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Der Hexer - NR09 - Das Mädchen aus dem Zwischenreich

Der Hexer - NR09 - Das Mädchen aus dem Zwischenreich

Titel: Der Hexer - NR09 - Das Mädchen aus dem Zwischenreich
Autoren: Verschiedene
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dem sich die Fänge des Ungeheuers in den Arm des Rothaarigen gruben.
    Die Entladung der kleinen Damenpistole hörte sich seltsam dünn und schwächlich an, aber die Ratte fuhr, wie von einem unsichtbaren Fausthieb getroffen, zusammen, ließ von ihrem Opfer ab und strauchelte. Ihr Kreischen war plötzlich das des Schmerzes, nicht mehr der Wut. Wie irr begann sie sich um ihre eigene Achse zu drehen, heulte und kreischte und versuchte nach der Wunde in ihrer Schulter zu schnappen.
    Ich blieb stehen, zielte noch einmal und sorgfältiger, und zog den zweiten Abzug der kleinen Waffe durch.
    Diesmal traf ich besser. Das Tier bäumte sich noch einmal auf, brach in den Vorderläufen zusammen und starb.
    Irgendwo hinter mir erklang ein zweites, wütendes Zischen.
    Erschrocken fuhr ich herum, sah einen Schatten auf mich zufliegen und riß instinktiv die Arme in die Höhe. Ich spürte einen Schlag, verlor auf dem regenfeuchten Pflaster den Halt und stürzte, instinktiv die Hände vor Gesicht und Kehle reißend.
    Aber der Angriff galt nicht mir.
    Diesmal waren es gleich ein Dutzend Ratten. Sie waren irgendwo aus dem Gebäude hinter mir gekommen, vielleicht auch aus der Kanalisation oder einem Kellerloch, und jagten jetzt zischend und fiepend auf den gestürzten Rothaarigen zu.
    Der Bursche erkannte die Gefahr im letzten Moment. Er bäumte sich auf, schlug mit dem unverletzten Arm nach den Tieren und zog gleichzeitig die Beine an den Körper, um nach den kleinen Angreifern zu treten. Die erste Ratte erwischte er mit der Faust, die zweite geriet unter seine Füße. Dann waren die anderen über ihm, und der Unglückliche verschwand unter einem Wust quirlender braungrauer Leiber.
    Hinter mir begann Lady Audley zu schreien, während Rowlf mit einem Satz vom Wagen sprang, auf dem nassen Kopfsteinpflaster ausglitt und benommen liegen blieb.
    Es war dieser Anblick, der mich aus meiner Erstarrung riß. Verzweifelt sprang ich hinzu, trat eine Ratte aus dem Weg und griff, ungeachtet der Gefahr, in der ich mich selbst befinden mochte, nach den ekelhaften Tieren. Der Rothaarige schrie und brüllte vor Schmerz und Entsetzen, während ich die Ratten, die sich in seine Kleider und seine Haut verbissen hatten, von ihm herunterzuzerren versuchte.
    Binnen Sekunden handelte ich mir ein halbes Dutzend schmerzhafter Bisse und Kratzer an Händen und Armen ein, und einer der ekelhaften Nager wollte gar nach meiner Kehle schnappen. Ich brach ihm das Genick, packte eine zweite Ratte im Nacken und zerrte sie von der Brust des Rothaarigen herunter. Wie von Sinnen schlug er um sich. Sein Bein traf mich vor die Brust und schleuderte mich zurück. Ich fiel, erschlug noch im Stürzen eine Ratte und sprang sofort wieder auf die Füße, um dem armen Jungen zu Hilfe zu eilen.
    Ich kam zu spät. Seine Bewegungen wurden bereits schwächer, und als ich das nächste Mal neben ihm niederkniete, flohen die Ratten quietschend und pfeifend in alle Richtungen.
    Der Junge war tot.
    Und noch während ich versuchte, den Anblick zu verarbeiten, gellten hinter mir abermals Schreie auf. Mit einem Ruck fuhr ich hoch, wirbelte herum – und erstarrte vor Schreck.
    Die Straße schien zu gräßlichem Leben erwacht zu sein. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was das graubraune Wogen und Zucken zu bedeuten hatte, das sich wie eine schlammige Flutwelle auf Howard und mich zubewegte.
    Es waren Ratten.
    Hunderte von Ratten, die mit einem wütenden Zischen und Quieken heranfluteten wie, eine lebende Woge. Ihre stahlharten Klauen verursachten ein kratzendes Geräusch auf dem Boden, und die Fänge der Tiere waren drohend gebleckt.
    Und diesmal war ich das Opfer!

    * * *

    Es war sehr viel kälter geworden in dem kleinen Kellerraum. Das Mädchen hatte bei seinem zweiten Besuch eine Lampe mitgebracht, aber ihr Licht blieb blaß und kraftlos, obwohl der Docht weit herausgedreht war. In den Ritzen und Spalten des alten Mauerwerkes glitzerte Rauhreif, und der Atem des Mädchens tanzte als kleine vergängliche Dampfwölkchen vor seinem Gesicht auf und ab.
    Eine Stunde oder länger hatte es auf dem Boden gekniet, reglos, stumm und beinahe ohne zu atmen. Wieder war es in diese sonderbare Starre verfallen, in der es schon die Nacht und einen Teil des Morgens verbracht hatte, aber diesmal war sein Geist auf anderen Wegen gewandelt, hatte sein stummer Ruf anderen Wesen gegolten, Wesen voller Fremdheit und Schrecken.
    Erneut hatte die junge Frau gezweifelt, und erneut hatte sie sich gefragt, ob
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