was mit Priscylla geschehen war. So nickte ich schließlich widerstrebend, streckte die Hand nach ihr aus und berührte mit gespreizten Fingern ihre Augen und ihre Stirn. Dann konzentrierte ich mich.
    Es war leichter, als ich erwartet hatte, denn ihr Geist glitt bereits hinüber in die dunklen Sphären des Nichts und wehrte sich nicht mehr gegen meine Beeinflussung, wie es das Bewußtsein eines gesunden Menschen ganz instinktiv getan hätte.
    Und es war schlimmer, als ich gefürchtet hatte.
    Zuerst fühlte ich nichts als einen tiefen, kalten Schmerz, eine Pein sonderbar körperloser Art, dann einen fast unwiderstehlichen Sog. Etwas Schwarzes, ungeheuer Starkes wollte sich meines Bewußtseins bemächtigen. Eine gräßliche Kälte machte sich in mir breit.
    Hastig zog ich mich zurück, blockte den Einfluß des finsteren Strudels ab und griff noch einmal nach dem Geist der Sterbenden. Diesmal sah ich Bilder, aber es war wie in einem wahnsinnigen, sich unglaublich rasch drehenden Kaleidoskop: Momentaufnahmen aus ihrer Jugend, banale Augenblicke ihres Lebens, ihr erster Schultag, ihre erste Liebesnacht, eine Enttäuschung, die so groß gewesen war, daß sie ihr ganzes nachfolgendes Leben veränderte. Binnen
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